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Rechtsextremer Verein "Combat 18"
Ein Verbot mit Ansage

Das Bundesinnenministerium hat den rechtsextremistischen Verein "Combat 18" heute offiziell verboten. Gleichzeitig gab es bundesweit Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern. Über das Verbot war lange diskutiert worden. Kritiker bemängeln nun, es komme viel zu spät.

Von Gudula Geuther | 23.01.2020
Sichergestellte Waffen und ein Schild der kriminellen Neonazi-Gruppe "Combat 18" liegen am 28.10.2003 im schleswig-holsteinischen Landeskriminalamt (LKA) in Kiel. Im Zuge einer groß angelegten Aktion hat die Polizei die Gruppierung "Combat 18" in Norddeutschland zerschlagen. Nach LKA-Angaben durchsuchten rund 300 Beamte am Morgen des 28.10. gut 50 Wohnungen und Treffpunkte.
Schon 2013 gab es Durchsuchungen bei "Combat 18"-Mitgliedern, nun wurde der rechtsextremistische Verein verboten (dpa / picture-alliance / Horst Pfeiffer)
Es ist ein Verbot mit Ansage. Die Forderung ist alt. Als der rechtsextremistische Hintergrund des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke manifest wurde, zählten Vereinsverbote dann auch zu den Maßnahmen, die Bundesinnenminister Horst Seehofer ankündigte – und jeder wusste, gemeint war "Combat 18". Heute durchsuchten seit dem frühen Morgen über 200 Polizisten Wohnungen führender Vereinsmitglieder in Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Neben Handys, Laptops und Datenträgern wurden auch "waffenrechtlich relevante Gegenstände" beschlagnahmt, wie das Bundesinnenministerium es ausdrückt, NS-Devotionalien und Propagandamittel.
Ideologisch verbunden mit der verbotenen rassistisch-neonazistischen "Blood and Honour"
"Combat 18" entstand Anfang der 90er-Jahre in Großbritannien als rechtsextremistische Saalschutztruppe. Der Name steht für "Kampfgruppe Adolf Hitler". In Deutschland wurden erste Strukturen vor gut 20 Jahren öffentlich bekannt. Ideologisch ist die Gruppe verbunden mit der schon im vor 20 Jahren verbotenen rassistisch-neonazistischen "Blood and Honour". Nach Einschätzung der Behörden ist "Combat 18" Deutschland mit dem Nationalsozialismus wesensverwand. Als Gründe für das Verbot nennt denn Herbert Reul, Innenminister in Nordrhein-Westfalen:
"Weil sich dieser Verein nach umfassender Prüfung zum einen gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet, weil er ferner nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider läuft und weil er sich außerdem gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Die Vereinigung hat eine nationalsozialistische, eine rassistische und eine fremdenfeindliche Ideologie."
Und er betont: "Bei den Anhängern von 'Combat 18' ist von einer Waffenaffinität und von einer individuellen Gewaltbereitschaft auszugehen."
Dadurch, dass sich der Verein in die Tradition der britischen Vereinigung stelle, so das Bundesministerium genieße er in der Szene Strahlkraft und Ansehen, werde als Symbol des gewaltbereiten Rechtsextremismus verehrt. Dabei trete die Gruppierung selten öffentlichkeitswirksam in Erscheinung. Ihre neonazistische Ausrichtung werde sichtbar vor allem durch die Musik mit rechtsextremistischen und antisemitischen Texten, die sie vertreibe, dadurch, dass sie entsprechende Konzerte Veranstalte und einschlägige Merchandising-Artikel vertreibe.
Kritiker sagen: Das Verbot kommt zu spät
Öffentlich gefordert wurde das Verbot vor allem, nachdem schon in den Ausschüssen, die die NSU-Morde untersuchten, und in Verbindung mit dem Mord an Walter Lübcke Kennverhältnisse der mutmaßlichen Täter zu Mitgliedern mindestens vermutet wurden. In der Erklärung des Innenministeriums wird darauf nicht direkt Bezug genommen. Mitglieder von "Combat 18" seien aber wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz verurteilt worden. Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser befindet jetzt: "Das Verbot ist richtig, aber es kommt leider erst viel zu spät."
Denn: "Es ist noch nicht lange her, da hat man im Bundesinnenministerium von einem Verbot nichts wissen wollen. Denn trotz vieler Indizien und Hinweise auf 'Combat 18'-Strukturen in Deutschland hieß es gegenüber kritischen Fragen aus dem Bundestag immer: Diese Strukturen gebe es nicht."
Ähnlich kritisiert das auch die Grüne Irene Mihalic. Der CDU-Innenpolitiker Mathias Middelberg dagegen wirbt um Verständnis für die Dauer des Verfahrens: Im konkreten Fall habe die Struktur im Verborgenen und verteilt über Bundesländer gearbeitet.
"Wir dürfen auf gar keinen Fall das Risiko eingehen, dass wir ein solches Vereinsverbot aussprechen, und dann nachher – es wird in der Regel immer geklagt – nachher in einem Klageverfahren dann möglicherweise der Bund oder die Behörden dann unterliegen. Das wäre das übelste Signal, das man sich vorstellen könnte, das würde natürlich die rechtsextreme Szene richtig stark machen."
Seine Kollegin von der Linksfraktion, Martina Renner, sieht das anders. Die Gruppierung habe ein halbes Jahr Zeit gehabt, Waffen und Finanzunterlagen beiseite zu schaffen. Das Verbot sei bloß symbolisch. Die meisten, die sich äußern, begrüßen es dagegen als ein Element neben Beobachtung der Szene, Jugendbildung oder – im Fall von Middelbergs CDU – mehr Kompetenzen für die Ermittler.