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Planetenstürmer und Menschenpfleger

Europas führender Hersteller von Industrierobotern ist die Firma KUKA. 20.000 Roboter pro Jahr baut das Unternehmen. Das macht etwa 600 Millionen Euro Umsatz. Noch ist die Automobilindustrie einer der Hauptabnehmer. Doch die Robotik hat längst in fast allen Branchen Einzug gehalten.

Von Torsten Thierbach |
    Sie beschweren sich nicht über angeordnete Überstunden und brauchen keine Altersvorsorge. Und mit ihrer Hilfe werden wir Menschen eines Tages andere Planeten besiedeln: Roboter.

    Europas führender Hersteller von Industrierobotern und Robotikpionier ist KUKA, ein mehr als 2000 Mann starkes Unternehmen im bayerischen Augsburg:

    "Wir bieten das komplette Portfolio: dass heißt, der kleinste Roboter beginnt bei 6 Kilogramm und der größte Roboter hat eine Traglast von 1300 Kilogramm."

    Manfred Gundel ist Geschäftsführer der KUKA. Der Bau von Robotern zählt zum jüngeren Teil der Firmengeschichte. Seit der Gründung im Jahr 1898 war KUKA vor allem ein Unternehmen der klassischen Maschinenbau-Branche. 1973 aber änderte sich das, und in Augsburg erblickte der weltweit erste Industrieroboter das Licht der Welt. Sein Name: Famulus, entwickelt und gebaut für die Automobilindustrie. Seine Form: ähnlich einem großen Schwan, mit kräftigem Hals und einem ebenso muskelgepackten Schnabel. Und so ist es trotz aller technischer Neuerungen bis heute geblieben:

    "Der Famulus war ein hydraulisches Gerät. Die KUKA hat dann von einem wichtigen Automobilisten den Auftrag bekommen, ein Elektromotor-betriebenes System zu entwickeln. Und dieser Roboter wurde dann auch in der Automobilindustrie eingesetzt."

    Heute stellt KUKA rund 20.000 Roboter pro Jahr her, macht etwa 600 Millionen Euro Umsatz. Und noch immer ist die Automobilindustrie einer der Hauptabnehmer. Doch die Robotik hat längst in fast allen Branchen weltweit Einzug gehalten: von der Nahrungsmittelindustrie bis hin zur Medizintechnik. Kein Wunder: Die heutige Robotergeneration zeichnet sich vor allem durch ihre hohe Präzision aus. Die Wiederholgenauigkeit ihrer Bewegungen stimmt bis auf den Hundertstel Millimeter:

    "Sie können das Programmieren zum einen über die Oberfläche machen. Zum anderen aber haben sie auch die Möglichkeit handgeführt zu programmieren. Das heißt, sie brauchen keine Programmier- Sprache oder ein Display, sondern sie haben einen sogenannten Kraft-Momenten-Sensor am Roboter. Sie bewegen den Roboter und der merkt sich genau die Bewegungsabschnitte. Anschließend drücken sie auf Wiederholen und dann fährt er genau diese Bewegung wieder ab, so wie sie den Roboter vorher geführt haben."

    Klingt wie ein Kinderspiel. Und tatsächlich könnten die KUKA-Roboter theoretisch mit einem normalen Home-PC gesteuert werden. Eine von KUKA selbst erdachte Software macht's möglich.
    Doch zum Schutz des Menschen müssen selbst modernste Industrie-Roboter ihre Arbeit noch immer hinter dicken Sicherheitszäunen verrichten. Im Jahr 2001 riss eine Erfindung des Augsburger Unternehmens aber auch diese letzte Barriere zwischen Mensch und Maschine ein und brachte beide zum ersten Mal direkt zusammen: die Geburtsstunde des Robocoasters:

    "An dem Roboterflansch ist ein Sitz und auf dem sind zwei Menschen positioniert und die Menschen werden transportiert von dem Roboter. Mit anderen Worten, die KUKA sind die einzigen, die eine Lizenz haben, Menschen mit dem Roboter zu transportieren."

    Mit dem Robocoaster eroberte KUKA nicht nur die größten Freizeit- und Vergnügungsparks der Welt, sondern auch die vierte Dimension. Ob gemeinsam mit Harry Potter auf dem Hexenbesen oder als Astronaut in der Umlaufbahn, die Roboter machen die perfekte Illusion lebendig:

    "Das heißt also, dass man vor dem Sitz einen Screen hat und über den Screen bestimmte Bewegungen, zum Beispiel eine Mondlandung simulieren kann. Der Roboter führt die Bewegung nach. Und sie als Mensch, vom Kopf her, von den Gedanken her, sind virtuell auf dem Mond und landen gerade. Just in dem Moment denken sie, Mensch, sie sitzen hier in ihrem eigenen Gerät, das sie selbst entwickelt und gebaut haben. Da kommen Emotionen hoch, da tränen ihnen die Augen."

    Selbst gestandene Manager wie Manfred Gundel sind von der Vielfalt ihrer Systeme immer wieder überwältigt. Dass seine Roboter schließlich auch in Hollywood Karriere beim Film machen würden, dass hatte niemand erwartet. Die Macher von "James Bond" waren eines Tages persönlich am Telefon:

    "Bei 'Die Another Day' war die Idee, dass man gesagt hat, ein Roboter kann Laser Schweißen. Die Halle Berry wurde dann auf den Roboter gespannt. Ein zweiter Roboter hat dann in der Gegend umeinander gelasert. Und die Kunst war natürlich, den Roboter so zu bewegen, dass der Laser genau am Körper vorbei-lasert."

    Und so kamen die KUKA-Roboter aus Augsburg zu ihrem ersten international beachteten Filmauftritt, wenn auch nicht gerade in einer schmeichelhaften Szene.

    Umso mehr sieht Gundel die Zukunft dieser High-Tech Systeme auch im Home-Care, im Pflege-Bereich gerade bei älteren Menschen:

    "Viele wollen, wenn sie älter werden, auch da wohnen bleiben wo sie sind. Sie kommen aber in eine kritische Phase, weil sie sich allein nicht mehr versorgen können. Mithilfe eines Roboters ist das aber machbar. Der Roboter hat die Möglichkeit, den Gesundheitszustand eines Menschen zu erkennen und im kritischen Fall zu reagieren und sofort Hilfe zu holen."

    Ob Roboter als häusliches Pflegepersonal aber jemals Realität werden oder immer nur Zukunftsmusik bleiben, ist vor allem eine Frage, ob Menschen die Technik so weit in ihr Leben hineinlassen. Manfred Gundel ist sich sicher:

    "Sie werden das nicht mehr in unserer Generation schaffen oder in der unserer Kinder. Aber deren Kinder wiederum werden damit aufwachsen, für die wird das selbstverständlich sein."