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Print gegen Online

Während amerikanischen Zeitungen ständig mit finanziellen Verlusten zu kämpfen haben, machen Online-Portale wie die "Huffington Post" in den USA Millionengewinne. Ihr Geschäftsprinzip: Sie verkaufen interessante journalistische Inhalte, ohne die Fakten selbst zu recherchieren.

Von Gregor Peter Schmitz |
    Der Werbestreifen hört sich an wie der Teaser für einen Hollywood-Hit, darunter macht es die "New York Times" ja nicht. Jedem Zuschauer soll gleich klar werden, was dieser Film präsentiert, eben die wichtigste Zeitung des Planeten. Jene Institution, die entscheidet über "All The News That's Fit to Print", wie stolz auf der Titelseite steht - welche Neuigkeiten es also wert sind, in den Spalten der Zeitung erwähnt zu werden. Entsprechend selbstbewusst präsentieren sich Chefredakteur Bill Keller und seine Mitarbeiter in besagtem Film:

    "Willkommen allerseits. Wir sind hier, um festzustellen, dass der Journalismus noch lebt, noch gut ist und schlagkräftig, vor allem bei der "New York Times".....wir sind die "New York Times", und wir diktieren die Bedingungen."

    "Page One - A Day In The Life Of The New York Times", heißt der Streifen. Es ist ein ganzer Kinofilm über eine legendäre Zeitung und ihre Schreiber. Derlei Selbstbewusstsein prägte lange den Auftritt nicht nur der "New York Times", sondern der US-Presse generell - die sich spätestens seit der Watergate-Affäre als wahres Sturmgeschütz der amerikanischen Demokratie verstand. Jahrzehntelang ging es für sie nur aufwärts, die "Washington Post" oder die "Los Angeles Times" wurden vom Provinzblatt zum Weltblatt, die "New York Times" avancierte gar zum globalen Leitmedium. Alles bestens also in den Redaktionen?

    Doch dass dieses Selbstbild tüchtig ins Wanken geraten ist, wird selbst im sonst so beweihräuchernden kurzen Vorspann deutlich:

    "Könnte die New York Times vor dem Aus stehen? Wenn man an die Geschichte dieser Institutionen denkt, an Watergate, Abu Ghraib,
    dann denke ich, wir sind an einem gefährlichen Punkt für amerikanischen Journalismus angelangt…"

    Denn der vermeintliche Jubelfilm ist auch eine Krisen-Bestandsaufnahme. "Page One" wurde zwar noch im Foyer des prachtvollen Wolkenkratzers der "New York Times" in Manhattan vorgestellt, aber der gehört der Zeitung schon gar nicht mehr. Wegen der Anzeigenflaute musste sie ihn verkaufen - und gar einen Kredit bei einem dubiosen mexikanischen Milliardär aufnehmen, um die laufenden Rechnungen zu bezahlen.

    Keller wiederum, "New York Times"-Chefredakteur zum Zeitpunkt der Dreharbeiten für den Film, ist längst nicht mehr mit staatstragenden Erklärungen zum besten Journalismus in den Schlagzeilen vertreten - sondern mit seinen rüden Breitseiten gegen Arianna Huffington, die Gründerin der höchst erfolgreichen Webseite "Huffington Post". Die gibt es zwar nicht seit 1851 wie die "New York Times", sondern erst seit 2005. Viele Autoren und Blogger schreiben gar unbezahlt für die "Huffington Post" - aber dennoch kann die Seite mittlerweile mehr regelmäßige Leser als die ehrwürdige "New York Times" vorweisen. Amerikas Print-Journalisten, die jahrzehntelang als Gralshüter der öffentlichen Meinung galten, müssen sich längst mit Online-Start-Ups herumschlagen, die ihnen nicht nur bei den Klickzahlen enteilt sind - sondern auch in puncto Umsatz und Einfluss. Nun wehren sich die Zeitungs-Veteranen lautstark gegen den vermeintlichen Inhalteklau der "Netz-Piraten".

