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Reaktionen aus Straßburg und Brüssel
Ernüchterung und Ärger im EU-Parlament

Mit Bedauern und Ärger haben Parlamentarier der EU den Ausgang der neuen Abstimmung zum Brexit-Vertrag im britischen Unterhaus zur Kenntnis genommen. Die Vorbereitungen für einen harten Brexit sind laut EU-Chefunterhändler Michel Barnier jetzt wichtiger als je zuvor.

Von Paul Vorreiter | 13.03.2019
Britische Flagge und EU-Flagge
Britische Flagge und EU-Flagge (picture alliance / empics )
Auch der Last-Minute-Besuch in Straßburg, mit den Klarstellungen und rechtlichen Garantien hat der britischen Premierministerin Theresa May nichts genützt, um eine Mehrheit im Londoner Parlament für das Austrittsabkommen mit der EU zu finden. Entsprechend groß ist die Enttäuschung in Straßburg und Brüssel. Und ein Wort wird immer häufiger in den Mund genommen: "der No-Deal Brexit", der Austritt ohne Vertrag.
Michel Barnier, Chefunterhändler der Europäischen Union erklärte, die EU habe alles getan, was sie könne. Die Blockade könne nur noch in Großbritannien gelöst werden. Die Vorbereitungen für einen harten Brexit seien jetzt wichtiger als je zuvor. Dass der ungeregelte Austritt wahrscheinlicher werde, das sagte auch ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk und bedauerte den Ausgang der Abstimmung.
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Auf schlechtesten Fall so gut wie möglich vorbereitet
Ähnlich äußerte sich auch Bundesaußenminister Heiko Maas. Er sagte zudem, Deutschland habe sich auf diesen – so wörtlich - schlechtesten aller Fälle - so gut wie möglich vorbereitet. Und im Europaparlament? Dort macht sich neben Ernüchterung auch Ärger breit. CDU-Außenexperte Elmar Brok:
"Die Briten haben einen Antrag gestellt nach Artikel 50 ohne zu wissen, was sie wollen. Sie sollen endlich miteinander reden, seit zwei Jahren gibt es keine wirklichen inhaltlichen Gespräche zwischen Regierungschefin und Oppositionsführer und wir lassen uns von ihnen nicht treiben."
Heute stimmt das Parlament darüber, ab ob es einen Austritt aus der Europäischen Union ohne einen Vertrag vollziehen will. Das zu verhindern, war immer das erklärte Ziel von EU-Chefunterhändler Barnier. Ska Keller, Spitzenkandidatin der deutschen Grünen im Europaparlament, will die Hoffnung den No-Deal-Brexit zu verhindern, noch nicht ganz aufgeben:
"Wir sollten einen Brexit ohne Deal in jedem Fall nicht zulassen und die britische Regierung muss wirklich ernsthaft darüber nachdenken, ob sie nicht, wenn sie selbst im Parlament nicht weiter kommt, ob sie nicht nochmal die Bürgerinnen und Bürger fragt, denn die müssen das am Ende ausbaden."
"Begründeter Antrag" auf Verschiebung würde geprüft werden
Sollte das Parlament in London heute einen Brexit ohne Austrittsabkommen ablehnen, was laut dem Oppositionsführer, Labour-Chef Jeremy Corbyn, ausgeschlossen werden müsse, dann bestünde aus Sicht von Udo Bullmann, dem Chef der Sozialdemokraten im Europaparlament:
"Die letzte Chance dann in der Idee, eine Frist-Verlängerung am dritten Abstimmungstag zu wünschen, nur werden die Europäer dann fragen wofür? Ich sehe nur zwei Möglichkeiten, man muss einerseits dringend auch mit Labour, mit der Opposition sprechen, wenn das Parlament weiter blockiert bleibt, dann kann ich nur empfehlen, das britische Volk erneut zu fragen."
Auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte mahnte an, ein Antrag auf eine Fristverlängerung müsse glaubwürdig und überzeugend begründet werden. Eine Sprecherin der EU-Kommission erklärte, die EU sei bereit, einen solchen "begründeten Antrag" auf Verschiebung des Brexit-Datums am 29. März zu prüfen. Das müsste die anderen 27 EU-Staaten auch billigen, was jedoch als wahrscheinlich gilt.