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Rohingyas in Myanmar
Verfolgt, vertrieben, zum Nichtstun verurteilt

Vor drei Jahren kam es in der myanmarischen Stadt Sittwe zu gewalttätigen Ausschreitungen mit mehr als 200 Toten. Opfer der Attacken waren größtenteils Rohingyas, Angehörige der muslimischen Minderheit in Myanmar. Sie werden in der birmanischen Gesellschaft immer noch ausgegrenzt und verfolgt, sind Rechtlose. Aber die Rohingyas sind nicht nur die Opfer.

Von Udo Schmidt | 29.07.2015
    Muslimisch verfolgte Minderheit: Rohingyas in Myanmar
    Muslimisch verfolgte Minderheit: Rohingyas in Myanmar (Deutschlandradio / Udo Schmidt)
    Ein Stacheldrahtzaun steht rund um ein ganzes Viertel der Provinzhauptstadt Sittwe, an jeder Ecke sitzt oder steht ein Polizeiposten. Vor drei Jahren haben hier noch die muslimischen Einwohner der Hauptstadt der Provinz Rakhine gelebt, gleich an der Grenze zu Bangladesch: Rohingyas, die vor Generationen aus Bangladesch zugewanderte muslimische Minderheit, sowie Muslime, die schon sehr viel länger Teil der birmanischen Gesellschaft sind.
    Nun ist das umzäunte Viertel fast menschenleer. Im Sommer 2012 gab es hier heftige Gewaltausbrüche, bei denen mehr als 200 Menschen ums Leben kamen, die meisten von ihnen Muslime. Viele Straßenzüge wurden niedergebrannt, die meisten nur notdürftig wiederhergestellt. Die ehemaligen Bewohner sind entweder geflüchtet oder in Lagern untergebracht.
    Osman Kan lebt seit den Unruhen in einem Rohingya- oder Bengali-Dorf außerhalb Sittwes. "Bengalis", so nennen die Buddhisten die Muslime. Es zeigt, dass diese Muslime eigentlich aus Bangladesch kommen und zumindest nach Ansicht der buddhistischen Mehrheit Myanmars dort auch hingehören.
    Der 45-Jährige hat bei den Unruhen vor drei Jahren seine Familie verloren, seine Frau und sein Sohn kamen ums Leben. Seit mehr als drei Jahrzehnten besitzt Osman Kan die Staatsbürgerschaft Myanmars, er ist einer der wenigen Muslime in der Rakhine Provinz mit Ausweis. Trotzdem will er weg:
    "Wir können hier nicht mehr raus aus unserem Dorf, es wird jeden Tag schlimmer. Bisher hat eine Gelegenheit zur Flucht gefehlt. Wir leben schon so lange hier, es ist nicht einfach, zu gehen."
    Seit 1962 lebt die Familie von Osman Kan in Myanmar, mehr als ein Menschenleben, könnte man sagen. Nun aber sind mit dem Haus auch alle Dokumente verbrannt. Wie es mit der Staatsbürgerschaft weitergeht, wie es überhaupt weitergeht in der Provinz Rakhine, deren buddhistische Mehrheit die muslimische Minderheit ablehnt, häufig fürchtet, manchmal geradezu hasst, wie es weitergeht mit ihm, das weiß Osman Kan zur Zeit nicht.
    Ein Konflikt in tiefster Armut
    Asali Han sitzt neben Osman auf einem schiefen Rattan-Stuhl. Er ist etwa zehn Jahre jünger, aber seine Geschichte klingt ganz ähnlich:
    "Wir leben schon sehr lange hier, wir nennen uns Rohingyas. Als vor drei Jahren alles niedergebrannt ist, da mussten wir fliehen. Manche, wie wir, hierher, andere sind gleich ganz aus dem Land geflüchtet. Vielleicht machen wir das auch noch."
    Ende des Jahres wird gewählt wird in Myanmar. Dass sich dann - vielleicht - etwas ändert, daran glauben die Muslime rund um Sittwe nicht. Zumindest erwarten sie nichts vom Ausgang der Wahl. Aung San Suu Kyi, die Friedenspreis gekrönte Oppositionsführerin, hat hier nicht ihre treuesten Fans.
