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Razzia nach Juwelendiebstahl im Grünen Gewölbe
Die Spur führt ins Berliner Clanmillieu

Die monatelangen Ermittlungen im Fall des Juwelenraubs im Dresdner Grünen Gewölbe waren offenbar erfolgreich. Die Polizei nahm drei Verdächtige fest. Sie werden dem sogenannten Clanmillieu zugerechnet, das schon für einen anderen Kunstraub verantwortlich war.

Von Sebastian Engelbrecht | 17.11.2020
    Ein verdächtiger Mann im Fall des Kunstdiebstahls im Grünen Gewölbe wird von Polizisten in das Gebäude des Oberlandesgerichts geführt. Knapp ein Jahr nach dem Kunstraub im Dresdner Grünen Gewölbe hat die Polizei am Morgen in Berlin drei Tatverdächtige festgenommen.
    Das historische Grüne Gewölbe wurde nach dem Diebstahl im Mai 2020 wiedereröffnet (dpa / Robert Michael)
    An der Hochbahntrasse der Linie 1 in Kreuzberg hat die sächsische Polizei ihren Posten bezogen. Die Straße ist für den Verkehr gesperrt. Vor dem Eingang zum Haus Gitschiner Straße 35 stehen schwarz gekleidete Polizisten mit Helmen und in Kampfmontur. Auf zwei Klingelschildern des 70er-Jahre-Baus steht der Name "Remmo". Polizeisprecher Thomas Geithner aus Dresden erklärt, was die Uniformierten aus Sachsen hier suchen.
    "Diese Adresse ist eins von 18 Objekten, die wir heute durchsuchen. Das sind zum Großteil Wohnungen, so auch der Fall, vor dem wir hier stehen. Dazu kommen noch ein paar Garagen und ein paar Fahrzeuge. Wir suchen dort zum einen natürlich nach diesen Kunstschätzen, und wir suchen auch diese klassischen Beweismittel wie Speichermedien, Bekleidungsgegenstände oder auch Werkzeuge."
    Neupräsentation Historisches Grünes Gewölbe, Mai 2020
    Neupräsentation Historisches Grünes Gewölbe, Mai 2020 (SKD, Foto: Oliver Killig)
    Spur führt ins Clanmillieu
    Mitglieder des Remmo-Clans, zu dem etwa 500 Personen gehören, haben Erfahrung mit Kunstraub. Im Februar verurteilte das Landgericht Berlin Wissam und Ahmed Remmo zu viereinhalb Jahren Haft. Sie hatten, so das Urteil des Gerichts, im März 2017 eine 100 Kilo schwere Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum gestohlen*. Nach den Ermittlungen der Dresdner Staatsanwaltschaft und der sächsischen Polizei führt auch im Fall des Juwelenraubs im Dresdner Grünen Gewölbe vom 25. November vergangenen Jahres die Spur nach Berlin.
    "Wir haben insgesamt drei Personen festgenommen. Das sind drei Männer, deutsche Staatsangehörige, die dem sogenannten Clanmilieu zugeordnet werden. Die werden noch heute einem Ermittlungsrichter in Dresden vorgeführt."
    Monatelange Ermittlungsarbeit
    Bei den Festgenommenen handelt es sich um drei Männer aus dem Berliner Clanmilieu im Alter von 23 und 26 Jahren, wie die Dresdner Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte. Nach zwei weiteren 21-jährigen Männern wird noch gesucht. Auch ihnen wirft die Staatsanwaltschaft schweren Bandendiebstahl und Brandstiftung vor, wie der Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft, Jürgen Schmidt, erklärt:
    "Letztendlich hat hier akribische kriminalistische, monatelange Arbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei zum Verhandlungserfolg geführt. Relevant waren insbesondere die Auswertung der Außen- und Innenaufnahmen der Überwachungsanlage im Residenzschloss, aber auch anderer Kameras und weiterer Daten, die den äußeren Tathergang uns ganz gut rekonstruieren ließen."
    Juwelen werden noch gesucht
    Um sechs Uhr früh hatte die Polizei gleichzeitig 18 Wohnungen, andere Gebäude und Fahrzeuge in Berlin gestürmt. Insgesamt waren 1.640 Polizisten an den Razzien beteiligt, die vor allem im Berliner Bezirk Neukölln stattfanden. Beteiligt waren vor allem sächsische Beamte, aber auch Polizisten aus sieben anderen Bundesländern sowie Spezialkräfte der GSG 9.
    Einbruch ins Grüne Gewölbe - Stefan Koldehoff: "Neue Dimension von Kunst-Diebstahl"
    "Brutaler Kunst-Raub nimmt zu", sagt Dlf-Kulturredakteur Stefan Koldehoff. Den Tätern gehe es dabei nicht um die Kunstschätze, sondern nur um deren Materialwert. Museen und deren Träger müssten sich die Frage stellen: Was ist uns Sicherheit wert?
    Nach Angaben von Sprecher Thomas Geitner sucht die Polizei in Berlin auch nach den Juwelen des sächsischen Königs August des Starken aus dem 18. Jahrhundert, die aus dem Grünen Gewölbes gestohlen wurde, sie hält es aber für unwahrscheinlich, die Stücke ein Jahr nach dem Diebstahl noch zu finden.
    Bereits im September hatten sächsische Polizeibeamte in Berlin Wohn- und Gewerberäume durchsucht. Geithners Zwischenbilanz des Einsatzes in Berlin: "Mir gefällt’s sehr gut, vor allen Dingen die drei Festnahmen bringen sehr viel Stolz und Freude in mir zum Vorschein."
    * An dieser Stelle wurde das genannte Gewicht der gestohlenen Goldmünze korrigiert.