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Peters: Umlage der Stromkunden für erneuerbare Energie ist "aufgebläht"

Die Stromverbraucher finanzieren die Förderung der erneuerbaren Energien durch eine Umlage auf den Strompreis. Doch die stromintensive Industrie ist davon ausgenommen. Das sei nicht gerechtfertigt, kritisiert Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Die Umlage könnte auf die Hälfte sinken, wenn alle mitzahlen müssten.

Aribert Peters im Gespräch mit Georg Ehring | 19.01.2012
    Georg Ehring: Viel Geld für wenig Strom. Für die Fotovoltaik geben die Stromverbraucher rund die Hälfte der Fördergelder für erneuerbare Energien aus, dabei stammt nur etwa 15 Prozent des erneuerbaren Stroms von der Sonne. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hält das für Geldverschwendung. Er will die Förderung der Erneuerbaren grundlegend reformieren und vor allem bei der Sonnenenergie ansetzen. Bundesumweltminister Norbert Röttgen will dagegen am bisherigen Fördermodell festhalten. Er trifft heute mit der Solarbranche zusammen, um über weitere Kürzungen zu sprechen. Aribert Peters ist der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher. Guten Tag, Herr Peters.

    Aribert Peters: Ich grüße Sie, Herr Ehring.

    Ehring: Herr Peters, ist die Solarförderung aus Verbrauchersicht zu teuer?

    Peters: Nein, ist sie nicht. Wir brauchen ja neue Kraftwerke, und die Solarförderung muss uns den Preis wert sein. Die Solarenergie ist eine demokratische Energie - wir haben eine Million Solaranlagen-Besitzer -, sie hat keine Umweltschäden und die Förderung, die sinkt ja auch ständig. Die Förderung wird allein in diesem Jahr um 30 Prozent zurückgefahren. Die Förderung sinkt und die Anzahl der Anlagen und des eingespeisten Stroms, die steigt ständig an. Wir sind sozusagen aus dem dicken und schmerzhaften teueren Ende der Solarförderung heraus. Jetzt wird die Förderung eben günstiger und mehr Anlagen, noch mehr Anlagen werden gebaut. Deshalb wäre es jetzt blödsinnig, diese Förderung herunterzufahren.

    Ehring: Aber verglichen mit zum Beispiel Windkraft an Land ist die Solarenergie doch immer noch recht teuer.

    Peters: Die Solarenergie ist natürlich teuer, aber trotzdem brauchen wir natürlich alle erneuerbaren Energien. Windkraft wird ja auch über das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert. Die Förderung ist eben auch jetzt optisch aufgebläht. Das heißt, man denkt als Verbraucher, man muss eigentlich 3,5 Cent pro Kilowattstunde für erneuerbare Energien zahlen; in Wirklichkeit ist der Betrag, den man zahlen muss, aber viel geringer, weil es eben viele Sonderlasten sind, die dort in die Erneuerbaren-Förderung reingeflossen sind, die gar nichts mit Erneuerbaren zu tun haben.

    Ehring: Welche meinen Sie da?

    Peters: Ich meine zum Beispiel die Ausnahmeregelung für Industriebetriebe, die besonders viel Strom brauchen. Die werden ausgenommen von der Förderung und dadurch ist es praktisch eine Beihilfe von den Verbrauchern für diese Industriebetriebe. Wir halten das für unzulässig, das ist eine unzulässige Beihilfe, und wir haben dagegen auch in Brüssel Beschwerde eingereicht, weil das unzulässig ist, Industriebetriebe auf Kosten der Energieverbraucher zu fördern und dann noch das Etikett draufzukleben, das wäre eine Förderung für erneuerbare Energien.

    Ehring: Aber diese Industriebetriebe stehen im harten Wettbewerb auf dem Weltmarkt und werden ausgenommen, um nicht dort Nachteile zu bekommen. Das halten Sie nicht für gerechtfertigt?

    Peters: Das halten wir nicht für gerechtfertigt, weil die Industriestrompreise in Deutschland im Vergleich zum Beispiel zu Europa in den letzten Jahren auch gesunken sind. Das kann man empirisch nachweisen. Also es gibt gar keinen Grund, hier die Industriebetriebe noch mal extra zu fördern. Und noch weniger ist zu verstehen, dass dieses jetzt von mittelständischen Betrieben, die die volle Umlage zahlen müssen, und von Verbrauchern aufgebracht werden soll.

    Ehring: Wie stark könnte die Umlage für erneuerbare Energien sinken, wenn diese Ausnahmen beseitigt würden?

    Peters: Wir schätzen, dass die wirkliche Förderung auf die Hälfte heruntersinken könnte, also statt den 3,6 bräuchten wir im Grunde nur 1,8 Cent zu bezahlen, ohne dass die Ausgaben für die Förderung sinken würden. Es gibt noch einen Effekt, nämlich dass der Strom insgesamt ja günstiger wird durch die Einspeisung erneuerbarer Energien an der Börse, denn die teueren Kraftwerke kommen dann nicht mehr zum Zuge. Das ist der Grund, warum auch die großen Energiekonzerne eben ein Interesse daran haben, dass die Solarenergie nicht mehr gefördert wird und die Erneuerbaren, und deshalb ist es ein sehr durchsichtiges Manöver, dass die FDP nun zugunsten der großen Kraftwerksbetreiber die Solarenergie ausbremsen will.

    Ehring: Welchen Anteil kann die Solarenergie in fünf Jahren aus Ihrer Sicht haben?

    Peters: Die kann ungefähr auf sechs Prozent, denke ich, ansteigen. Also sie kann deutlich ansteigen, ohne dass die Umlagen für die Solarenergie deutlich ansteigen müssen.

    Ehring: Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Herzlichen Dank.

    Peters: Ich danke Ihnen. Tschüß, Herr Ehring.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.