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Reihe: "Auf der Suche nach dem Wir" (Teil V)
Solidarität muss man sich leisten können

Wie können Empathie und Solidarität in eine Gesellschaft zurückkehren, die mehr und mehr auf Leistung und Konkurrenz ausgerichtet ist? Der Mensch werde als soziales Wesen geboren, sagt die Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack. Er dürfe diese Eigenschaft aber nicht verlernen.

Barbara Prainsack im Gespräch mit Stefan Koldehoff |
Die Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack
Die Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack (© Gregor Hofbauer/Brandstätter Verlag)
Zu Beginn der Pandemie-Krise habe es in Deutschland wie in Österreich so etwas wie einen Aufschwung der Solidarität gegeben, sagte Barbara Prainsack, Professorin für vergleichende Politikfeldanalyse, im Deutschlandfunk:
"Auf der Ebene der Mensch-zu-Mensch-Solidarität, also der von Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld gelebten Solidarität. Das hat sich dann gewandelt, hat aber nicht bedeutet, dass andere Formen in den Hintergrund getreten sind."
Die Leiterin des Instituts für Politikwissenschaften an der Universität Wien, zu deren Schwerpunkten die Gesundheitsforschung zählt, hält dabei gemeinschaftliche Aktionen für wichtig:
"Um gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, könnten für manche Menschen Rituale wie das anfangs allabendliche Applaudieren am offenen Fenster sehr wichtig sein. Weil man sich dann als Teil einer größeren Gesellschaft oder Gemeinschaft fühlt."
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Drinnen und draußen

Das Wort Gemeinschaft signalisiere allerdings auch den problematischen Aspekt: Es gebe ein Drinnen und ein draußen – und das schließe manche Menschen aus. Die Bereitschaft zur Solidarität sei dem Menschen zwar durchaus angeboren, sie müsse aber auch immer wieder erlernt werden und könne auch verlernt werden:
"Menschen sind soziale Wesen, kooperatives Verhalten, gegenseitige Unterstützung macht auch etwas mit den Menschen, die sie geben. Das formt, wer wir sind. Wir sind relationale Wesen, deren Identitäten durch die Beziehungen zu anderen Wesen geformt werden.
Die Bereitschaft dazu hänge aber auch davon ab, ob man sich das Unterstützen Anderer leisten könne:
"Müssen wir uns um das Dach über dem Kopf oder das Essen auf dem Teller Sorgen machen? Die Grenze zwischen mir und den Anderen ist sozial gemacht. Das ist der Teil des Angelernten."
Ein lachender Großvater trägt ein Mädchen auf den Schultern. Es hält ihm zwei weiße Blumen vor die Augen.
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Grundrecht menschenwürdiges Leben

Prainsack plädiert deshalb auch für ein bedingungsloses Grundeinkommen:
"Wenn wir davon ausgehen, dass es ein Menschenrecht sein sollte, dass jeder Mensch genug für ein menschenwürdiges Leben hat, dann wäre eine bedingungslose Grundsicherung, die nicht an den Erwerbsstatus gekoppelt ist, zeitgemäß.
Das bedeute keine Alternative zur Erwerbsarbeit und keine "Stilllegungsprämie für die Menschen":
"Ich gehöre zu jenen, die davon überzeugt sind, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen die soziale, die politische und auch die Teilhabe in der Erwerbsarbeit erleichtern kann."
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