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Sportberichterstattung
Warum es keine Reporterlegenden mehr gibt

Mit Ernst Huberty und Heinz-Florian Oertel sind kürzlich zwei Sportberichterstatter gestorben, die als Reporterlegenden bezeichnet werden. Ein Status, der heute nicht mehr zu erreichen ist, sagt Sozialhistoriker Franz-Josef Brüggemeier im Dlf.

Franz-Josef Brüggemeier im Gespräch mit Marina Schweizer |
Ernst Huberty, erster Moderator der ARD Sportschau, ist am 23. April 2023 im Alter von 96 Jahren verstorben.
Ernst Huberty, erster Moderator der ARD Sportschau, ist am 23. April 2023 im Alter von 96 Jahren verstorben. (imago stock&people / imago stock&people)
Zwei Männer, die die Sportberichterstattung in Deutschland geprägt haben, sind in den vergangenen Wochen verstorben. Ende März starb Heinz-Florian Oertel, eine der bekanntesten Person im DDR-Fernsehen. Mitte April verstarb Ernst Huberty, erster und langjähriger Moderator der ARD Sportschau. Oertel war 95 Jahre alt, Huberty 96 Jahre alt.
In den Nachrufen auf beide immer wieder präsent: der Begriff "Reporterlegende". "Das steht sicherlich dafür, dass die Personen von denen wir sprechen, Ernst Huberty und Heinz-Florian Oertel und auch andere, die man da nennen könnte, vor allem sehr sehr lange ihren Beruf ausgeübt haben und allein dadurch einen gewissen Nimbus erlangt haben", sagt der Sozialhistoriker Franz-Josef Brüggemeier im Deutschlandfunk. Brüggemeier (72) ist emeritierter Professor und Mitglied in der deutschen Akademie für Fußballkultur.

Medienlandschaft heute vielfältiger

Eine solche Dauerpräsenz einzelner Personen wie Huberty und Oertel würde es in der heutigen Sportberichterstattung nicht mehr geben, meint Brüggemeier: "Man weiß ja kaum noch, wer in welcher Sendung gerade den Hauptkommentar macht." Die Medienlandschaft sei zudem heute vielfältiger als damals: "Wer sich über Fußball und Sport allgemein informieren wollte, musste eben diese ein oder zwei Sendungen schauen, die es gab. Und das ist selbstverständlich heute ganz anders."

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Auch der kritische Sportjournalismus sei zu den Zeiten von Ernst Huberty noch nicht sehr ausgeprägt gewesen, sagt Brüggemeier: "Ernst Huberty war die personifizierte Sportschau und es gab sicher die ein oder andere distanzierte kritische Bemerkung. Aber einen kritischen Sportjournalismus und die Vielzahl von Kommentatoren, die sich gegenseitig voneinander absetzen müssen, das ist ziemlich neu."

Stil nicht entscheidend

Stilistisch haben sich Huberty und Oertel unterschieden. Während Huberty für seine Nüchternheit bekannt war, war es bei Oertel das Detailwissen und die Emotionalität. Ein bestimmter Stil mache aber noch keine Reporterlegende, meint Brüggemeier: "Man kann mit unterschiedlichen Reportagestilen als Sport- oder anderer Journalist bekannt werden. Ich glaube nicht, dass es da einen Stil gibt, den man unbedingt nehmen muss, um sich von anderen abzusetzen." Das zeige sich auch in der heutigen Medienlandschaft: "Gerade die Kommerzsender bieten in ihrer Berichterstattung verschiedene Stile an."
Brüggemeier glaubt, dass sowohl Huberty als auch Oertel in der heutigen Zeit nur noch Reporterlegenden werden könnten, wenn sich das Medienumfeld komplett zurückdrehe: "Beide haben ihren eigenen Stil gehabt. Sie müssten jedoch dafür sorgen, dass alle Konkurrenz ausgeschaltet wird und sie wieder diese Art Monopolstellung haben. Sonst kann ich mir das nicht mehr vorstellen."