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Prozess gegen Sven Lau
Prediger und Terrorpate?

Am ersten Tag des Prozesses gegen ihn gibt sich Salafistenprediger Sven Lau zuversichtlich. Doch die Vorwürfe gegen ihn sind ernst: Der Initiator der "Scharia-Polizei" in Wuppertal soll als verlängerter Arm einer Terrormiliz in Deutschland fungiert haben.

Von Vivien Leue | 06.09.2016
    Sven Lau vor Prozessbeginn im Gerichtssaal des Oberlandesgericht in Düsseldorf
    Sven Lau: Dem Salafistenprediger drohen bis zu 15 Jahre Haft. (picture alliance / dpa / Federico Gambarini)
    Sven Lau wirkt gelassen, als er am Nachmittag den Gerichtssaal betritt. Der 35-Jährige winkt und lächelt seinen Unterstützern und Glaubensbrüdern zu, die neben einer großen Schar von Journalisten im Zuschauerraum sitzen. Mehrmals zeigt er hinter der zentimeterdicken Panzerglasscheibe, die ihn von seinem Anwalt trennt, optimistisch den hochgestreckten Daumen.
    Dabei sind die Vorwürfe gegen Lau ernst: Nach Überzeugung von Bundesanwalt Malte Merz soll der Konvertit vor drei Jahren als verlängerter Arm der syrischen Terrormiliz Jamwa fungiert haben. Er sei eine Art Kontaktstelle für Kampf- und Ausreisewillige im Raum Düsseldorf gewesen.
    "Diese Kampfgruppe, die Jamwa, ist eng angebunden, schon damals, an den Islamischen Staat gewesen. Als Rekrutierungsplattform dienten dem Angeklagten unter anderem sogenannte Hadsch-Reisen, die von ihm organisiert und mitbetreut wurden." Konkret soll Lau nach Ansicht von Bundesanwalt Merz im Spätsommer 2013 zwei Männer aus Stuttgart und Mönchengladbach an eine islamistische Kampfeinheit in Syrien vermittelt haben, die sich später der Terrorgruppe IS anschloss.
    Außerdem soll der fünffache Vater selbst mehrmals nach Syrien gereist sein und dabei der Terrorgruppe Geld und Nachtsichtgeräte übergeben haben. Die Anklage stützt sich neben Chat-Protokollen und Videobotschaften auch auf Fotos, die auf Laus Laptop gefunden wurden. Auf einem Foto posiert Lau in Syrien auf einem Panzer - mit Kalaschnikow.
    Humanitäre Hilfe in Syrien?
    Für Laus Anwalt Mutlu Günal reicht das aber bei Weitem nicht aus, um den 35-Jährigen zu verurteilen: "Wenn Sie sich mit einer Kalaschnikow in Syrien hinstellen und sich so ablichten lassen, dann kommen Sie nicht ins Gefängnis, das kann ich ihnen versichern." Sein Mandant bestreite nicht, in Syrien gewesen zu sein. Er will dort aber ausschließlich humanitäre Hilfe für notleidende Muslime geleistet haben.
    Die Anklage basiert allerdings nicht nur auf den Dateien aus Laus Laptop, sondern auch auf den Aussagen zweier Zeugen. Dabei handelt es sich unter anderem um den ehemaligen Weggefährten Ismail I., den Lau in den Dschihad nach Syrien vermittelt haben soll. Günal: "Die Anklage ist ein juristischer Blindflug, dieser Flug wird sehr bald enden. Sobald die zwei Kronzeugen hier sind und auch aussagen, wird sich der Senat und auch die Öffentlichkeit ein Bild von beiden machen können. Der eine ist geistig leider nicht gesund, so ist das, der ist verrückt. Der andere ist ein notorischer Lügner, der die Version hier zum 37. Mal anders erzählt hat." Für Verteidiger Günal steht fest: Der umtriebige Konvertit Sven Lau soll mundtot gemacht werden.
    Bis zu 15 Jahre Haft drohen
    Der Staatsschutzsenat scheint Laus Verstrickungen in den islamistischen Terror ernster zu sehen - Gerichtssprecher Peter Schütz: "Der Senat hat im Eröffnungsbeschluss den rechtlichen Hinweis erteilt, dass auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse möglicherweise auch eine Verurteilung wegen Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Betracht käme."
    In diesem Fall drohen Lau nicht nur zehn, sondern bis zu 15 Jahre Haft. Weil Lau sich vorerst selbst nicht äußern will, wird der Prozessverlauf vor allem von der Beweiskraft der Fotos und Videos und der Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen abhängen. Das Gericht hat vorerst 30 Verhandlungstage bis Mitte Januar anberaumt. Der Prozess wird nächste Woche fortgesetzt.