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Proteste im Iran
Der Ruf nach Unterstützung

In Iran tobt seit Tagen eine Protestwelle, der mit teils extremer Gewalt begegnet wird. Mindestens 20 Menschen wurden bereits getötet, Hunderte wurden festgenommen. Es sind besonders die jungen Menschen, die es auf die Straße treibt. Sie fordern ein besseres, freieres und gerechteres Leben.

Von Karin Senz | 03.01.2018
    Iranische Studenten liefern sich Auseinandersetzungen mit der Polizei am 30. Dezember in Teheran
    Iranische Studenten liefern sich Auseinandersetzungen mit der Polizei am 30. Dezember in Teheran [*] (AFP / STR)
    Parole: "Solange ich meine Rechte nicht bekomme, bleibt es jede Nacht genau so."
    Rufen die Demonstranten, und es zumindest gestern Abend und in der Nacht machen sie das wahr. Wieder gehen im Land Menschen auf die Straßen. Das wird zumindest im Internet berichtet. Es gibt Bilder von brennenden Autos und Gebäuden, Wasserwerfern und Tränengas. Man sieht vor allem Jugendliche mit Mundschutz in Kämpfen mit Sicherheitskräften.
    Einer reist ein Plakat des religiösen Führers Ajatollah Ali Chameneie herunter. In einer Stadt in der Provinz Isfahan soll eine Religionsschule gebrannt haben. Überprüfen läßt sich nicht, ob die Videos tatsächlich von letzter Nacht sind. In einigen Städten sollen weniger Menschen als zuvor protestiert haben, vor allem dort, wo es in den Tagen zuvor heftige Auseinandersetzungen gegeben hatte. In anderen Städten waren aber auch mehr Menschen unterwegs. Sie versuchen teilweise auch die Polizei auf ihre Seite zu ziehen.
    Der religiöse Führer des Iran hat sich zu Wort gemeldet
    Sie rufen nach Unterstützung. Nach Angaben des Gouvereurs hat es am Abend in der Hauptstadt Teheran überhaupt keine Proteste gegeben. Die Stadt sei ruhig, die Lage sicher. Beobachter berichten dagegen von mindestens 1000 Demonstranten. Ein landesweiter Überblick ist schwer.
    Der geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei
    Der geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei (Archivbild) (imago / UPI photo)
    Allerdings haben die Proteste ein gewisses Ausmaß angenommen. Denn gestern hat sich auch der oberste religiöse Führer des Iran Ajatollah Ali Chamenei dazu geäußert, wenn auch nur kurz:
    "Der Feind wartet auf eine Gelegenheit einzudringen. Seht Euch an, was in den vergangenen Tagen passiert ist. Alle gegener der Islamischen Republik versuchen mit Geld, Waffen, Politik und Geheimdiensten unsrem Regime Probleme zu bereiten. Ich werde mich in den nächsten Tagen an die Menschen im Land wenden, wenn die Zeit dafür reif ist."
    Bei diesem Video sieht man Chamenei vor schwarz verschleierten Frauen sprechen, die ihm aufmerksam zuhören. Er hat es auf seiner Homepage veröffentlicht. Wer die Feinde seines Landes sein sollen, die hinter den Protesten stecken, sagte er nicht explizit. Er dürfte aber die USA gemeint haben. Präsident Trump hatte die Demonstranten ja gelobt. Er dürfte ihnen damit keinen Gefallen getan haben, da das als Beleg dafür gewertet werden könnte, dass die USA die Proteste mit initiiert haben. Chamenei dürfte sich aber auch an Saudi Arabien gewandt haben, den Rivalen um die Macht im Nahen Osten.
    Präsident Hassan Rohani zeigte dagegen Verständnis für die Proteste. Nur ein kleiner Teil, sei möglicherweise vom Ausland angestachelt worden, sagte er. Die Demonstranten selbst fühlen sich durch Chameneis Äußerungen gedemütigt. Sie seien keine ausländischen Agenten, sagen sie. Für sie gehe es ums Überleben und um eine Perspektive im eigenen Land. Sie kämpfen für ein besseres, freieres und gerechteres Leben im Iran.

    [*] Wir haben das Foto dieses Beitrags ausgetauscht, weil darauf regierungstreue Anhänger zu sehen waren anstelle von Demonstranten, die wirtschaftliche und politische Reformen fordern, wie es fälschlicherweise in der Bildunterschrift hieß.