    "Wir bekommen hier von der Politik in der Hauptstadt nicht viel mit. Wir wissen wenig und wir erwarten wenig."
    Es ist ein Konflikt in tiefster Armut, der hier in und um Sittwe stattfindet.
    Es ist ein Konflikt zwischen bitterarmen Muslimen und fast genauso armen Buddhisten. Es ist ein Verteilungskampf um das wenige, das es hier im Westen Myanmars überhaupt zu verteilen gibt. Aber eindeutig ist, sagt Phil Robertson von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, ein langjähriger Kenner der Situation in Myanmar und insbesondere in der Rakhine Provinz, eindeutig ist, dass die Rohingyas die Verlierer sind:
    "Diese Rohingyas sind staatenlos, sie werden ausgesprochen schlecht behandelt. Es gibt eine geradezu verzweifelte Notwendigkeit, dass geholfen wird. Es ist inzwischen ein regionales südostasiatisches Problem, und das erfordert eine regionale Lösung."
    Ein buddhistischer Mönch hält seine Hand hoch, auf der Handfläche steht geschrieben: Rohingya No.
    Ein buddhistischer Mönch der Arakanese demonstriert gegen die Rohingya. (picture alliance / Narong Sangnak)
    Ein Flüchtlingslager außerhalb der Provinzhauptstadt Sittwe. Hier leben Muslime in einfachsten Hütten, seit drei Jahren schon. Ma Ten Shwe sitzt vor einer dieser Hütten und schützt ihr Kind mit den Händen vor der Sonne:
    "Es ist hier viel schlechter als früher in Sittwe. Es ist sehr schwer, hier zu leben. Aber zumindest ist niemand aus unserer Familie tot."
    Sicher ist, die Muslime hier im Camp sind staatenlos, seit Langem schon. Sie sind rechtlos, ohne Arbeit und Einkommen. Was sie sich wünschen, ist klar: Die Staatsbürgerschaft, ein Teil Myanmars werden. Zumindest die sogenannte "White Card" wollen sie, die zum Wählen berechtigt.
    Abdul Majid ist 68, er sei, so erzählt er, als muslimischer Bürger Myanmars geboren worden, damals, als es noch Birma hieß, dann, so erinnert er sich, wurde er irgendwann zum Rohingya erklärt:
    "Wir leben hier doch schon seit 70, 80 Jahren. Ich bin Bürger Myanmars. Wenn wir nicht die Staatsbürgerschaft bekommen, dann muss ich hier weg."
    Ma Ten Shwe, die Mutter aus dem Camp, ohne Staatsbürgerschaft, ohne Rechte, sieht es genauso:
    "Es sind einige von hier geflohen, aber jetzt geht das nicht mehr. Ich würde gern hier weggehen."
    Der 22-jährige Mon Tin Lai steckt voller Tatendrang, das sieht man ihm an. Aber er kann nichts tun, er sitzt hier, im Lager bei Sittwe, wichtige Jahre seines Lebens ab:
    "Wir können kaum arbeiten, nicht zum Fischen raus, uns fehlt schlicht das Geld für Benzin, um mit den Booten zu fahren. Uns fehlt alles."
    Ja, sagt Mon Tin Lai, natürlich verstehe er alle, die fliehen. Er sollte das vielleicht auch tun, fügt er hinzu:
    "Hier sind viele weg, Rohingyas, geflüchtet, manche auch umgekommen. Die Staatsbürgerschaft, das würde uns hier helfen."
    Muslime sind Verlierer im Konflikt
    Wenige Kilometer Luftlinie entfernt leben Buddhisten in Holzhäusern, die ihnen die Regierung hingestellt hat, als auch sie 2012 bei den Unruhen alles verloren. Häuser, Hütten, die denen der Muslime durchaus gleichen.