    Die Huffington Post verlinkt oft unter griffiger Überschrift zu fremden Texten, eigene Recherche ist ihren Machern eher fremd. So kann es passieren, dass die nur im Internet publizierte "Huffington Post" Millionen Klicks mit einer Geschichte erntet, die eigentlich jemand ganz anders erdacht hat. Keller hält Betreiberin Huffington deshalb für eine schlichte Diebin, für eine Art moderne Online-Piratin. Ja, der Boss der mächtigsten Zeitung der Welt - gerade noch als Kino-Hauptfigur geadelt - legt sich öffentlich mit einer Bloggerin an, der Gründerin eines Netz-Start-Up. Noch dazu einer, die wie Huffington ein Newcomer im Nachrichtengeschäft ist. Sie war schon erfolglose Gouverneurskandidatin und Millionärsgattin. Mit harter Recherche hatte sie vor der Gründung der "Huffington Post" nichts zu tun - vorzuweisen hatte sie bloß ein dickes Adressbuch voller bekannter Namen, die sie als Mitarbeiter einspannen konnte.

    Dass Keller sie trotzdem so öffentlich angriff, unterstreicht, wie tief die Unsicherheit der US-Zeitungsmacher mittlerweile sitzt. Sie spüren, dass ihre neuen Herausforderer gefährlicher, weil unberechenbarer geworden sind. Man kann sie nicht mehr wie früher mit einer Exklusivgeschichte abhängen, ihnen durch einen besonders schlauen Kommentar die Leser abspenstig machen. Denn der moderne Medienkampf tobt auf einem anderen Schlachtfeld, dessen Regeln viele Print-Veteranen nicht mehr verstehen. Es ist nicht mehr die Schlacht um den besten Journalismus - sondern um den schnellsten Klick, die fetzigste Überschrift, die geschickteste Verpackung. Und es könnte eine Schlacht ums Überleben werden. Selbst ehrwürdige Institutionen wie die "New York Times" müssen nämlich vor den neuen Konkurrenten wie der "Huffington Post" zittern. Diese bestimmen längst die Schlagzeilen, nicht mehr nur wenn es um Klick-Zahlen geht - sondern auch, wenn das große Geld fließt, wie die Nachrichtenagentur Associated Press aufgeregt berichtet:

    "Eine Wette auf die Zukunft von Online-Nachrichten. Internetfirma AOL kauft den Nachrichtenumschlagsplatz "Huffington Post" für 315 Millionen Dollar. AOL versucht, sich von einer Firma, die vor allem für ihren E-Mail-Einwahlservice bekannt war, zu einer zu entwickeln, bei der Inhalte Online-Werbeerlöse steigern sollen. "Huffington Post"-Mitgründerin Arianna Huffington wird Teil des AOL-Managementteams, das einen breiten Strauß an Inhalten managen soll - von Technologieseiten über Navigationshilfen bis zu lokalen Nachrichten. AOL-Boss Tim Armstrong versucht, seine Firma in die wichtigste Anlaufstelle für Nachrichten zu verwandeln. Er sagt, dieser Kauf sei ein Schritt zu einer US-Medienfirma der nächsten Generation mit weltweiter Ausstrahlungswirkung - die Inhalt, Gemeinschaft und soziale Erfahrungen für die Konsumenten kombiniert."

    Den Printmann Keller von der New York Times machen derlei Erfolgsnachrichten nur noch wütender. "Aggregation" - also das Verlinken auf Texte aus anderen Zeitungen oder Magazinen - habe Online-Anbieter wie die "Huffington Post" groß gemacht, nicht guter Journalismus, schimpfte er. Sie verpackten fremde Worte einfach neu und gäben sie als eigene aus. In Somalia würde man so etwas Piraterie nennen, spottete Keller. Im Mediengeschäft sei dies anscheinend ein sehr erfolgreiches Geschäftsmodell. Alles nur geklaut also?

