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Personaldebatte in der CSU
"Wir müssen uns jetzt zusammenreißen"

Der CSU-Politiker Martin Huber hat seine Partei mit Blick auf die Landtagswahl in Bayern 2018 zur Geschlossenheit aufgerufen. Der Stil im Umgang untereinander sei zuletzt nicht hilfreich gewesen, sagte Huber im Dlf. Parteichef Horst Seehofer will heute Vorschläge für die künftige personelle Aufstellung der CSU präsentieren.

Martin Huber im Gespräch mit Silvia Engels | 23.11.2017
    Bayerns Finanzminister Markus Söder (l) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (beide CSU) unterhalten sich am 21.06.2017 in München (Bayern) während einer Plenarsitzung im Bayerischen Landtag. Im Plenum soll an diesem Sitzungstag unter anderem eine Änderung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes beschlossen werden. Foto: Matthias Balk/dpa | Verwendung weltweit
    In der CSU ist eine Auseinandersetzung um die Nachfolge von Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer (rechts) entbrannt. Ein möglicher Nachfolger ist Markus Söder. (dpa / Matthias Balk)
    Silvia Engels: Der CSU steht ein spannender Tag bevor. Am Mittag will Horst Seehofer in der Landtagsfraktion in München über die gescheiterten Sondierungsgespräche rund um eine Jamaika-Koalition informieren. Am Abend tagt dann der CSU-Parteivorstand. Dort geht es um die Frage der personellen Ausrichtung der CSU, also auch womöglich um die Frage, wie Parteivorsitz und Spitzenkandidatur für die bayerische Landtagswahl im kommenden Herbst geregelt werden sollen. Am Telefon ist Martin Huber. Er kommt aus dem Landkreis Altötting, ist also aus dem Bezirk Oberbayern wie Horst Seehofer. Er ist Mitglied der CSU-Landtagsfraktion und Vorsitzender der Jungen Gruppe dort. Guten Morgen, Herr Huber.
    Martin Huber: Guten Morgen, Frau Engels!
    Engels: Welche Antworten erwarten Sie heute von Horst Seehofer in der Fraktionssitzung?
    Huber: Ich glaube, am allerwichtigsten ist heute vor allem, dass wir ein Signal der Geschlossenheit ausstrahlen. Denn man muss schon sagen, die Art und Weise und der Stil im Umgang untereinander in den letzten Wochen war natürlich alles andere als hilfreich. Deswegen, glaube ich, müssen wir vor allem auch aussenden, dass wir gemeinsam auch noch das Ziel verfolgen, die Wahl nächstes Jahr wieder gewinnen zu wollen. Das ist schaffbar, aber nicht in der Art und Weise, wie wir in der letzten Zeit miteinander umgegangen sind.
    Engels: Sie waren ja von 2008 bis 2013 persönlicher Referent von Horst Seehofer. Sie kennen ihn also gut. Was erwarten Sie? Wie kann er vielleicht auch zu dieser Geschlossenheit beitragen?
    Huber: Ich glaube, dass wir zunächst einmal auch deutlich machen, was eigentlich erreicht worden ist in den Jamaika-Verhandlungen. Wir haben ja immer auch gesagt, es sind die schwierigsten Verhandlungen, die man sich vorstellen kann, und ich glaube, dass Horst Seehofer heute erst einmal auch vorstellt, was erreicht wurde.
    "Kernpunkte der CSU in Jamaika-Sondierung durchgesetzt"
    Engels: Es wurde ja nichts erreicht. Er steht mit leeren Händen da.
    Huber: Das kann man, glaube ich, so nicht sagen. Die Kernpunkte, die uns als CSU wichtig waren, sind in den Verhandlungen, glaube ich, durchaus durchgesetzt worden. Dass dann die FDP den Verhandlungstisch verlassen hat, das liegt ja nicht an Horst Seehofer.
