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Prostitution
20 Jahre Sex-Kauf-Verbot in Schweden

Schweden gilt oft als Paradebeispiel in Sachen Frauenrechte. Schon vor 20 Jahren hat das Parlament ein Gesetz auf den Weg gebracht, das den Kauf von Sex verbietet. Freier werden also für nachgewiesenen Sex-Kauf bestraft. Eine Maßnahme, die Prostitution, Menschenhandel und Gewalt eindämmen sollte.

Von Victoria Reith |
    Blick auf den Reichstag in Stockholm, aufgenommen im Februar 2006.
    Der Reichstag in Stockholm, das schwedische Parlament (dpa / picture alliance / Uwe Gerig)
    Carina Olsson ist stolz. Sie ist sozialdemokratische Abgeordnete und war bereits 1998 dabei, als das Gesetz verabschiedet wurde, das den Kauf von Sex in Schweden unter Strafe stellt. Sie meint:
    "Es geht um den Respekt für den Menschen. Man respektiert einen anderen Menschen und dessen Körper nicht, wenn man ihn kauft. Ein Mensch kann nicht zum Verkauf stehen."
    Zum 1. Januar 1999 trat die Regelung in Kraft, die den Kauf von Sex verbietet, also Freier bestraft. Die Prostituierten bleiben unbehelligt. Das Gesetz stieß damals auch auf Widerspruch. Die Moderaten und die damalige Volkspartei, die heutigen Liberalen, stimmten im Parlament dagegen. Die Christdemokraten enthielten sich der Stimme.
    Schweden will Gesetzt aufs Ausland ausweiten
    Heute gibt es keine nennenswerte Opposition mehr gegen das Gesetz. Schwedens Regierung ist offiziell feministisch, die Gleichstellung von Mann und Frau ist Staatsräson. Und so argumentiert die Sozialdemokratin Carina Olsson: "Um eine gleichberechtigte Gesellschaft zu haben, müssen wir Prostitution bekämpfen. Davon bin ich fest überzeugt." Die schwedische Regierung arbeitet an einem Gesetzentwurf, der es schwedischen Freiern auch untersagen soll, Sex im Ausland zu kaufen. Carina Olsson:
    "Wenn es in Schweden verboten ist, können die Menschen heute trotzdem ins Ausland fahren und dort Sex kaufen. Da haben wir gesagt, dagegen müssen wir etwas tun."
    Allerdings dürfte es nicht einfach werden, die Freier im Ausland zu verfolgen.
    Die Erfolge des Sex-Kauf-Verbots
    Schwierig zu beantworten ist auch die Frage, ob es in Schweden seit Einführung des Gesetzes weniger Prostituierte gibt. Die Straßenprostitution ist Streetworkern und Forschern zufolge um die Hälfte zurückgegangen. Doch die Anzeigen auf Eskortseiten im Netz haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht – von rund 300 im Jahr 2006 auf knapp 7000 im Jahr 2014. Sofie Lidbeck und Elisabet Lundqvist arbeiten bei Mikamottagningen, einer städtischen Anlaufstelle für weibliche und männliche Prostituierte und deren Angehörige. Sie berichten, die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter seien häufig Gewalt ausgesetzt. Für Sofie Lidbeck ist das Bild der selbstbestimmten Prostituierten eine Mär. Sie sagt: "Ich arbeite seit 20 Jahren im Sozialdienst. Und ich habe noch nie jemanden getroffen, der freiwillig Sex verkauft." Sofie Lidbeck bezeichnet Prostitution als eine Form der Sklaverei:
    "Vielleicht leben nicht alle Prostituierten im Menschenhandel. Aber man macht es noch lange nicht freiwillig. Die meisten denken ja nicht: 'Oh, ich brauche Geld, also verkaufe ich Sex.' Viele sagen: Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt. Aber ich würde eher sagen: Es ist die älteste Unterdrückung der Welt."
    Daher ist sie froh, dass der Kauf von Sex in Schweden verboten ist. Sofie Lidbecks jüngere Kollegin Elisabet Lundqvist ergänzt, das Gesetz wirke sich möglicherweise nicht auf die reinen Prostitutionszahlen aus. Aber, so Elisabet Lundqvist:
    "Das Gesetz verändert den gesellschaftlichen Blick, wie man Prostitution betrachtet, dass Prostitution ein Teil männlicher Gewalt Frauen gegenüber ist. Und das ist gut so. Damit kann man auch ein bisschen Druck ausüben."
    Stigmatisierung von Prostituierten bleibt bestehen
    Doch selbst wenn es ein Umdenken in der Bevölkerung gibt – das Gesetz hat auch Probleme mit sich gebracht. Die Sexarbeiterin Pye Jakobsson von der Gewerkschaft Rose Alliance beschreibt es so:
    "Mit dem Sex-Kauf-Gesetz hat man ein sehr spezifisches Narrativ aufgebaut, was eine Sexarbeiterin ist, wie man über sie berichtet. Stereotyp sind die Frauen immer Opfer. Sie sind immer Übergriffen ausgesetzt, sind jung, haben kein Selbstwertgefühl. Sie nehmen alle Drogen, sie werden immer in etwas reingelockt und machen nie etwas aktiv."
    Und eine Studie der Universität Malmö beschreibt, dass Menschen, die Sex verkaufen, insbesondere von Behörden, Gesundheitsorganisationen und der Polizei stigmatisiert und ausgegrenzt werden. Die Forscher raten, noch mehr Geld in die Prävention und Sozialarbeit zu stecken.