Donnerstag, 25. April 2024

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Wirtschaft für Klimaschutz
"Die wirksamste Maßnahme ist ein einheitlicher CO2-Preis"

54 internationale Unternehmen wollen mit einer gemeinsamen Erklärung beim Klimagipfel ein Zeichen für den Klimaschutz setzen. "Die Unternehmen wollen konstruktive Partner der Politik sein", sagte Sabine Nallinger, Vorstandsmitglied der Initiative im Dlf.

Sabine Nallinger im Gespräch mit Georg Ehring | 11.12.2017
    Rauch kommt aus Schornsteinen in Jilin-Stadt im Nordosten Chinas.
    Die Minister müssen in der nächsten Woche unter anderem darüber beraten, ob der Anstieg der Erdtemperatur langfristig auf höchstens zwei oder sogar auf 1,5 Grad begrenzt werden soll. (Ding Dong, dpa picture-alliance)
    Georg Ehring: Die Wirtschaft als Treiber – eine Initiative von 54 weltweit agierenden Unternehmen fordert heute ambitionierten Klimaschutz. Ihre Erklärung soll ein starkes Signal an den morgigen Klimagipfel sein, die Dynamik des Pariser Abkommens aufrecht zu erhalten. So die Unternehmen heute Vormittag. Die beteiligten Firmen repräsentieren immerhin einen Jahresumsatz von mehr als 676 Milliarden Euro, also etwa ein Viertel des französischen Bruttoinlandsprodukts. Dabei ist auch die Unternehmerinitiative Stiftung zwei Grad, und mit ihrem Vorstandsmitglied Sabine Nallinger habe ich kurz vor dieser Sendung gesprochen. Und ich habe sie zunächst gefragt, was jetzt im Klimaschutz geschehen muss.
    Sabine Nallinger: In Paris müssen die Ziele, die genau vor zwei Jahren schon mal in Paris beschlossen worden sind auf der Weltklimakonferenz, jetzt umgesetzt werden. Damals wurden Beschlüsse gefasst, es wurden Ziele beschlossen, und um was es jetzt geht ist, dass es Umsetzungskonzepte, Umsetzungsprogramme in den einzelnen Nationen gibt.
    Ehring: Sie vertreten einen Aufruf aus der Wirtschaft für energischen Klimaschutz. Wer steht denn dahinter? Es gibt ja in der Wirtschaft auch viele Bremser.
    Nallinger: Ja. Interessant ist, dass wir viele Unternehmen gewinnen konnten, die vor großen Herausforderungen stehen, die energieintensiv sind, die der chemischen Branche zuzuordnen sind, die wirklich vor einer riesigen Transformation stehen, wenn wir tatsächlich die Paris-Ziele einhalten wollen, nämlich eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen bis zu 95 Prozent. Diese Unternehmen, die unsere Erklärung unterschrieben haben, stehen vor der Herausforderung. Sie nehmen sie aber an und wollen konstruktiver Partner der Politik sein.
    "Man muss Lösungen finden für den Bereich Energie"
    Ehring: Können Sie mal ein paar Beispiele nennen, wer da besonders Großes dabei ist?
    Nallinger: Es sind Unternehmen dabei wie Saint Gobain, aber auch Unternehmen wie die Allianz, die im Investitionsbereich Entscheidungen trifft, in welche Richtung die Zukunft der Wirtschaft geht. Es sind aber auch chinesische große energieintensive Unternehmen dabei, so dass wir eine interessante Bandbreite an Unternehmen haben, die vor unterschiedlichsten Herausforderungen stehen – sei es, dass sie im Bereich Kreislaufwirtschaft Lösungen finden müssen, sei es, dass man Lösungen finden muss für den Bereich Energie, wie gewinnen wir zukünftig unsere Energie, gerade die energieintensiven Unternehmen, und sei es aber auch Unternehmen, die mit Stoffen hantieren, wo wir auch noch Lösungen brauchen, wie wir das zukünftig bei diesen großen Herausforderungen bewältigen wollen.