    Daw Sen Nu Sai lebt in einer dieser Hütten und betreibt seit Jahren einen kleinen Laden:
    "Das hier ist doch kein Zuhause. Wir waren es gewohnt, in einem Haus mit Bäumen vor der Tür zu leben. Hier ist nichts. Es ist sehr heiß und sehr anstrengend."
    Nein, sagt Daw Sen, sie hasse die Muslime nicht, die ihr Haus abgebrannt hätten, sie sei aber wütend auf sie:
    "Das liegt alles an den Bengalis. Ich möchte nicht mehr mit denen zusammenleben. Die sollen auch nicht mehr hier sein dürfen."
    Wai Wai Tun ist Vorsitzende des Rakhine Women Network, einer kleinen Frauenorganisation in Sittwe, der einzigen in der Region. Sie gibt Kurse in Selbstständigkeit. Sie lehrt einerseits, wie man ein eigenes kleines Geschäft eröffnet und erfolgreich betreibt, aber auch, wie man sich bei der allgegenwärtigen häuslichen Gewalt zur Wehr setzt - oder besser: wie man ihr entgeht. Wai Wai Tun ist so etwas wie die Speerspitze der kleinen intellektuellen, liberalen Schicht in der Provinzhauptstadt.
    "Das Problem fing mit den Unruhen 2012 an, aber es geht weiter, Mönche sollten damals umgebracht werden. Heute noch kommen die Muslime sehr aggressiv aus der Moschee. Manchmal werden Steine geworfen."
    Blick auf das Rohingya -Flüchtlingslager Teknaf in Bangladesch
    Das Rohingya -Flüchtlingslager Teknaf in Bangladesch (AFP PHOTO/Munir uz ZAMAN)
    Das ist die buddhistische Sicht der Ereignisse. Dabei ist Wai Wai Tun schon eine Ausnahme. Sie ist das kleine liberale Gewissen der Provinzstadt und gesteht den sogenannten Bengalis daher das Recht zu, in Sittwe zu leben. In gewissen Grenzen natürlich:
    "Wenn sie schon lange hier sind, dann haben sie natürlich das Recht zu bleiben, sofern sie sich an die Gesetze halten. Und dann haben sie auch Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis."
    ... falls man ihnen die zugesteht, falls sie Dokumente haben, die anerkannt werden, falls eine kommende neue Regierung vielleicht mehr Lösungswillen zeigt, mehr Kraft, die verfahrene Lage neu zu gestalten.
    Die Muslime in und um Sittwe sind die Verlierer in diesem Konflikt. Bisher zumindest, und ob sich das jemals ändert, ist noch nicht abzusehen. Sie sind völlig verarmt und viele auch verfolgt, ihre Rechtlosigkeit allein kommt Verfolgung gleich.
    Aber sie sind nicht nur die Opfer, die Wirklichkeit in Sittwe in der Provinz Rakhine ist nicht schlicht schwarz und weiß zu beschreiben. Bei genauem Hinsehen überwiegen die Grautöne.
    Protest gegen Vereinte Nationen
    Min Min im weit entfernten Rangun sieht das anders. Für den Geschäftsmann in der Metropole Myanmars ist die Lage klar, natürlich schwarz-weiß, und die Schuldfrage ist eindeutig:
    "Die Bengalis sind alle illegal eingewandert. Sie leben jetzt bei uns in Lagern und bekommen immer mehr Kinder. Wenn wir das geschehen lassen, dann sind wir bald alle Muslime."
    Min Min organisiert Demonstrationen gegen die Rohingyas, die er Bengalis nennt, er will sie alle zurückschicken nach Bangladesch. Tausende kommen zu seinen Kundgebungen; jedes Mal sind viele buddhistische Mönche unter den Demonstranten.
