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Romney ist für viele Republikaner "ideologisch suspekt"

Um das Weiße Haus zurückzugewinnen, müsste die Republikanische Partei wieder mehr in die Mitte rücken, sagt der Direktor des Aspen Institute, Charles King Mallory. Dafür sei Mitt Romney der richtige Kandidat. Ob der rechte Flügel der Partei ihn mittrage, sei allerdings ungewiss.

Charles King Mallory Im Gespräch mit Bettina Klein | 04.01.2012
    Bettina Klein: Vier Stimmen trennen Sieger und Zweitplatzierten bei den Vorwahlen der Republikaner im US-Bundesstaat Iowa. Mit vier, in Worten vier Stimmen liegt Rick Santorum vor Mitt Romney. Das berichtet der Fernsehsender CNN im Augenblick. Dies ist ein Ergebnis, was es noch nie zuvor in dieser Art und Weise in der Geschichte gegeben hat. Ein Wahlkreis in Iowa ist noch nicht ausgezählt. Eine offizielle Reaktion der Republikaner in Iowa wird erwartet. Das Signal so uneindeutig wie dieser ganze bisherige Wahlkampf, der keinen klaren Favoriten erbracht hat, sondern nur einen jeweils immer neuen Liebling des Monats. Zweimal 25 Prozent also, 29.968 Stimmen für Rick Santorum, 29.964 Stimmen für Mitt Romney. – Zugeschaltet ist uns aus Berlin der Direktor des Aspen-Instituts, Charles King Mallory. Schönen guten Morgen!

    Charles King Mallory: Guten Morgen, Frau Klein.

    Klein: Mr. Mallory, erklären Sie uns diese Unentschiedenheit Ihrer Parteifreunde?

    Mallory: Es hat damit zu tun, glaube ich, dass die Basis nicht wirklich begeistert ist mit der Auswahl, die vorgelegt wurde, von möglichen Kandidaten. Der Spitzenkandidat Romney ist ideologisch suspekt für viele in dem evangelikalischen rechten Flügel der Partei, weil er Mormone ist, weil er eine sehr ähnliche Gesundheitsreform ausgeführt hat in Massachusetts wie der Obama, und weil seine Position, was die Abtreibung angeht, was ja sehr wichtig ist in dieser Gruppe, nicht sehr klar ist. Deswegen haben wir diese Schwankung hin und her gesehen, dass man vergebens nach einem möglichen Ersatzkandidaten gesucht hat.

    Klein: Das Ergebnis oder dieses ja noch nicht ganz feststehende Ergebnis, aber der Wahlausgang in jedem Fall, dieser knappe Wahlausgang, könnte ja selbst noch einigen Sprengstoff bergen. Mit welchen Reaktionen der republikanischen Partei rechnen Sie jetzt?

    Mallory: Na ja, es geht ja gleich weiter nach New Hampshire und dann nach South Carolina und es wird sich herausstellen, ob Herr Santorum wirklich die nötige Organisation und Finanzierung hat, um von diesem Sieg zu kapitalisieren und Momentum aufzubauen. Dasselbe gilt übrigens für Ron Paul. Ich rechne damit, dass wir schnell sehen werden, dass in New Hampshire es vielleicht dem Romney ein bisschen besser geht, in South Carolina aber höchst wahrscheinlich nicht, weil das viel rechter ausgeprägt ist. Dann gibt es eine Pause für einen Monat und dann am 6. März haben wir, glaube ich, zehn Zwischenwahlen auf einem Tag, Super Tuesday, und das wird natürlich auch etwas. Ich rechne damit, dass South Carolina und Super Tuesday die ausschlaggebenden Aussagen werden, was diese Kandidaturen angeht.

