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Pipeline-Ausbau in Schweden
Wie Gotland sich plötzlich von Nord Stream 2 abwendete

Auf der schwedischen Insel Gotland waren eigentlich viele Bewohner für den Pipeline-Deal mit dem russischen Staatskonzern Gazprom. Er sollte der Gemeinde Millionen bringen. Doch weil die Insel aufgrund der strategischen Lage in der Ostsee als verwundbar gilt, schrillten bei Russlandkritikern die Alarmglocken. Ein Gespräch mit der Politik in Stockholm brachte offenbar den Sinneswandel.

Von Randi Häussler |
    Strand von Hoburgen auf Gotland, Schweden.
    Die Insel Gotland gilt wegen ihrer strategischen Lage mitten in der Ostsee als verwundbar. (imago stock&people)
    Der Hafen von Slite auf Gotland. Ein Frachter nähert sich der Hafenanlage, bereit, an dem 150 Meter langen und 30 Meter breiten Betonkai festzumachen. "Apotekskajen" heißt der Kai eigentlich, doch die Bewohner des Ortes Slite hatten ihn längst umgetauft – "Putinkai" nannten sie ihn.
    Sollte hier im Hafen doch die russische staatliche Gazprom einen Teil der etwa 200.000 Röhren für den Pipelineausbau der Nord Stream 2 zwischenlagern dürfen.
    Die Verhandlungen zwischen der Gemeinde Gotland und der Nord Stream 2 AG waren schon weit gekommen. Bis zu sechs Millionen Euro sollte die Vermietung des Hafens Gotland bringen – eine enorme Summe für eine Gemeinde, der es wirtschaftlich nicht gut geht. In Gotland sind viele Menschen für den Deal gewesen.
    Eigentlich hat der schwedische Staat seinen Gemeinden nicht reinzureden bei solchen Entscheidungen, geschweige denn, dass er mit Verboten kommen dürfte - das lässt die kommunale Selbstverwaltung nicht zu.
    Regionalpolitiker reisten zu Beratungen nach Stockholm
    Doch Mitte Dezember sind eine Hand voll Regionalpolitiker aus Gotland nach Stockholm gereist, auf Einladung der Regierung, und haben dort die Außenministerin und den Verteidigungsminister Peter Hultqvist getroffen:
    "Wir haben deutlich gemacht, dass das Projekt die Arbeit unserer Streitkräfte stören könnte. Wir haben auch erklärt, dass eine Durchführung des Nord-Stream-2-Projektes in seiner geplanten Form negativen Einfluss auf die Verteidigungslinie haben könnte, die das Parlament im vergangenen Jahr beschlossen hat. Das haben wir der Kommune vermittelt, aufgrund unserer gründlichen, ausführlichen Beurteilung der Lage. Es war ein gutes Gespräch."
    Was genau während des Gesprächs an Informationen weitergegeben wurde, ist geheim.
    Soldaten und Panzer sollen nach Gotland verlegt werden
    Doch Gotland steht bereits seit längerem immer wieder im Fokus, wenn Schweden über seine Verteidigung diskutiert. Die Insel gilt wegen ihrer strategischen Lage mitten in der Ostsee als verwundbar. Erst vor Kurzem wurden auf Gotland 150 Soldaten und Antischiffsflugkörper stationiert, nachdem die Insel lange Zeit ohne feste Verbände war. Bis 2018 sollen doppelt so viele Soldaten und auch Panzer verlegt werden.
    So schrillten bei Peter Mattsson, Dozent an der Hochschule für Verteidigung, die Alarmglocken bei dem Gedanken, dass der Hafen von Slite durch die Gazprom genutzt werden könnte: Naiv wäre das von Schweden. Man würde sich möglicherweise Spionagetätigkeit aussetzen, und wer wisse denn, wie die Lage in der Ostsee in ein paar Jahren aussehe.
    "Sollte die Lage dann kritisch sein, dann könnte man ja von Seiten der Gazprom, über Russland verlangen, dass man seine Interessen in diesem Gebiet sichern will. Und wie würden wir darauf reagieren?"
    Gotland beschloss, das Projekt doch nicht durchzuführen
    Welche Information bei dem Treffen mit den Ministern in Stockholm auch vermittelt worden ist – sie hat Eindruck hinterlassen. Kurze Zeit später kündigte die Kommune Gotland an, das Projekt nicht durchführen zu wollen. Keine Nord-Stream-2-Röhren im Hafen von Slite.
    Björn Jansson vom Regionalrat Gotland:
    "Die Regierung hat sehr deutlich gemacht, dass es eine sicherheits- und verteidigungspolitische Meinung zu der Sache gibt, und da kann ich nicht gegen angehen. Ich muss der Regierung da vertrauen, denn ich habe nicht die Kompetenz, zu einem anderen Schluss zu kommen. Ich bin froh, dass ich jetzt eine klare Bewertung der Lage zu hören bekommen habe, denn ich habe schon lange darum gebeten."
    Die Nord Stream AG zeigte sich enttäuscht und bestürzt über das abrupte Ende der Verhandlungen, so kurz vor einem erfolgreichen Abschluss.
    Das Nein aus Gotland wird den Ausbau der Nord-Stream-2-Pipeline nicht beeinflussen – andere Häfen in der Ostseeregion könnten die Lagerung übernehmen.