Samstag, 20. April 2024

Archiv

Rechtsextremismusverdacht
Polizeiskandal weitet sich aus

Es gibt weitere Verdachtsfälle von Rechtsextremismus bei der hessischen Polizei, das berichtet die "FAZ". Bisher schwieg CDU-Innenminister Peter Beuth zu den Vorwürfen. Am Mittwoch wird er sich bei einer Sondersitzung des Innenausschusses im Hessischen Landtag äußern müssen.

Von Ludger Fittkau | 18.12.2018
    Zwei Überwachungskameras an einem Mast unter einer Leuchthinweistafel mit dem Schriftzug "Polizei" im Behördenzentrum Frankfurt am Main
    Bisher sind fünf Beamte aus dem Frankfurter 1. Revier suspendiert worden (picture-alliance/ dpa/ Thorsten Lang)
    Hermann Schaus hatte es schon vor einer Woche geahnt, dass der hessische Polizeiskandal nicht auf eine Wache in Frankfurt am Main begrenzt ist. Der innenpolitische Sprecher der Linken im Wiesbadener Landtag beantragte die morgige Sondersitzung des Innenausschusses des hessischen Landesparlamentes. Im Hessischen Rundfunk begründete Schaus das so:
    "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nur ein geheim arbeitender Kreis von fünf Beamtinnen und Beamten war. Deswegen stellt sich auch die Frage: Wer waren die Vorgesetzten, wie weit haben die das aufgenommen? Ist da was weitergegeben worden oder haben die das toleriert?"
    Inzwischen ist klar: Aus der Frankfurter Polizeiwache ist einiges nach außen weitergegeben worden. Möglicherweise ein Fax mit Daten aus dem örtlichen Dienstcomputer mit einer Morddrohung gegen die Familie einer Frankfurter Rechtsanwältin mit türkischem Migrationshintergrund, auch Kontakte zu anderen Polizeistationen haben die des Rechtsextremismus verdächtigen Frankfurter Beamten wohl aufgenommen.
    Kritik von der SPD-Opposition an den CDU-Innenminister
    Denn die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet heute über zusätzliche Ermittlungen des Landeskriminalamtes in anderen hessischen Polizeiwachen. Die Rede ist von der Durchsuchung einer Dienststelle im mittelhessischen Landkreis Marburg/Biedenkopf an der Grenze zum nordrhein-westfälischen Siegerland. Außerdem sollen noch weitere Verdachtsfälle in anderen – bisher nicht näher bezeichneten - Polizeipräsidien untersucht werden, berichtet die FAZ. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier will nun genau wissen, wie viele seiner Beamten rechtsextremen Netzwerken angehören:
    "Zunächst mal müssen wir genau wissen, wie viele Beteiligte das sind. Das ist ein Vorgang, den ich sehr ernst nehme."
    Ein Kölner Rechtsanwalt - wie seine bedrohte Frankfurter Kollegin ebenfalls mit türkischem Migrationshintergrund - hat laut einem Bericht des "Spiegel" inzwischen ebenfalls Anzeige erstattet, weil er einen Drohbrief mit dem Betreff "NSU 2.0." bekommen hat.
    Mit "NSU 2.0" war auch das Fax an die Frankfurter Rechtsanwältin mit der Morddrohung gegen ihre zweijährige Tochter unterzeichnet.
    Die SPD-Opposition im hessischen Landtag kritisiert den CDU-Innenminister Peter Beuth für sein bisheriges Schweigen scharf. Günter Rudolph, Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Wiesbaden:
    "Wir werden auf volle Aufklärung bestehen. Wir lassen uns auch nicht abspeisen mit dem Hinweis, das seien ermittlungstaktische Dinge, die man nicht sagen könne. Innenminister Beuth hat erneut versagt mit einer erbärmlichen Informationspolitik und deshalb haben wir einen Skandal bei der hessischen Polizei."
    Die Grünen fürchten um das Ansehen der Polizei
    Der Innenausschuss des hessischen Landtages kommt morgen früh zur Sondersitzung zusammen. Auch die Grünen, mit der CDU in Hessen in der Regierung und gerade in Koalitionsverhandlungen um eine Weiterführung der schwarz-grünen Koalition, fordern umfassende Aufklärung. Jürgen Frömmrich, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Wiesbadener Landtag fürchtet um das Ansehen der Polizei:
    "Wir wollen alles dafür tun, damit dieses hohe Ansehen nicht beschädigt wird. Wenn Beamtinnen und Beamte dies tun, dann müssen wir mit aller Härte des Rechtsstaates auch gegen diese Beamten vorgehen."
    Vor dem Landtagsinnenausschuss in Wiesbaden wird morgen früh vor allem der hessische CDU-Innenminister Peter Beuth aufzeigen müssen, wie der Rechtsstaat auf den Polizeiskandal reagiert.