    Klein: Meine Frage zielte so ein bisschen auf die Reaktionen ab, die wir heute Morgen schon gehört haben von Newt Gingrich, der gerade kurz vor Weihnachten ein Hoch erlebt hatte. Es war sozusagen der jüngste Liebling des Monats. Gerade in Iowa und in anderen ersten Vorwahlstaaten lag er ja vorne in den Umfragen. Es gab dann die sogenannten negativen Fernsehkampagnen, wo man ihn persönlich auch angegriffen hat, andere Bewerber haben das getan, und er hat sich jetzt sehr verbittert eigentlich gezeigt und gesagt, das ist ein ungerechtes Ergebnis. Droht da auch innerhalb Ihrer Partei noch mal eine Zerreißprobe und unschöne Auseinandersetzungen, die im Grunde genommen dann den Demokraten nützen werden?

    Mallory: Diese Gefahr besteht immer. Es gibt aber natürlich auch das elfte Gebot von Ronald Reagan, wonach man nichts Schlechtes über ... Wir sagen nur Gutes übereinander. In dieser Vorwahlphase ist das immer die Gefahr, dass man es übertreibt und der Opposition einfach nur Material liefert für die Hauptwahlen. Herr Gingrich - wir werden sehen, wie standhaft auch seine Kampagne ist. Die Junkies, die das tagtäglich verfolgen, wissen ja, dass seine ganze Wahlkampfkampagne-Organisation schon einmal geplatzt ist, dass er nicht wahnsinnig gut finanziert ist, dass er es verspielt hat, in Virginia überhaupt dabei sein zu dürfen. Der Gingrich und sein Aufschwung, das ist noch mal dieses Phänomen eines vergebenen Suchens nach einem möglichen alternativen Kandidaten. Dazu muss man auch sagen, dass in Amerika die Medien auch ein Rennen haben wollen. Die wollen ein Rennen haben in dieser Vorwahlphase, weil das natürlich auch gut für sie wirtschaftlich ist. Aber im Grunde genommen hat Romney immer noch eine Chance, sich davon zu erholen, und der Herr Santorum hat davon profitiert, dass er ausschließlich, was man in der professionellen Sprache so nennt, einen Bodenkampf geführt hat. Es gibt einen Luftkampf und einen Bodenkampf und der Luftkampf ist über die Medien und der Bodenkampf ist, wo man sozusagen zu jeder Haustür geht und die Hände schüttelt, und das hat der Santorum in Iowa gemacht, im Unterschied zu den meisten anderen Kandidaten, und hat davon profitiert.

    Klein: Sind denn die anderen Kandidaten – Gingrich haben wir jetzt besprochen, auch Michele Bachmann, Rick Perry, die relativ weit hinten abgeschlagen gelandet sind, sich ja gleichzeitig vor Monaten noch große Hoffnungen gemacht haben gerade auf Iowa -, sind die damit im Prinzip schon weg vom Fenster?

    Mallory: Also auf jeden Fall abgewertet, würde ich sagen. Bachmann hat schon erklärt, dass sie weitermacht, Rick Perry hat erklärt, dass er sich es jetzt überlegt. Ich glaube, zwischen jetzt und dem 6. März wird man eine ziemliche Straffung des Feldes der Kandidaten sehen. Spätestens am 6. März wird es sich herausstellen, wer die zwei überlebenden Kandidaten sind.

    Klein: Wenn Mitt Romney tatsächlich der Kandidat werden sollte – er gilt ja nach wie vor als der einzige aus dem Bewerberfeld, der reale Chancen hätte, Barack Obama am 6. November 2012, in diesem Jahr also, zu schlagen bei der Präsidentschaftswahl -, womit kann er denn tatsächlich im November punkten gegen Obama?

    Mallory: Na ja, vor allem sein Hintergrund in der Wirtschaft, dass er eigentlich Erfahrung hat von Führung in der Wirtschaft, das ist bestimmt ein Vorteil, den er vorzeigen kann. Er kann natürlich auch darauf hinweisen, dass er exekutive Erfahrung hat als Gouverneur von Massachusetts. Ich glaube, weder das eine noch das andere hatte Barack Obama, als er angetreten ist. Aber er hat auch eine Reihe von Schwächen, die im Laufe dieser Vorwahlkampagne ein bisschen durchleuchtet werden. Sein Vorteil, dass er aus der Wirtschaft kommt, ist aber gleichzeitig leider ein Nachteil, weil er sein Vermögen bei Bain Capital verdient hat – hauptsächlich dadurch, dass er Firmen gekauft hat, Leute gefeuert hat und dann die Firmen weiterverkauft hat. Das werden die Demokraten ganz stark ins Spiel bringen.

