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Private Gefängnisbetreiber in den USA
Warum CoreCivic auf Präsident Trump hofft

Private Gefängnisse haben mehr Sicherheitsprobleme als staatliche, sind nicht günstiger und resozialisieren ihre Insassen schlechter: So das Urteil der Obama Regierung, die die Einrichtungen schließen wollte. Unter Trump könnten sich das ändern. Darauf hofft vor allem der schon mehrfach in die Kritik geratene private Gefängnisbetreiber CoreCivic.

Von Heike Wipperfürth | 09.12.2016
    Die Hände eines Gefangenen an einem Gitterfenster.
    Dem privaten US-Gefängnisbetreiber CoreCivic wird vorgeworfen, Gewinnmaximierung auf Kosten von Häftlingen und Mitarbeitern zu betreiben. (imago/CHROMORANGE)
    Eine Ansammlung schmuckloser Wohncontainer im kalten Auge der Überwachungskameras: Das South Texas Family Residential Center, ein brandneues Internierungslager der US Regierung für 2.400 Frauen und Kinder, die vor Bandenkriegen und Gewalt in Guatemala, El Salvador und Honduras flohen und an der US-Grenze aufgegriffen wurden.
    Als das Center im Dezember 2014 Jahren eröffnet wurde, bot CoreCivic, der größte private Gefängnisbetreiber Amerikas, der damals noch Corrections Corporation of America hieß, seine Hilfe an – und erhielt von der US Immigrationsbehörde den Auftrag, die undokumentierten Einwanderer zu überwachen. Ein lukratives Geschäft: 2015 machte das Center 14 Prozent des Gesamtumsatzes der Firma von 1,9 Milliarden Dollar aus. Und das ist erst der Anfang, sagte Damon Hininger, seit 2009 Jahren an der Spitze des börsennotierten Unternehmens, kürzlich in einer Quartalszahlen-Konferenz:
    "Die Immigrationsbehörde ruft laut und lauter nach mehr Betten für undokumentierte Einwanderer. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir es schaffen, ihre schnell wachsenden Bedürfnisse zu erfüllen."
    Bis zum 9. November 2016 war der lukrative Auftrag ein seltener Lichtblick für das Unternehmen mit 65.000 Insassen in 70 Haftanstalten. Wegen häufiger Gewalttaten und personeller Unterbesetzung kündigte der US-Bundesstaat Idaho 2014 den Management-Vertrag des Unternehmens mit seinem größten Gefängnis. Und im August 2016 brach der Kurs seiner Aktien um 35 Prozent ein, als das US-Justizministerium gnadenlos mit der privaten Gefängnisbranche abrechnete: Sie würde Insassen schlechter resozialisieren, keine deutlichen Kostenersparnisse verschaffen und hätte mehr Sicherheitsprobleme als staatliche Einrichtungen. Daher sei es besser, die Nutzung privater Gefängnisse zu beenden.
    Eigentlich ein niederschmetternder Schlag für die Branche, von dem sich CoreCivic Leiter Damon Hininger aber nicht einschüchtern ließ. Im Gegenteil:
    "Ich habe im August mehr Aktien unserer Firma gekauft und unsere Vorstandsmitglieder auch. Jetzt besitze ich unter anderem 200.000 Aktien und 475.000 Aktienoptionen und sehe die Zukunft unseres Unternehmens mit Optimismus."
    Das kann der 46-Jährige mit den kurz geschorenen Haaren auch, denn die Aktien seiner Firma schossen nach Donald Trumps Wahlsieg um fast 50 Prozent nach oben. Der Grund: Analysten glauben, der Republikaner werde die Pläne der Obama Regierung, Privatgefängnisse zu schließen, so schnell wie möglich wieder rückgängig machen – schließlich habe er die Branche schon im Wahlkampf oft unterstützt. Trump hatte deutlich gemacht:
    "Ich glaube, wir werden viel privatisieren, und auch private Gefängnisse werden boomen. Das funktioniert einfach viel besser."
    Abschiebung als Geschäftsmodell
    Auch Donald Trumps rigide Abschiebepolitik undokumentierter Einwanderer sei gut für die Branche, denn die Betroffenen müssen in Internierungslagern untergebracht werden, die deutlich höhere Ertragschancen als Haftanstalten haben, sagt Michele Deitch, eine Strafrechtsexpertin an der Universität von Texas in Austin:
    "Abschiebegefängnisse für Migranten sind sehr profitabel. Sie tun ja nichts anderes, als die Menschen einzusperren. Sie brauchen nicht viel Geld für Resozialisierungs-Maßnahmen auszugeben, denn die Regierung will die Leute einfach nur so schnell wie möglich loswerden. So sparen die Betreiber dieser Gefängnisse viel Geld."
    Ein neues Geschäftspotenzial, das auch Damon Hininger anpeilt, der seit 1992 bei der Firma tätig ist, die neun Jahre vorher als Amerikas erstes privates Gefängnisunternehmen in Tennessee mit dem Geld der Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken gegründet wurde.
    Während die US-Gefängnisbehörde Ende Oktober einen Vertrag für die Betreibung eines Gefängnisses in New Mexiko mit der Firma wegen mangelnder ärztlicher Hilfe für die Häftlinge kündigte, konnte CoreCivic einen anderen Deal mit der Immigrationsbehörde für die Betreuung eines Abschiebegefängnisses abschließen – in derselben Anstalt, aus der die Firma vertrieben werden sollte – und zog auf der einen Seite die Kritik der Menschenrechtler auf sich und auf der anderen Seite das Lob von Wall-Street-Experten wie Michael Curtis von Cannacord Genuity, einer Finanzfirma in Manhattan:
    "Herzlichen Glückwunsch, dass die Firma es geschafft hat, so schnell einen noch besseren Vertrag auszuhandeln als sie vorher hatte."
    Bis vor einem Monat hieß CoreCivic noch Corrections Corporation of America. Doch dann gab sich das Unternehmen seinen neuen Namen: CoreCivic, wohl auch, um sein Interesse an gesellschaftlicher Sicherheit zu betonen.
    CoreCivic in der Kritik
    Kritiker wie die Strafrechtsexpertin Michele Deitch aus Texas glauben dennoch nicht an die Überlebenschance von CoreCivic als langfristige Geldanlage:
    "Ich würde kein Geld in diese Firma investieren. Sollte die Firma verklagt werden, weil sie die Häftlinge schlecht behandelt, könnten Anleger viel Geld verlieren. Mich stört die schlechte Erfolgsbilanz der Firma im Umgang mit Häftlingen und ihre Gewinnorientierung, die sie dazu antreibt, Gefängniswärtern zu wenig zu bezahlen und gute Resozialisierungshilfe für Häftlinge zu unterlassen."
    Zwar soll sich die Zahl der internierten Einwanderer bis Mitte 2017 um 7.000 auf 47.000 erhöhen, weil immer mehr Menschen aus Zentralamerika und Haiti vor Armut und Gewalt flüchten, doch die privat betriebenen Internierungslager, die CoreCivic als neue Wachstumsmöglichkeiten anstrebt, seien keine gute Idee, warnt Michele Deitch:
    "Die Migranten werden wie Häftlinge und nicht wie Menschen behandelt, obwohl sie kein Unrecht begangen haben und nur um Asyl und die Wiedervereinigung mit Familienmitgliedern bitten."
    Ein Argument, das Damon Hininger nicht gelten lässt. Er ist fest davon überzeugt, dass sein Unternehmen genau die Dienste anbietet, die die Trump-Regierung jetzt dringend braucht.