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Polizeigewalt
US-Polizist erschießt Afroamerikaner am Steuer

Nur einen Tag nach den tödlichen Schüssen auf einen Afroamerikaner hat in den USA ein Polizist erneut einen Schwarzen erschossen. Die Freundin des Opfers streamte dessen letzte Augenblicke live auf Facebook. Das Video sorgte für Entsetzen.

07.07.2016
    Proteste der Bewegung "Black Lives Matter" in Seattle, Washington im November 2015.
    Proteste der Bewegung "Black Lives Matter" in Seattle, Washington im November 2015. (AFP - Jason Redmond)
    Der Vorfall ereignete sich in Falcon Heights im US-Bundesstaat Minnesota. Im Live-Video, das die Beifahrerin und Lebensgefährtin Lavish Reynolds auf Facebook startete, ist zu sehen, wie das Opfer, der 32-jährige Philandro Castile, am Steuer seines Wagens sitzt, während sich auf seinem Shirt Blutflecken ausbreiten. Reynolds ist zu hören, wie sie sagt: "Oh mein Gott, bitte sagt nicht, dass er tot ist, bitte sagt nicht, dass mein Freund gerade einfach so gegangen ist. Sie haben gerade vier Kugeln auf ihn abgefeuert, Sir." Das Video löste Entsetzen im Netz aus.
    Laut Lebensgefährtin trug Opfer eine legale Waffe
    Hinten im Wagen saß zudem die vierjährige Tochter der Frau. Das Fahrzeug wurde laut Reynolds angehalten, weil es ein kaputtes Rücklicht hatte. Später sagte die Frau aus, in dem Auto habe sich auch Marihuana befunden. Ihr Freund habe eine Waffenlizenz gehabt. Castile habe dem Polizisten gesagt, dass er legal eine Waffe dabei habe, berichtete Reynolds. Als Castile seine Lizenz und die Fahrzeugpapiere herausholen wollte, habe der Polizist auf ihn geschossen und ihn am Arm getroffen.
    Nach Angaben der Polizei starb Philandro Castile in seinem Fahrzeug, nachdem er in Falcon Heights am Straßenrand angehalten hatte. Am Ort des Geschehens sei eine Pistole gefunden worden. Der Vorfall werde untersucht.
    Zweiter Tod eines Afroamerikaners durch Polizei binnen 48 Stunden
    Nur einen Tag zuvor war in Baton Rouge in Louisiana der 37-jährige Alton Sterling erschossen worden, als er vor einem Laden CDs verkaufte. Polizisten waren an ihn herangetreten, nachdem ihnen per Notruf ein Bewaffneter gemeldet worden war, der jemanden vor dem Geschäft bedrohe. Es kam zu einem Handgemenge, einer der Polizisten eröffnete das Feuer. Sterling starb an mehreren Schusswunden, wie später aus dem Obduktionsbericht hervorging. Unklar war, ob Sterling bewaffnet war.
    Der Ladenbesitzer hatte auch diesen Vorfall mit dem Handy gefilmt. Weitere Erkenntnisse erhofft man sich über die Sicherheitskameras des Ladens, die von der Polizei konfisziert wurden.
    Der Tod von Alton Sterling löste Proteste der Bewegung "Black Lives Matter" aus. In beiden Fällen wird erneut die Frage laut, was geschehen wäre, wenn die Opfer weiß gewesen wären.
    Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton äußerte sich auf Twitter. Sie verwies auf weitere Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze: "Von Staten Island bis Baltimore, von Ferguson bis Baton Rouge beklagen zu viele afroamerikanische Familien den Verlust eines geliebten Menschen durch einen Vorfall mit Polizeibeteiligung."
    Polizeigewalt gegen Schwarze führte in vergangenen Jahren zu massiven Protesten
    Ähnliche Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze hatten in den vergangenen Jahren in den USA wiederholt für Empörung und Aufruhr vor allem in der afroamerikanischen Bevölkerung gesorgt. Im Sommer 2014 löste der gewaltsame Tod des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson im Bundesstaat Missouri schwere Unruhen aus. Im vergangenen Jahr entfachte der Tod von Freddie Gray in der Ostküstenstadt Baltimore wütende und teilweise gewalttätige Proteste. Der Afroamerikaner war in Polizeigewahrsam gestorben.
    (vic/fwa)