    Engels: Das ist richtig. Aber dafür kann er diese Verhandlungsergebnisse trotzdem nicht in irgendeine Regierung einspeisen, und das werfen ihm ja die Kritiker vor.
    Huber: Das muss man erst mal abwarten. Bei der SPD ist ja einiges in Bewegung und ich gehe schon davon aus, dass die Ergebnisse, die bei den Verhandlungen für Jamaika erreicht wurden, natürlich jetzt auch in eventuelle neue Verhandlungen mit einfließen.
    Engels: Das wäre der Blick auf Jamaika. Daneben gibt es aber auch die bekanntlich andere Ebene, die sich rund um Markus Söder dreht, und natürlich auch die Franken, die jetzt schon seit Längerem Druck machen innerhalb der CSU, dass Markus Söder eine wichtigere Rolle spielt. Was kann das Seehofer-Lager, zu dem Sie ja auch zu zählen sind, ihm anbieten?
    Huber: Ich glaube, dass wir vor allem deutlich machen müssen, dass Politik nicht nur heißen darf, es geht um die Posten in München. Politik muss heißen, es geht um die Menschen im Land. Und so wie wir in den letzten Wochen uns auch nach außen hin präsentiert haben, war es den Menschen, glaube ich, schwer vermittelbar, dass es eigentlich um sie geht. Deswegen ist noch einmal das wichtigste Signal heute, dass wir zur Geschlossenheit zurückkehren, dass wir in der Art und Weise im Stil des Umgangs miteinander deutlich machen, dass wir immerhin gemeinsam das Ziel haben, Bayern voranzubringen. Es dient nicht der Glaubwürdigkeit, wenn wir uns jetzt öffentlich vors Schienbein treten und nächstes Jahr gemeinsam Wahlkampf machen wollen.
    "Ämterteilung ist denkbare Option"
    Engels: Das ist jetzt wieder eine Mahnung an das Söder-Lager, aus dem ja zuletzt in der Tat Querschüsse kamen. Das haben wir verstanden. Aber was bietet das Seehofer-Lager an? Wenn ich Sie richtig verstanden habe: erst mal nichts.
    Huber: Ich glaube nicht, dass es hilfreich ist, in der Öffentlichkeit jetzt hier Handlungsoptionen oder Verhandlungsmasse anzubieten. Ich glaube, dass die Lebensleistung und die Erfolge von Horst Seehofer gebieten, ihm mit Respekt und Fairness die Möglichkeit zu geben, seine Vorschläge zu präsentieren.
    Engels: Sollte denn vielleicht über eine Ämterteilung nachgedacht werden? Ist das eine Option, die Sie gut finden? Das heißt, eine Rolle Ministerpräsident, eine Rolle Landesvorsitz.
    Huber: Auch das ist natürlich eine denkbare Option. Gerade in der jetzigen Konstellation kann das durchaus hilfreich sein. Ich denke, dass wir heute Abend dazu mehr wissen, wenn Horst Seehofer seine Vorschläge präsentiert hat.
    Engels: Hätten Sie denn dazu eine Idee? Sollte Markus Söder Ministerpräsident werden und jemand anders Parteichef, oder sollte Seehofer Parteichef bleiben?
    Huber: Das ist natürlich eine interessante Frage. Aber ich glaube wie gesagt nicht, dass es jetzt in der aktuellen Phase hilfreich ist, öffentlich Personalspekulationen anzustellen. Und ich möchte schon darauf hinweisen, dass es mich wundert, in welchem Ausmaß wir über Horst Seehofer in der CSU diskutieren und wie wenig in der CDU über Angela Merkel diskutiert wird.
    "Merkel hat Parteienlandschaft vor die Wand gefahren"
    Engels: Aber der CSU-Chef hat nun einmal auch ein recht schlechtes, ein sehr schlechtes Wahlergebnis der Bundestagswahl zu verantworten. Außerdem hat er ja mehrfach seinen Generationswechsel aufgeschoben, den er eigentlich schon mal angekündigt hat. Ist es jetzt nicht Zeit dafür?
