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Quantencomputer
Fortschritte in der Forschung

Schnelle komplexe Rechenprozesse, abhörsichere Verschlüsselung, empfindlichere Messinstrumente und genauere Uhren - dank Quantencomputer: Seit gut 25 Jahren arbeiten Wissenschaftler an diesen Wunderrechnern. Eine renommierte Forschergruppe aus Innsbruck hat nun weitere Fortschritte erzielt.

Von Bernd Schlupeck |
    Symbolfoto: Quantencomputer
    Forscher der Universität Innsbruck sind seit Jahren weltweit führend bei Quantencomputern auf Basis tiefgekühlter Atome (imago/Science Photo Library)
    Bei einem Besuch am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Universität Innsbruck fällt zuerst eine astronomische Pendeluhr ins Auge. Sie stammt aus dem Jahr 1775, ist 2,50 Meter hoch, aus Holz und wurde seinerzeit verwendet, um die Passage von Sternen zu messen. Gemessen wird am Institut noch immer, allerdings an mikroskopisch kleinen Quantensystemen.
    "Mein Name ist Christian Roos. Und in der Gruppe interessieren wir uns für das, was als Quantenrechnen mit einem Quantencomputer bezeichnet wird, um gewisse Probleme zu lösen, von denen man weiß, dass sie wahrscheinlich effizienter gelöst werden können als mit einem klassischen Computer. Es gibt aber auch das Feld der Quantensimulation, das einen Teilaspekt umfasst. Wo man sagt, man möchte ein bestimmtes physikalisches System in seinem Verhalten gut verstehen, bei dem numerische Methoden, Rechenmethoden, nicht mehr effizient sind, wenn das System aus einer zu großen Zahl von Einzelteilchen besteht."
    Abgekühlte Atome in der Ionenfalle
    Was der Forscher in Innsbruck simuliert, ist das Verhalten von Elementarmagneten. Christian Roos führt in den Keller des Instituts, um den Versuchsaufbau zu zeigen. Vom Fahrstuhl geht es an einer Ionenfalle vorbei, die aussieht wie eine Taucherglocke aus den 1960er-Jahren, ins Labor. Der Physiker läuft auf einen optischen Tisch mit Linsen, Spiegeln und Laserstrahlen zu und deutet auf einen Computerbildschirm. Aufgereiht wie die Perlen auf einer Kette sind dort drei von insgesamt 20 grauen Kugeln zu sehen: Es sind Calcium-Ionen - mit Laserpulsen auf minus 273 Grad Celsius abgekühlt und eingesperrt in einer Ionenfalle.
    "Im einfachsten Fall kann ein solcher Elementarmagnet beschrieben werden durch zwei quantenmechanische Zustände. Und wir bilden das Ganze mit unseren gespeicherten Ionen ab, indem wir sagen: Der Grundzustand des Ions stellt den einen Zustand dar und ein langlebiger, angeregter elektronischer Zustand des Teilchens stellt den anderen Zustand dar."
    Quantenzustand auslesen
    Laut Quantentheorie können sich die Calcium-Ionen nicht nur entweder im Grundzustand oder dem angeregten Zustand aufhalten, sondern in verschiedenen, sich überlagernden Zuständen, erklärt Christian Roos. Wird jede graue Kugel dann nur noch durch zwei Zustände beschrieben, wird sie im Fachjargon als Quantenbit oder Qubit bezeichnet - in Analogie zum klassischen Bit, das nur den Wert Null oder Eins darstellen kann. Dann stößt der Wissenschaftler per Laser eine Interaktion der Teilchen an, die sich längs der Ionenkette ausbreitet und die Ionen miteinander quantenmechanisch verschränkt, quasi zu einem einzigen Quantensystem verschmelzen lässt. Zum Schluss bestimmt er mit einer Quantenmessung den Endzustand des Systems.
    "Diese Quantenmessung, die wir machen, besteht in einer Fluoreszenzmessung. Das heißt, da hat man wieder einen anderen Laser, der das Ion bestrahlt. Und abhängig davon, ob das Ion in dem einen oder dem anderen Zustand ist, wird es entweder Licht aussenden oder kein Licht aussenden. Das ist etwas, das wir mit einer CCD-Kamera detektieren können und praktisch dann deterministisch den Quantenzustand auslesen können."
    Neue Methode der Quantenmessung
    Gemeinsam mit anderen Kollegen hat Christian Roos dafür eine neue Methode entwickelt: die sogenannte Matrix-Produkt-Zustands-Tomografie. Dabei wird nach mehreren Experimenten immer an der gleichen Stelle des Quantensystems der Zustand bestimmt. Daraus rekonstruiert der Forscher dann statistisch die Information über den höchstwahrscheinlichen Endzustand des kompletten Systems. Statt wie früher Tausende von Messungen über den halben Tag verteilt machen zu müssen, um das Quantensystem zu charakterisieren, braucht er mit der neuen Methode nur noch 27 Messungen und rund zehn Minuten. Ein Fortschritt, der helfen könnte, kontrollierbare Systeme mit Hunderten Qubits aufzubauen und echte Quantencomputer zu ermöglichen.
    "Derzeit können wir mit bis zu 20 gespeicherten Ionen arbeiten. Und das ist ein Regime, in dem numerische Simulationen immer noch in der Lage sind, die Wechselwirkungen vorherzusagen. Dann kann man hoffen, dass man vielleicht mit den leistungsstärksten Computern, die wir haben, noch Systeme mit 40, 50 Teilchen beschreiben zu können. Aber auch nur ein paar Teilchen mehr hinzuzufügen würde eine Rechenleistung und einen Speicherplatz erfordern, der sich nicht mehr realisieren lässt. Und der sich auch nicht in zehn Jahren realisieren lassen wird."
    Quantencomputer für komplexe Probleme
    Das heißt: Für komplexe Probleme wird es ohne Quantencomputer nicht gehen. Aktuell arbeiten Christian Roos und seine Kollegen an Simulationssystemen mit bis zu 50 Quantenbits. In etwa drei Jahren könnten solche Systeme klassische Rechner für spezielle Aufgaben leistungsmäßig überholen.