    Huffington verteidigt sich entrüstet, sie habe den Abstieg der Zeitungen ja nicht eingeleitet, das habe die moderne Kommunikationstechnologie mit ihren neuen Lesegewohnheiten ganz allein geschafft. Heute wollten die Leute halt lieber viele Links lesen. Sie seien nicht mehr einer Medienmarke treu, sondern fixiert auf frische Informationen, egal wo diese ursprünglich recherchiert worden seien. Während der Podiumsdiskussion "Wired for Change" verkauft die Internet-Unternehmerin ihren Erfolg lieber als eine Art Online-Bürgerbewegung:

    "Als wir die "Huffington Post" im Mai 2005 gestartet haben, wollte ich vor allem die interessantesten Stimmen versammeln - bekannte Stimmen und neue, zu allen Themen unserer Zeit. Der erste, den ich zum Bloggen eingeladen habe, war Arthur Schlesinger, der bekannte Historiker. Ich rief ihn an und fragte ihn, ob er bloggen wolle, und er sagte: Was ist ein Blog? … Und er sagte mir, dass er keinen Computer habe, und ich sagte ihm, er könne uns seinen Blog ruhig faxen. Ein paar Puristen meinten, es sei kein echter Blog, wenn er nicht direkt in den Computer getippt werde - aber das war mir immer egal. Von mir aus konnten die Leute den Blog faxen oder diktieren, so lange es ihre eigenen Gedanken sind. Mein Ziel war, sehr beschäftigten Menschen die Möglichkeit zu geben, die nationale Debatte zu beeinflussen - Leute, die einfach zu beschäftigt sind, sich lange hinzusetzen und mit dem komplizierten Kommentarprozess bei der "New York Times" herumzuschlagen. Wir haben mit 500 Bloggern angefangen, und jetzt haben wir mehr als 9000 und hunderte Einsendungen an jedem einzelnen Tag…. Aber das war nur der erste Teil. Der zweite Teil war die 24/7-Kultur, die sich allmählich in eine Art Live-Blog verwandelte. Schauen Sie, wie wir über den Aufstand in Ägypten und den arabischen Frühling berichtet haben - wir haben unsere Seite nicht einfach alle 20 Minuten erneuert, sondern buchstäblich jede Sekunde."

    Ist die neue Vielfalt also eigentlich gut für öffentliche Debatten? Geben Online-Macher wie Huffington als journalistische Pioniere den Bürgern ein breiteres Forum? Sind sie einfach schneller und näher dran am Leser als die oft elitär gewordenen Print-Monopolisten? Oder sind sie wirklich einfach Diebe, die auf Kosten hart recherchierender Journalisten Kasse machen?

    Es ist eine Frage, die nicht nur Amerika beschäftigt, sondern Medienmacher auf der ganzen Welt. Schließlich schwappen die Trends aus dem Mutterland des Großjournalismus schnell in andere Weltregionen herüber. Die "Huffington Post" etwa hat bereits einen Ableger in England gegründet, auch eine deutsche Ausgabe ist immer mal wieder im Gespräch. Der offene Zoff zwischen "New York Times" und Huffington lässt das Klima im World Wide Web noch etwas hitziger werden, wo Traditionalisten und Newcomer ohnehin wütend miteinander ringen - wie auch in Deutschland der Streit der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten mit Print-Verlagen um die Online-Hoheit zu besichtigen ist. Und es ist ein Kampf, in dem nicht einmal die Rollen des Schurken und des Guten klar besetzt sind. Denn manche Branchenexperten geben den gedruckten Zeitungen die Schuld an ihrem eigenen Niedergang. Sie sagen, über Jahre hätten diese den Lesern kaum Anreize gegeben, sich auf ihren Webseiten an Debatten zu beteiligen. Die Traditionsmarken hätten zu wenig hervorgehoben, dass sie eigentlich viel gründlicher recherchierten als Online-Aggregatoren, die sich verlinken, und im Gegensatz zu diesen eigenständige Inhalte präsentieren könnten.

