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R 134a
Klimaschädliches Kältemittel für Autos wird teuer

Wer ein älteres Auto fährt, braucht für seine Klimaanlage unter Umständen das Kältemittel R-134a. Doch die EU hat aus Klimaschutzgründen den Import und die Verwendung von solchen fluorierten Treibhausgasen reduziert. Eine Folge: Die Preise für das Kältemittel steigen immer höher.

Von Daniela Siebert | 29.05.2018
    Ein KFZ-Mechaniker arbeitet am 23.05.2016 in einer KFZ-Werkstatt in Berlin an der Reparatur eines Autos.
    Ein KFZ-Mechaniker arbeitet am 23.05.2016 in einer KFZ-Werkstatt in Berlin an der Reparatur eines Autos. (dpa / picture alliance / Maurizio Gambarini)
    "Für dieses Jahr haben wir uns so bevorratet, dass ich dieses Jahr keine Schwierigkeiten erwarte. Wir haben uns da etliche Kilo jetzt hingestellt. Ab nächstem Jahr wird es schwierig", sagt Ralf Rautenberg von der freien Kfz-Werkstatt "Becker und Beckmann" in Berlin-Marzahn. Früher habe er das Kältemittel R 134a immer kurzfristig "just-in-time" bestellt. Jetzt hat sich seine Firma lieber einen großen Vorrat davon zugelegt. Auf die Idee kam Rautenberg, als er vor einem halben Jahr das fluorierte Gas nachbestellen wollte.
    "Dort sind wir über diesen massiven Preisanstieg bei der Beschaffung gestolpert, zu diesem Zeitpunkt war ein Preisanstieg von 250 bis 300 Prozent, mittlerweile liegen wir bei über 500."
    Bei rund 2000 Fahrzeugen repariert oder wartet seine Werkstatt die Klimaanlagen. Pro Jahr. 75 Prozent der Kunden fahren mit alten Pkw vor, in denen noch das Kältemittel R-134a eingefüllt ist, resümiert Rautenberg.
    Branchenverband "kalt erwischt"
    Ein Umstieg auf das neuere Kältemittel R1234yf sei technisch und finanziell aufwendig, hinzu kämen rechtliche Unsicherheiten, ob das überhaupt zulässig ist und wer für eventuelle Folgeschäden haftet.
    Andere Werkstätten hatten schon letztes Jahr Probleme überhaupt an das Kältemittel R-134a zu kommen. Auch den "Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe", der fast 40.000 Werkstätten vertritt, hat das Problem "kalt" erwischt. Seit rund einem Jahr meldeten die Werkstätten nun schon Lieferschwierigkeit, sagt Christoph Konrad, der Geschäftsführer des Hauptstadtbüros.
    "Ja wir haben es kommen sehen, weil wir uns natürlich auf die Dinge vorbereiten mussten, aber das Ausmaß, das war uns auch nicht bewusst. Wir haben vor zwei Jahren im Prinzip auch begleitend zur europäischen Gesetzgebung, natürlich auf diese Entwicklung hingewiesen, aber dass wir jetzt vor dieser Situation stehen, wo auch die Preise uns weglaufen, das ist natürlich vom Ausmaß her so nicht von uns erkannt worden. Die Frage ist auch: Hätten wir es erkennen können?"
    Denn in der Tat sind die Mechanismen und Gründe für die Verknappung und den Preisanstieg komplex. Ursächlich ist im Kern die EU-Verordnung 517 aus dem Jahr 2014. Dort heißt es:
    "Das Ziel dieser Verordnung ist der Umweltschutz durch Minderung der Emissionen von fluorierten Treibhausgasen."
    Das Kältemittel R 134a ist aber nur eines von vielen Gasen, die von der Verordnung betroffen sind. Für den Klimaschutz ist der Ausstieg aus diesen Gasen wichtig: Denn die fluorierten Gase in Kältemitteln übertreffen das Treibhausgas Kohlendioxid in der Klimawirksamkeit um ein Vielfaches.
    Hilfe von der Politik?
    Die EU verringert deshalb auch die Verwendung anderer Kältemittel mit Fluor immer weiter und so ergibt sich eine Obergrenze für deren Verwendung, sei es in Klimaanlagen von Autos, von Krankenhäusern, in Tiefkühlanlagen und in Gebäuden.
    Das Branchen-Fachblatt "Fahrzeug und Karosserie" erwartet für dieses Jahr daher sogar einen "echten Kältemittelnotstand".
    Branchenvertreter Christoph Konrad hofft auf Hilfe von der Politik.
    "Da gibt es natürlich einen bunten Strauß an Möglichkeiten, etwa auch bei dem Thema Umrüstung, dann mit finanziellen Hilfen, möglicherweise, das hat es ja schon gegeben zum Beispiel bei den Feinstaubfiltern beim Diesel, wo immer mal wieder auch Töpfe gebildet wurden, um Diesel-Fahrzeuge nachzurüsten, das ist also nicht der Politik fremd!"
    Mit dem neuen Bundesverkehrsminister konnte sich Konrad zu diesem Thema noch gar nicht austauschen. Er hofft vor allem über die Bundesländer und den Bundesrat eine Lösung herbeiführen zu können.
    Preise deutlich gestiegen
    Für die Verbraucher ist das alles misslich. Manche Werkstätten können aufgrund der Situation gar keine Wartung oder Reparatur von Klimaanlagen mehr anbieten. Bei anderen haben sich die Preise stark erhöht. Auch in der Marzahner Werkstatt von Ralf Rautenberg
    "Wenn ein Kunde eine normalen Klima-Check hat machen lassen, Anfang des Jahres 2017, dann hat er ein Materialwert eingebaut gekriegt zwischen 15,30 Euro bis 30 Euro, je nachdem wie groß seine Klimaanlage war und je nachdem wie viel Kältemittel da unter Umständen verloren gegangen ist. Mittlerweile liegen wir da so beim normalen Check zwischen 75 Euro bis 100 Euro. Nur der Anteil des Kältemittel!"
    Verbraucher können nicht viel tun. Jede Klimaanlage verliert über die Jahre einen Teil des Kältemittels. Es entweicht durch die Leitungen und durch die Dichtungen. Die Auto-Besitzer können die Zeit bis zur nötigen Wartung lediglich durch geschickte Nutzung hinauszögern. Ralf Rautenberg:
    "Indem man die Anlage ordnungsgemäß betreibt, auch im Winter mal zum Beispiel einschalten, damit eben die Dichtungen nicht spröde und porös werden, damit da dieses PAG-Öl, das da mit drin ist, die Dichtungen schmiert und dann hält das wesentlich länger."