    Min Mins Protestzüge durch Rangun richten sich auch gegen die Weltöffentlichkeit, gegen die Vereinten Nationen, die zu Min Mins großem Ärger, und dem Ärger seiner buddhistischen Mitstreiter, von den Rohingyas als der "am meisten verfolgten Minderheit der Welt" sprechen und den Geflohenen den Weg zurück nach Myanmar ebnen wollen. Min Min, eigentlich ein friedlich wirkender Mensch, wird unruhig und laut:
    "Es geht ganz ausdrücklich gegen die UN, die alle Bootsflüchtlinge als Bewohner Myanmars bezeichnet. Die sprechen doch nicht mal birmanisch. Trotzdem sollen wir 1,3 Millionen Bengalis für immer in unserem Land aufnehmen. Und auch die anderen asiatischen Staaten, unsere Nachbarn, sehen das so, weil sie lieber nichts mit dem Problem zu tun haben wollen und keine Verantwortung zeigen."
    Min Min ist ein Mann der einfachen Botschaften. Das Leben lässt sich so besser erklären, und seinen Anhängern sind einfache Botschaften leichter zu vermitteln.
    Ba Da Na Paung Maw Kah ist buddhistischer Mönch, Vorsteher des Magwe Pa Yi Ya Thi Klosters am Rande Ranguns. Er hat auch schon an Demonstrationen teilgenommen, die Min Min organisiert hat. Allerdings würde er sich nicht als Anhänger Min Mins bezeichnen. Ba Da Na Paung Maw Kah folgt nur seinem Glauben und den rassistischen Hassformeln der radikalen 969er Bewegung buddhistischer Mönche, der auch er angehört. Die 969 unterstellen allen Muslimen, den Islam in Myanmar verbreiten zu wollen und verlangen von allen Buddhisten eine klare Abgrenzung, etwa dadurch, dass sie nicht mehr in muslimischen Geschäften einkaufen.
    "Die Rohingyas hier im Land lügen; sie kommen aus Bangladesch und behaupten nur, sie seien Rohingyas, weil ihnen die Vereinten Nationen das in den Mund legen."
    Ba Da na Paung Maw Kah lehnt Muslime ab, daraus macht er kein Geheimnis. Sie passten nicht in sein Land, in sein Myanmar, sagt der Mönch:
    "Sie respektieren als Muslime nicht unser Land, nicht unsere Flagge, vor allem nicht unsere Frauen."
    Und: Der Mönch macht Politik. Eine Staatsbürgerschaft, jede Form der Aufenthaltserlaubnis für die muslimischen Rohingyas oder Bengali, das sei mit ihm nicht zu machen:
    "Ich kann der Regierung nur sagen, wenn sie den Muslimen Ausweise ausstellt, dann werde ich alle Buddhisten auffordern, die Wahl zu boykottieren."
    Ob nun eigenständige Minderheit oder nicht, die Muslime im Westen Myanmars sind staatenlos, rechtlos, Vertriebene, die in ganz Myanmar keiner will. Bis zu den Parlamentswahlen im November wird sich daran nichts ändern. Phil Robertson von Human Rights Watch:
    "Die Regierung kann sich ja nicht einmal dazu durchringen, die Minderheit Rohingyas zu nennen. Derzeit leben 150.000 Muslime in Camps, festgesetzt, mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit, ohne ausreichende Lebensmittel und Wasser, nur von den Hilfsorganisationen betreut. Und auch die dürfen die Camps häufig nicht betreten."
    Haltung von Aung San Suu Kyi unklar
    Die Frage lautet: Wird sich an dieser Situation etwas ändern, wenn die Nationale Liga für Demokratie im November die Wahlen gewinnt - was allgemein erwartet wird - und Aung San Suu Kyi, die Friedensnobelpreisträgerin zwar nicht Präsidentin werden darf, aber zumindest die Fäden der neuen Regierungspolitik in den Händen hält?
    U Tin Oo ist der Mann hinter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Er ist sozusagen der "Strippenzieher" der Opposition und hin und wieder im Hauptquartier der Nationalen Liga für Demokratie in Rangun anzutreffen. Während sich Aung San Suu Kyi nicht zum Umgang mit den muslimischen Rohingyas äußert und sich damit den Unmut vor allem internationaler Unterstützer zuzieht, äußert sich der 88-jährige U Tin Oo - wenn auch nebulös - zur Frage eines möglichen Staatsbürgerrechtes für die Rohingyas, zur Frage also, ob die muslimische Minderheit in Myanmars Gesellschaft integriert werden sollte.