    Klein: Also sie werden leichtes Spiel haben, ihn als eine Art Heuschrecke zu beschreiben?

    Mallory: Genau. Und er wird sagen, ich kann die Wirtschaft wieder in Ordnung bringen, und die werden sagen, ja, dadurch, dass sie 60 Prozent der Angestellten feuern, wunderbar.

    Klein: Woran liegt es eigentlich, Herr Mallory, dass sich die republikanische Partei noch immer nicht wirklich sortiert hat, wie es aussieht? Wir haben keinen starken Spitzenkandidaten, auch jetzt ja nicht erlebt. Es scheint so ein bisschen, dass diese letzten Bush-Jahre, die ja doch irgendwie auch an den Kräften der Partei gezehrt haben, eigentlich immer noch nicht überwunden sind. Welche Erklärung haben Sie dafür?

    Mallory: Ich würde zwei Gründe nennen. Zum ersten muss man sich wirklich überlegen, ob man sich so etwas aussetzen muss. Es gibt Kandidaten Midge Daniels oder Gouverneur Christy von New Jersey, die man sich wünschen würde, ...

    Klein: Der wollte aber nicht.

    Mallory: Die wollten nicht, weil sie ja wissen, was das bedeutet. Man muss Abermillionen an Geld aufsuchen, man wird einer ungeheueren Kritik ausgesetzt in den Medien, die ganzen Familien- und privaten Hintergründe werden durchleuchtet, das ist bestimmt ein Grund. Ein anderer Grund ist mehr philosophisch, und das hat damit zu tun, dass die Partei in den letzten Jahren ziemlich nach rechts gerückt ist, besonders unter Bush. Um das Weiße Haus wiederzugewinnen, muss die Partei wieder in die Mitte rücken. Aber nach den Zwischenwahlen, wo Obama, glaube ich, die schlimmste Niederlage in 70 Jahren eines sitzenden Präsidenten hatte, hat der rechte Flügel der Partei sich bekräftigt gefühlt und es ist der Partei deswegen nicht gelungen, den Schritt wieder in die Mitte, Richtung Mitte zu machen. Das würde sie mit einem Herrn Romney machen, aber es gibt sozusagen eine kognitive Dissonanz innerhalb der Partei. Dieser rechte Flügel, der ja der aktivste ist, will nicht ...

    Klein: Mit der Tea Party?

    Mallory: Ja, genau. Diese Gruppierungen, die so an der rechten Seite stehen, wollen nicht in die Mitte rücken. Man sagt bei uns, "they’d rather be right than president", sie hätten lieber recht, als Präsident zu sein, oder sie würden lieber rechts bleiben als Präsident werden.

    Klein: Das freut Obama?

    Mallory: Ja, natürlich. Und das ist eigentlich, was philosophisch vorgeht: ein Kampf innerhalb der Partei zwischen Pragmatisten, die wissen, dass es die unabhängigen Wähler sind, die den Präsidenten wählen, und um für die attraktiv zu sein, muss die Partei in die Mitte rücken, und da ist eindeutig Romney ein attraktiverer Kandidat. Aber es gibt eine ganz, ganz starke Kohorte, die das irgendwie als ideologischen Verrat sehen, besonders wo der Herr Romney in einigen sehr, sehr wichtigen Schlüsselpunkten ideologisch für die suspekt ist.

    Klein: Die Einschätzung von Charles King Mallory, Direktor des Aspen-Instituts in Berlin, zu den ersten Vorwahlen in Iowa. Ich bedanke mich für das Gespräch.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
    Rick Santorum, Ex-Senator aus Pennsylvania, nach den Vorwahlen der Republikaner in Iowa
    Rick Santorum, Ex-Senator aus Pennsylvania, nach den Vorwahlen der Republikaner in Iowa (picture alliance / dpa / Steve Pope)