    Huber: Das schlechte Ergebnis der Bundestagswahl, das uns alle betrübt, hat natürlich auch tiefere Ursachen, die meines Erachtens mehr in Berlin zu suchen sind und weniger in München. Die starke AfD ist ja nicht mit der Bundestagswahl entstanden, sondern in den zwei Jahren davor, als sie zwölf Landtagswahlen in Folge sehr erfolgreich bestritten hat. Ich habe schon den Eindruck, dass Angela Merkel eine gewachsene, stabile, aber trotzdem auch dynamische Parteienlandschaft in Deutschland letztendlich gegen die Wand gefahren hat.
    Engels: "Gegen die Wand gefahren hat": Aber genau der Vorwurf, der wird ja auch Horst Seehofer gemacht, denn das bayerische Ergebnis war nun auch schlecht. Noch mal die Frage: Sollte jetzt Horst Seehofer ganz abtreten?
    Huber: Noch einmal: Ich denke, dass Horst Seehofer aufgrund seiner Erfolge und auch seiner Lebensleistung für die CSU und insbesondere auch für den Freistaat Bayern es einfach auch verdient hat, dass man mit Fairness und mit Respekt mit ihm umgeht, und dass er jetzt auch die Möglichkeit bekommt, in aller Ruhe seine Vorschläge zu präsentieren. Und dass wir dann gemeinsam intern darüber auch diskutieren. Und das Allerwichtigste ist, dass wir mit Geschlossenheit und mit Stil und Anstand im Umgang miteinander im kommenden Jahr deutlich machen, dass es nicht um die Posten geht, sondern um die Menschen im Land. Dann haben wir auch beste Voraussetzungen für die Landtagswahl 2018. Noch können wir es schaffen, aber da müssen wir uns jetzt zusammenreißen.
    "Was zu Spaltung führen kann, ist tunlichst zu vermeiden"
    Engels: Da höre ich heraus, dass Sie einen Zeitplan für einen geordneten Übergang vielleicht vorschlagen. Wie könnte der aussehen?
    Huber: Der Zeitplan heißt vor allem, dass wir für die Landtagswahl im nächsten Jahr uns gemeinsam stark aufstellen und mit Geschlossenheit in den Wahlkampf ziehen. Es ist ja alles äußerst unsicher. Wir wissen - Stand heute - nicht, ob wir auf Bundesebene neue Koalitionsverhandlungen haben, ob wir Neuwahlen haben, ob es übergangsweise eine Minderheitsregierung gibt. Es herrscht Unsicherheit auf Bundesebene und das wirkt sich natürlich auch aus auf die Situation, wie wir uns aufstellen können, aufstellen müssen. Deswegen bin ich auch gespannt, welche Botschaften und welche Informationen wir heute in der Landtagsfraktion bekommen und was dann natürlich auch Horst Seehofer heute Abend dem Parteivorstand sagt.
    Engels: Beobachter sagen immer wieder, es könnte die CSU zerreißen, wenn Markus Söder nicht stärker berücksichtigt wird. Sehen Sie die Gefahr?
    Huber: Die CSU ist immer eine Partei gewesen mit starken Flügeln. Das hat uns auch immer stark gemacht, dass wir viele Personen einbinden, damit auch viele politische Inhalte und Richtungen mit einbinden. Deswegen kann es natürlich in der jetzigen Situation auch nur hilfreich sein, dass wir auf Geschlossenheit achten, dass wir darauf achten, dass in der Partei möglichst viele auch mit eingebunden werden. Insofern ist die allergrößte Voraussetzung für den Erfolg im nächsten Jahr, dass die Partei geschlossen ist. Was auch immer zu einer Spaltung führen kann, ist tunlichst zu vermeiden.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.