    Medienblogger Felix Salmon erinnert etwa die Aufmachung der "New York Times"-Webseite an eine verstaubte Bibliothek - während ihm die "Huffington Post"-Seite wie das aufregende Lichtermeer des New Yorker Times Square vorkommt. Und Journalismus-Professor Christopher Chambers von der Georgetown University hält die Piraterie-Vorwürfe von Keller für deutlich überzogen, wie er dem englischsprachigen russischen TV-Sender RT sagte:

    "Tatsache ist, dass die "New York Times" die Quelle vieler Geschichten ist, die dann auf der "Huffington Post" verlinkt werden. Deren Macher wählen gezielt gute Geschichten für sich aus, sie verlassen sich auf die Arbeit anderer Leute. Es ist nicht mehr viel investigativer Journalismus da, überall werden Büros geschlossen. Also, es stimmt, Seiten wie die "Huffington Post" suchen sich ihre Inhalte zusammen – aber sie tun das nicht so dumm, wie Bill Keller denken mag. Sie haben eine ziemlich professionelle Redaktion, sie sind nicht einfach eine Zirkustruppe".

    Andererseits stellt sich tatsächlich die Frage, welchen Preis diese Entwicklung fordern könnte. Denn es geht ja bei der schönen neuen Klickwelt entgegen der Ausführungen von Arianna Huffington nicht in erster Linie um Idealismus - sondern um viel Geld und den Überlebenskampf ganzer Mediengattungen. Beim Verkauf der Huffington Post an AOL hat schließlich Huffington selbst als einzige richtig abkassiert. Die meisten ihrer unbezahlten Autoren werden von den vielen Millionen gar nichts sehen. Und AOL dürfte den Kauf kaum als Investition in Recherche und journalistische Brillanz verstehen. Interne Memos der Onlinefirma besagen, dass ihre Mitarbeiter beim Verfassen von Artikeln vor allem darauf zu achten haben, welche Begriffe und Themen die Leser online am meisten suchten - und Profit-Erwägungen nie außen vor lassen sollten. Auch AOL-Boss Tim Armstrong macht im AP-Interview keinen Hehl daraus, dass es ihm statt um Journalismus-Förderung vor allem um die Förderung seiner eigenen Marke geht:

    "Der Kauf der "Huffington Post" hat uns dabei geholfen, die Zukunft dieser Firma in Sachen Inhalte, Vertrieb von Inhalten und Erlöse durch Inhalte zu definieren. Er hat uns aber auch einfach dabei geholfen, die Kultur dieser Firma neu auszurichten. Das ist bislang wahrscheinlich meine wichtigste Aufgabe gewesen - die Kultur hier in Richtung Zukunft des Internets zu verändern. Und der Kauf der "Huffington Post" hat uns sehr geholfen, diesen Prozess zu beschleunigen."

    Also ein Supergeschäft für AOL und für Huffington. Aber was wird aus den Zeitungen, traditionellem Journalismus und kostspieliger Recherche?

    Die "Washington Post" schreibt seit Jahren Millionenverluste und kann sich kaum noch Auslandskorrespondenten leisten. Die "Los Angeles Times" ist längt zur Lokalpostille geschrumpft. In Umfragen sagen fast 70 Prozent der Amerikaner, sie würden ihre Lokalzeitung nicht unbedingt vermissen, sollte diese eingehen. Print-Macher beharren zwar, weiter relevant zu sein, so wie "Washington Post"-Chefredakteur Markus Brauchli in der TV-Sendung "The Kalb Report":

    "Es gibt jede Menge neue Erlösmöglichkeiten für Medienorganisationen. Wir vertreiben unsere Zeitung nun etwa über Kindle, was nicht mehr ganz neu ist. Aber es gibt neue Bildschirme, bald werden wir darauf neben der "Washington Post" auch "USA Today" sehen oder die Zeitungen der Atlantic-Gruppe … wir werden unsere Leser über Mobiltelefone erreichen. Wir verdienen jetzt schon Geld, indem wir unsere "Washington Post"-Neuigkeiten über Mobiltelefone vertreiben. Ich weiß zwar nicht, wie groß diese einzelnen Märkte derzeit sind - aber ich weiß, dass einige von ihnen derzeit sehr schnell wachsen. Und zusammengenommen machen sie uns Hoffnung, dass wir Zeitungen aus anderen Quellen Geld verdienen können. Aber bedenken Sie auch, dass Zeitungen immer noch Riesenumsätze machen und für viele Amerikaner immer noch die wichtigste Informationsquelle sind - und sie werden auch nicht einfach bald verschwinden."