    "Die Regierung muss mit diesem Problem vorsichtig umgehen, sie muss die Identität der Einwanderer prüfen. Das Problem muss behutsam und gütlich gelöst werden."
    Aung San Suu Kyi steht vor vielen Mikrofonen.
    Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gab bei einer Pressekonferenz bekannt, dass ihre Partei bei den Wahlen im November antritt. (picture alliance / dpa / Saw Phoe Kwar)
    Wie genau das geschehen soll, sagt aber auch U Tin Oo nicht. Für eine Staatsbürgerschaft für die rund eine Million muslimische Rohingyas spricht er sich nicht aus, nur dafür, einigen mehr Rechte zuzugestehen. Dies hat auch die Regierung von Präsident Thein Sein bereits angeboten: Ein Aufenthaltsrecht, das in eine Staatsbürgerschaft übergehen kann, für die, die nachweisen können, dass ihre Familien seit drei Generationen im Land leben, und die bereit sind, sich "Bengalis" statt "Rohingyas" nennen zu lassen. Das Problem mit den Rohingyas, mit den Einwanderern aus Bangladesch, als die auch U Tin Oo die Muslime nahe der Grenze sieht, dieses Problem sei vor langer Zeit entstanden, sagt der führende Oppositionspolitiker:
    "Das Problem ist, dass beide Seiten Fehler gemacht haben. Die Regierung Myanmars und vor allem das Parlament haben die Einwanderer ins Land gelassen, weil man sich Wählerstimmen erhoffte. Dann sind die Einwanderer aber nicht wieder gegangen."
    Viele der Rohingyas, der Muslime, besaßen eine White Card, die sie zum Wählen berechtigte und die ihnen zumindest begrenzte Bürgerrechte verlieh. Diese White Card wurde allen inzwischen wieder abgenommen, ohne dass etwa Aung San Suu Kyi protestiert hätte. Die Lady könne sich dazu derzeit nicht äußern, sagt U Tin Oo:
    "Sie ist die Oppositionsführerin. Wenn sie von Rohingyas sprechen würde, dann gäbe es sofort einen Haufen Probleme mit den Buddhisten im Rakhine State. Deswegen bezeichnet auch sie die, die bereits lange dort leben, als bengalische Muslime."
    Ausgrenzung der Rohingya hat Geschichte
    Im November wird in Myanmar gewählt. Aung San Suu Kyi will gewinnen, das wird sie wohl auch, sie möchte es sich mit den Buddhisten im Westen aber nicht verderben. Also schweigt sie, was diesen Konflikt angeht.
    Min Min, der in Rangun die Demonstrationen gegen die Rohingyas organisiert, bestätigt die Sorge der Lady auf seine Art. Er, sagt Min Min, werde Daw Suu nicht wählen:
    "Ich mag Aung San Suu Kyi nicht, ich kann ihr nicht vertrauen. Sie ist den Muslimen viel zu nahe, sie ist an ihrer Seite."
    Sicher ist: Schon immer wurden die Rohingyas, ob nun eigenständige Ethnie oder nicht, hin- und her gestoßen. Schon immer wurden sie als illegal eingewanderte Bengalis bezeichnet. 1941 etwa war ein Drittel der Einwohner Sittwes, das damals noch Akyab hieß, muslimischen Glaubens, fast alle zugewandert. Die Wirtschaft boomte, und die buddhistischen Arakenese hatten Angst, die Kontrolle zu verlieren. Also wurden die Zugewanderten als Illegale abgestempelt. Eine Geschichte, die sich nun zu wiederholen scheint.
    Den Muslimen in der Provinz Rakhine, die in völlige Armut gezwungen werden, die zum Nichtstun verurteilt sind, sind solche historischen Wurzeln im Moment völlig egal. Sie warten händeringend auf eine Perspektive, auf die Möglichkeit, das eigene Leben selber gestalten zu können - sie warten schlicht darauf, Geld zu verdienen. Und das heißt auch, menschenwürdig zu leben. Leben zu dürfen.