    Ehring: Die Wirtschaft wird ja häufig als Bremser im Klimaschutz gesehen. Was braucht sie, um zum Treiber und um zum Förderer zu werden?
    Nallinger: Ich nehme die Wirtschaft mittlerweile überhaupt nicht mehr als Bremser wahr, sondern vielmehr nehme ich die Wirtschaft als diejenige Kraft in der Gesellschaft wahr, die sagt, die Paris-Ziele stehen, wir müssen das machen, um unsere Erde lebenswert zu halten, uns als Wirtschaft kommt da eine große Rolle zu, weil wir einfach viel Energie brauchen, weil wir die Produkte produzieren, die die Gesellschaft benötigt. Ich nehme die Wirtschaft wahr als einen konstruktiven Partner. Was sie zurecht einfordert sind langfristige Pläne, sind verbindliche Vorgaben, sind Pläne, die auch aufzeigen, wie tatsächlich das unter zwei Grad Ziel, das in Paris beschlossen worden ist, umgesetzt werden kann.
    Ehring: Eine wichtige Rolle dabei spielt die Forderung nach einem Preis für das Treibhausgas CO2. Warum das?
    Nallinger: Na ja. Wir müssen runter mit den CO2-Emissionen. Das wissen wir. Und die wirksamste Maßnahme und die Maßnahme, die dann für alle Branchen geht und für alle gerecht und gleich ist, ist ein CO2-Preis, mit dem wir sicherlich nicht weltweit starten werden können, aber wo es wichtig ist, dass wesentliche Industrienationen, Nationen, die vor großen Herausforderungen stehen, gemeinsam losgehen, weil wir dadurch die Wirkung haben, wieviel CO2 darf denn überhaupt noch auf der Welt produziert werden. Und mit einem CO2-Preis kann man dies marktwirtschaftlich sehr schön regulieren und auch justieren, einstellen, wie hoch der denn sein muss, um unsere CO2-Ziele einzuhalten.
    "Es muss ein CO2-Preis her, der Wirkung zeigt"
    Ehring: Aber in der Europäischen Union klappt das mit dem CO2-Preis ja nicht so gut. Wir haben ja den Emissionshandel und da sind die Preise so niedrig, dass sie kaum einen Anreiz bieten zum Vermeiden des Treibhausgases.
    Nallinger: Da haben Sie vollkommen recht. Deswegen geht es jetzt auch darum, dass wir nicht am ETF, am Europäischen Emissionshandel zunächst weiter arbeiten, sondern dass wir sagen, es muss ein Preis her, der Wirkung zeigt, der tatsächlich die Unternehmen zum Energiesparen, zur Energienutzung mit erneuerbaren Energien anregt, der ein Signal setzt, dass Unternehmen auch tatsächlich effizient wirtschaften mit der Energie, effizient wirtschaften mit den Treibhausgasen.
    Ehring: In der Europäischen Union liegt der Emissionshandelspreis deutlich unter zehn Euro. Wie hoch müsste er denn sein?
    Nallinger: Dass er Wirkung zeigt, müsste er deutlich höher sein. Wissenschaftler haben es schon ausgerechnet und sind bei 40, 50 Euro gelandet. Ich denke, das ist eine Größenordnung, da liegen die Wissenschaftler schon richtig, dass wir in der Höhe ungefähr rauskommen müssen.
    Ehring: Was erwarten Sie denn morgen von der Pariser Klimakonferenz?
    Nallinger: Na ja. Macron trifft sich mit Regierungschefs. Macron trifft sich mit Wirtschaftsbossen. Und es wird darum gehen, wie wir tatsächlich Paris umsetzen können, und ich verspreche mir und erhoffe mir, dass morgen auch entscheidende Weichen gestellt werden, wie wir vor allem international voranschreiten und internationale Vereinbarungen treffen, damit wir die Paris-Ziele fest im Auge haben und sie auch tatsächlich umsetzen können.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.