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Rückkehr ins Flussbett

Der Lachs ist als Speisefisch beliebt und kann das ganze Jahr zu erschwinglichen Preisen gekauft werden. Möglich macht das die Aufzucht in Fischfarmen. Dagegen ist der atlantische Lachs, der in freier Natur aufwächst, vom Aussterben bedroht. Seit 2001 läuft im deutsch-dänischen Grenzgebiet ein Projekt zur Wiederansiedlung – mit Erfolg.

Von Annette Eversberg | 22.08.2006
    Der atlantische Wildlachs ist in den nördlichsten Flusslauf Schleswig-Holsteins, den Schafflunder Mühlenstrom nahe der deutsch-dänischen Grenze, zurückgekehrt. Der Anglerverein Schafflund, der das mit Unterstützung der Kieler Landesregierung betriebene Projekt in die Hand genommen hat, kann bereits nach Abschluss der ersten Phase gute Erfolge verzeichnen. Karsten Hansen:

    "Wir können feststellen, dass wir immer mehr Rückkehrer haben, dass sie sich in einem guten Zustand befinden. Es sind sogar Mehrjahreslaicher. Die Tiere sind optimal angepasst an unsere Gewässer. Und wir können feststellen, dass die ganze Flora und Fauna davon profitiert. Alles spricht dafür, dass dieses Gewässer in seinen natürlichen Zustand zurückversetzt werden kann durch den Fisch."

    Erreicht wurde dies vor allem durch den Rückbau von Hindernissen, die dem atlantischen Wildlachs seinen Weg versperren. Aber auch durch besondere Regeln für die Landwirtschaft. Je nach den Bedingungen der Bodenqualität, betont der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher:

    "In den Gebieten in Schleswig-Holstein, wo wir Gewässer haben mit einer Verästelung und eine sensible Bodenqualität, da fördern wir über Gewässerrandstreifenprogramme die Tatsache, dass eben diese Randstreifen nicht bewirtschaftet werden."

    Der Wildlachs selber sorgt für sein eigenes Gewässer. Dann wenn er aus dem Salzwasser des Atlantik im Oktober, November zum Laichen ins Süßwasser zurückkehrt. Dabei leistet er aus der Sicht von Fischwirtschaftsmeister Albrecht Hahn von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein ganze Arbeit:

    "Da sieht es so aus, dass bei der Laichtätigkeit, bei dem Anlegen von den Laichbetten der Gewässerboden richtig umgegraben wird. Laichbetttiefen von 60, 80 Zentimeter sind beim Lachs durchaus gängig. Und das Ganze auf einer Fläche von zwei bis sechs Quadratmetern. Und dadurch entsteht eine vom Wasser durchströmte Oberfläche, die einerseits für die Entwicklung der Lachseier notwendig ist, aber für die Natur eben bedeutet, dass sich eine ganz große Anzahl von Organismen ansiedeln kann, die ihrerseits das Wasser reinigt."

    Allerdings landet nur die Hälfte aller Eier in den Laichbetten. Die anderen werden mit der starken Strömung in der Herbstzeit verdriftet. Das ist kein Verlust, denn sie sind gleichzeitig die notwendige Nahrung für Gründlinge, Aale oder Flusskrebse. Auch denen verschafft die Rückkehr des atlantischen Wildlachses bessere Lebensbedingungen.
    Außerdem steht der schleswig-holsteinische Mühlenstrom nahe der deutsch-dänischen Grenze durch den Lachs wieder in Verbindung mit dem System von Flussläufen an der dänischen Westküste. Wie der Mühlenstrom selber fließen sie ihrerseits in die Nordsee. In Dänemark läuft ein staatliches Ansiedlungsprogramm für den Lachs. Zunächst kamen die Setzlinge aus Irland und Schottland. Doch dann machten die dänischen Biologen eine erstaunliche Entdeckung, erläutert Gerd Holdensgaard vom Center for Vildlaks in Randers:

    "Sie fanden doch tatsächlich einen anderen Stamm von Lachsen in den Flüssen. Und es war der ursprüngliche Stamm dänischer Lachs. Bei der Suche in den Archiven stellten sie fest, dass die Lachse, die in den 20er und 30er Jahren in den Flüssen lebten, genau dieselben waren wie heute. Dann haben wir unser Programm geändert. Von 2000 an durften nur noch dänische Wildlachse angesiedelt werden. Das Ansiedlungsprogramm mit irischen und schottischen Lachsen in dänischen Flüssen stellten wir ein für alle mal ein."

    Die Wildlachsstämme bleiben ziemlich stabil. Zwischen denen, die zum Laichen in die jeweiligen Flüsse in Dänemark und in den Mühlenstrom nach Schleswig-Holstein kommen, bestehen nur geringfügige genetische Unterschiede. Das würde sogar noch für die Elbe gelten. Albrecht Hahn:

    "Auch hier fangen Programme an zu laufen, die sich aber auch an dem dänischen Projekt orientieren und einen Kontakt nach Dänemark suchen. Je enger die Nachbarschaften sind, desto enger und sicherer sind die Verbindungen. Steril in sich abgeschlossene Neuanfänge brauchen sehr viel mehr Zeit und können auch mal von Misserfolg gekrönt sein."