Deutsche Hochschulen und Forschende liefern Wissen für den militärischen Ausbau Chinas - dies hat eine gemeinsame Recherche verschiedener europäischer Medien im Rahmen der China Science Investigation ergeben.
Wie reagieren die Hochschulrektorenkonferenz, also der freiwillige Zusammenschluss der staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen, Institutionen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Bildungspolitik auf diese Ergebnisse? Und wie könnten problematische Aspekte bei der Forschungszusammenarbeit mit China verhindert werden? Fragen und Antworten:
Wie reagieren die Hochschulrektorenkonferenz, also der freiwillige Zusammenschluss der staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen, Institutionen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Bildungspolitik auf diese Ergebnisse? Und wie könnten problematische Aspekte bei der Forschungszusammenarbeit mit China verhindert werden? Fragen und Antworten:
- Wie reagieren Hochschulen auf die Ergebnisse der China Science Investigation?
- Welche Grundwerte gelten der Hochschulrektorenkonferenz zufolge bei Forschungskooperationen mit China?
- Was geschieht, wenn eine deutsche Hochschule mit der chinesischen Militäruniversität zusammenarbeitet?
- Wie kann ein kritischeres Bewusstsein für die Zusammenarbeit mit China an Universitäten und Hochschulen geschaffen werden?
- Was bedeutet das Problem des einseitigen Wissenstransfers?
- Kann die Verantwortung für Kooperationen allein den Universitäten und Hochschulen überlassen bleiben oder könnte das Bildungsministerium intervenieren?
Wie reagieren Hochschulen auf die Ergebnisse der China Science Investigation?
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) beobachte die neuen Befunde mit Sorge, sagt HRK-Präsident Peter-André Alt im Deutschlandfunk. Bereits im September 2020 hatte das Präsidium in einem Papier Leitfragen zu Hochschulkooperationen mit der Volksrepublik China verabschiedet. Sie enthielten tragende und wichtige Kriterien, so Peter-André Alt, anhand derer Zusammenarbeit mit dem Partnerland China überprüft und entsprechend gestaltet werden sollte.
Angesichts der langjährigen politischen Entwicklung in China, einem "Rollback in die Diktatur und ihre Mechanismen“, müsste die wissenschaftliche Kooperation aber auf ganz andere Grundlagen gestellt und sehr viel kritischer hinterfragt werden, räumt Peter-André Alt ein. "Und da, wo rote Linien überschritten werden, müssen wir tatsächlich Verträge abbrechen, beziehungsweise die Kooperation unterbrechen.“
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit ihren jährlich insgesamt mehr als 30.000 geförderten Forschungsprojekten in allen Wissenschaftsbereichen betonte, militärisch relevante Forschung sei von der Förderung ausgeschlossen. Das gelte auch für entsprechende deutsch-chinesische Wissenschaftsprojekte. DFG-Präsidentin Katja Becker beruft sich auf einen dafür zuständigen Ausschuss und eine Kommission ihres Hauses:
„Wir haben ein klares Regelwerk, und im Rahmen dieses Regelwerkes kooperieren wir mit Ländern wie Russland oder China. Falls dieses Regelwerk im Rahmen der Verträge, die wir geschlossen haben, verletzt wird, beenden wir auch einmal Kooperationen. Was aber sehr, sehr selten geschieht, weil es ziemlich eng gesteckt ist und alle verantwortlichen Partner auf deutscher Seite die Förderer, die Institutionen und auch die Wissenschaftlerinnen selber, sehr, sehr genau darauf achten.“
„Wir haben ein klares Regelwerk, und im Rahmen dieses Regelwerkes kooperieren wir mit Ländern wie Russland oder China. Falls dieses Regelwerk im Rahmen der Verträge, die wir geschlossen haben, verletzt wird, beenden wir auch einmal Kooperationen. Was aber sehr, sehr selten geschieht, weil es ziemlich eng gesteckt ist und alle verantwortlichen Partner auf deutscher Seite die Förderer, die Institutionen und auch die Wissenschaftlerinnen selber, sehr, sehr genau darauf achten.“
Der Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung, Enno Aufderheide, sagte dazu dem Deutschlandfunk:
„Dass Menschen mit dem Know-how, das sie im Rahmen ihrer Forschung gewinnen, später mal in einen Kontext geraten, in dem sie auch militärrelevante Forschung machen – das können wir nicht ausschließen. Wir bemühen uns auszuschließen, dass es unmittelbar militärrelevante oder erkennbar mittelbare Gegenstände sind, mit denen sie arbeiten.”
