Britta Wend spielt schon seit Kindestagen Tennis. Nach einem Arbeitsunfall vor vier Jahren fing sie mit Rollstuhltennis an. Mittlerweile ist sie die zweitbeste deutsche Spielerin in der offenen Damenklasse. Und hat eine Chance in Paris nächstes Jahr dabei zu sein: „Genau das ist im Moment das große Ziel, mich für die Paralympics nächstes Jahr in Paris zu qualifizieren. Ob ich das schaffe, werde ich sehen. Der Qualifikationszeitraum dauert noch ein bisschen. Ich bin aber sehr zuversichtlich“
Die Qualifikation im Rollstuhltennis läuft in erster Linie über die Weltranglistenposition. In der Damenklasse muss man am Stichtag der Vergabe für Paris mindestens Platz 15 der Weltrangliste erreicht haben. Ungefähr anderthalb Monate vor Beginn der Wettkämpfe werden die Paralympics-Tickets vergeben.
Wer so weit oben stehen will muss bei internationalen Turnieren Punkte sammeln, also erfolgreich sein. Und das stellt Athletinnen wie Britta Wend oft vor finanzielle Herausforderungen: „Das Problem ist, dass Rollstuhltennis einfach ein sehr teurer Sport ist. Wir müssen durch die Welt reisen, um dort Turniere zu spielen, und da sind finanzielle Mittel einfach leider erforderlich“
Förderung erst nach selbstfinanzierten Erfolgen
Die Kosten müssen gerade Newcomer selbst tragen. Sie brauchen erste sportliche Erfolge, damit sie ins Fördersystem des Deutschen Behindertensportverbands fallen. Auch Britta Wend musste in der Übergangsphase vom Breiten- zum Leistungssport selbst Geld in die Hand nehmen:
„Die Förderung beim DBS kann mit Sicherheit optimiert werden. Gerade in den Anfängen. Wenn man einmal ein gewisses Level erreicht hat, bekommen wir finanzielle Förderung über die Sporthilfe zum Beispiel und auch über den Verband. Der Einstieg ist schwierig."
Woran liegt das? Die Zuständigkeiten für den Paralympische Sport sind in Deutschland auf mehrere Verbände aufgeteilt. Im Rollstuhltennis ist der Deutsche Tennis Bund für die Nachwuchsförderung und den Breitensport zuständig. Für den Leistungssport ist es wiederum der Deutsche Behindertensportverband. Dieser muss die vom Bundesministerium des Innern bereitgestellten Fördergelder auf alle paralympischen Sportarten bestmöglich verteilen. Dazu erhalten, laut dem Verband erfolg- und perspektivreiche Athleten und Athletinnen eine zusätzliche Förderung. Die wird über die Sporthilfe ausgezahlt. Auch Britta Wend bekommt inzwischen diese Förderung.
Viel weniger Preisgeld
Laut Trainer Niklas Hoefken reichen diese Förderungen aber nicht aus, um die anfallenden Kosten im Rollstuhltennis zu bezahlen und gleichzeitig davon zu leben. Ein echtes Profileben ist nicht möglich, weil im Rollstuhltennis nicht genug verdient werden kann:
„Ein Rollstuhltennisspieler oder eine Rollstuhltennisspielerin hat eigentlich genau die gleichen Ausgaben, aber viel, viel weniger Preisgeld. Das heißt, jedes Turnier, das man spielt, das ist eigentlich von vornherein ein Minusgeschäft. Und dazu kommt dann eben noch die erhöhte Materialbelastung durch das Sportgerät Sportrollstuhl, der leider in Deutschland auch vom Sozialträger oder von Krankenversicherung nicht gezahlt wird.“
Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen keinen Sportrollstuhl, weil das nicht in ihren Leistungsbereich fällt, sie müssen es also nicht. Die Unterstützung generell sei unzureichend kritisiert Niklas Hoefken:
„Das heißt, wir konkurrieren weltweit mit echten Profis, die sich auf ihren Sport hundertprozentig konzentrieren können. Eine entsprechende finanzielle Absicherung von Zuhause, von ihren Verbänden, von Sponsoren haben. Und wir müssen eben mit denen Konkurrenz treten und probieren, das Beste herauszuholen aus diesem Halbzeit-Leistungssportlerinnen-Dasein.“
In den Niederlanden und England alles unter einem Dach
Es gibt also Länder, in denen die Sportart professioneller betrieben werden kann, als in Deutschland. Das bestätigt auch Spielerin Britta Wend: „Da sind die Niederlande mit Sicherheit zu nennen. Da ist Großbritannien zu nennen. Japan, das sind so Vorzeigeländer, in denen die Förderung sehr gut funktioniert. Und es führt auch zu den Erfolgen. Das sind auch die Top-Nationen in den Weltranglisten.“
Aber es geht den beiden nicht allein um Geld: Auch um optimale Trainingsbedingungen. Länder wie die Niederlande und England haben dazu alles unter einem Dach. Das heißt, dass olympischer und paralympischer Sport in allen Leistungsbereichen in einem Verband gebündelt sind. Anders als in Deutschland. Laut Trainer Niklas Hoefken müssten der deutsche Tennis-Bund und der Deutsche Behindertensportverband ihre Zusammenarbeit weiter verbessern, um es Rollstuhltennisspielern und Spielerinnen überhaupt zu ermöglichen, die Norm für die Paralympics- Qualifikation zu erreichen und Medaillenchancen mitzubringen:
„Wir haben jetzt nur die Möglichkeit auf good-practice-Beispiele aus anderen Ländern zu verweisen, wo es vielleicht ein bisschen besser läuft, ein bisschen erfolgreicher läuft, wo man dann noch argumentieren kann: 'Tja, Leute, ihr wollt Medaillen von uns haben, dann müsstet ihr aber auch die Strukturen für uns verbessern, also für uns Trainer in und für unsere Sportler.' Das ist allerdings ein langer Prozess. Ja, und wir probieren da einfach nicht müde zu werden.“