    Doch die Geschäftszahlen widerlegen solchen Zweckoptimismus immer deutlicher. Gerade erst hat die "Washington Post" auch noch so gut wie alle Inlandsbüros schließen müssen. Deswegen ist die finanzielle Erfolgsgeschichte der "Huffington Post" ein solcher Schock für Print-Traditionalisten. Und es ist beileibe nicht der einzige. Der "Drudge-Report" - stramm rechter Vorläufer der "Huffington Post" und berühmt geworden durch die Publikation der Lewinsky-Affäre, hat seinen Gründer reich gemacht. Auch andere Verlinkungs-Webseiten erzielen Erlöse mit wenig Aufwand. Viele eigene Rechercheure und Autoren? Meist Fehlanzeige. Die neuen Seiten profitieren von den neuen Lesetrends.

    Wie können die Dinosaurier der Print-Medien darauf reagieren? Die Beschimpfung der modernen Konkurrenten, vorgemacht von "New York Times"-Veteran Keller, dürften kaum helfen. Jimmy Wales, Gründer der so erfolgreichen Gemeinschafts-Seite Wikipedia, empfiehlt in einem TV-Interview den Zeitungen lieber erfolgreiche Adaption:

    "Eine Welt, in der professionelle Journalisten nicht mehr recherchieren, ist ein ziemlich alarmierender Gedanke. Wir erleben aber derzeit eher einen Strukturwandel. Ich glaube, dass langfristig Medienmarken überleben werden, die den Wandel annehmen und verstehen - indem sie erkennen, wie sehr man heute von interaktiven Mitmach-Medien profitieren kann. Und indem sie professionelle Journalisten auf Themen und Geschichten ansetzen, welche nur Profis bearbeiten können - und die Web-Gemeinschaft für Themen nutzen, die diese am besten abdecken kann."

    Erste Anzeichen dafür sind erkennbar: Die "Washington Post" gründete mittlerweile eine Webseite namens "Trove" - auf der Leser ihre eigenen Nachrichtenseiten zusammenstellen können, basierend etwa auf Facebook-Vorlieben. Und die "New York Times" hat als Nachfolgerin für Chefredakteur Bill Keller - der vielen Kollegen mit seinen Breitseiten gegen Huffington ordentlich auf die Nerven ging - Jill Abramson benannt. Sie hat zuvor rund ein halbes Jahr beim Online-Ableger des Blattes verbracht - auch um die Erfolgsmodelle von Seiten wie der "Huffington Post" sorgfältig zu studieren. Umgekehrt verspricht Vorzeige-Bloggerin Arianna Huffington, zumindest etwas mehr klassischen Journalismus auf ihren Seiten einzuführen:

    "Wir erleben, dass wir online zeigen können, dass man investigativen Journalismus praktizieren kann…. Nur weil Zeitungen in Schwierigkeiten geraten sind, muss das ja nicht auch für investigativen Journalismus gelten."

    Doch ernsthafter investigativer Journalismus im Netz müsste auch Themen abdecken, die sich nicht so gut klicken oder verlinken lassen wie der neueste Promi-Klatsch. Etwa Berichte über Bauschlampereien, über Umweltskandale oder Schulreformen. Außenpolitische Kommentare und Analysen. Lange, teure Recherchen statt schnell hingetippter Meinung.

    Ob es dazu kommt, ist die zentrale Frage im Wandlungsprozess der modernen Medien. Geschieht dies nicht, droht die öffentliche Debatte am Ende des Klick-Krieges als Verlierer dazustehen - weil dann Webseiten vor allem gefüllt würden mit bunten Meldungen, die sich bestens klicken. Oder mit uninformierten Polemiken, ungetrübt von Fakten. David Carr, legendärer Medienreporter der New York Times, bleibt im Vorspann für den Dokumentarfilm "Page One" jedenfalls skeptisch, ob die neuen Online-Anbieter die traditionelle Leitfunktion der klassischen Printmedien übernehmen können - oder wollen:

    "Die New York Times hat Büros auf der ganzen Welt. O.k, dann machen wir die halt zu - und schauen, was Facebook so rausfindet."