Welche Grundwerte gelten der HRK zufolge bei Forschungskooperationen mit China?
Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) nennt unter anderem:
- Publikationsfreiheit
- wissenschaftliche Autonomie
- ziviler Nutzen von Forschungsergebnissen
- Datenschutz
- Transparenz bei Forschungsresultaten
- Anerkennung geistiger Eigentumsrechte
Allerdings sei eine militärische Nutzung von Forschungsergebnissen nirgendwo vollständig auszuschließen. Auch im Bereich der Medizin oder der Informatik sei die Grenze schmal zwischen dem, was den Menschen nutzt, und dem, was missbräuchlich zum Schaden der Menschen eingesetzt werden kann.
Was geschieht, wenn eine deutsche Hochschule mit der chinesischen Militäruniversität zusammenarbeitet?
Peter-André Alt, HRK, beruft sich bei dieser Frage auf die Wissenschaftsfreiheit, in die die Hochschulrektorenkonferenz nicht eingreifen dürfe. Dies bedeute, dass die Hochschulleitung Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die internationale Kooperation – auch die mit China – nicht verbieten könne. Auch könne es nicht verboten werden, mit chinesischen Partnern gemeinsam zu publizieren. Peter-André Alt:
„Wir sind eine Institution, die keine Weisungsbefugnis hat. Wir haben kein Durchgriffsrecht gegenüber unseren Mitgliedseinrichtungen. Wir können nur anhand von Best Practices oder auch anhand von Risikoszenarien zeigen, was geht, was nicht geht, wo wir raten, bestimmte Dinge zu verfolgen oder andere nicht zu verfolgen. Also mehr können wir nicht tun.“
Wie kann ein kritischeres Bewusstsein für die Zusammenarbeit mit China an Universitäten und Hochschulen geschaffen werden?
Die Hochschulrektorenkonferenz setze hier auf einen kontinuierlichen Austausch über die Forschungszusammenarbeit mit China, so Peter-André Alt (HRK). Dabei gehe es vor allem um die Frage: "Wie können wir den Ablauf der Dinge besser vorbereiten – beispielsweise, indem man Plattformen für den Austausch über internationale Projekte schafft oder indem man die Expertise über China oder auch andere schwierige Partnerländer stärkt?"
Was bedeutet das Problem des einseitigen Wissenstransfers?
Es gebe schon seit längerer Zeit sehr deutliche Hinweise darauf, dass die chinesische Führung sehr gezielt versucht, gewisse Technologien abzusaugen, sagt Jens Brandenburg (FDP), Staatssekretär im Bildungsministerium, zu dem Problem. Der Begriff "einseitiger Wissenstransfer" bedeute, dass China bei Forschungskooperationen dort, wo das Land eigene Lücken habe, genau diese Technologien international absauge. Dazu gehöre auch, dieses Wissen für militärische Zwecke einzusetzen.
Kann die Verantwortung für China-Kooperationen allein den Universitäten und Hochschulen überlassen bleiben oder könnte das Bildungsministerium intervenieren?
Die Freiheit von Wissenschaft und Forschung habe in Deutschland aus guten Gründen Verfassungsrang, und das solle auch nicht geändert werden, sagt Jens Brandenburg, Staatssekretär im Bildungsministerium, dazu. Doch Freiheit impliziere auch Verantwortung. Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen, die mit chinesischen Partnern kooperieren, hätten demnach sehr kritisch zu hinterfragen, was die Grundlage dieser Kooperation sei. Die primäre Verantwortung liege also bei den Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen.
Allerdings sei auch die Wissenschaftsfreiheit kein rechtsfreier Raum, betont Brandenburg. Es gelte der bestehende Rechtsrahmen, beispielsweise im Hinblick auf Exportkontrolle, Außenwirtschaftsrecht, und insbesondere da, wo eine mögliche militärische Verwendung von Forschungsergebnissen in China dahinter stünden.
Seitens des Bundes, des Ministeriums für Bildung und Forschung, werde neben der Aufklärung und Sensibilisierung stark darauf gesetzt, die unabhängige China-Expertise an Hochschulen zu stärken. Dazu könne das Bildungsministerium Wissen und Informationen, die zur Verfügung stehen, den Wissenschaftseinrichtungen zur Unterstützung mitgeben.