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Russischer Gesandter
"Spiele werden von Russland gut vorbereitet"

Terrorgefahr, Umweltverschmutzung, Korruption - die Kritik an den Olympischen Spielen in Sotschi ist umfangreich. Zu Unrecht, sagte der Stellvertreter des russischen Botschafters in Berlin, Oleg Krasnizkij, im DLF. Russland könne Olympia.

Oleg Krasnizkij im Gespräch mit Christoph Heinemann | 07.02.2014
    Sportanlage in Sotschi (mit Fahnen) vor Beginn der Olympischen Spiele
    Russland habe in Sotschi auch in die Entwicklung der Region und des ganzen Landes investiert, erklärte der russische Gesandte Oleg Krasnizkij. (dpa / picture alliance / Iliya Pitalev)
    Christoph Heinemann: Citius, altius, fortius - das ist der klassische olympische Dreiklang: schneller, höher, stärker. Karius gehört ebenfalls längst zu den Eigenschafts- oder Beiwörtern großer Sportveranstaltungen, also teurer. Medien berichten über Kosten von rund 40 Milliarden Euro für die 22. Olympischen Winterspiele, die heute im russischen Sotschi eröffnet werden, und zwar um 17:14 Uhr unserer Zeit. Dann ist es in Sotschi nämlich 20:14 Uhr in Anspielung auf das Jahr 2014.
    Am Telefon ist Oleg Krasnizkij, der Gesandte der Botschaft der Russischen Föderation in Deutschland. Der Gesandte, das ist der Stellvertreter des Botschafters. Guten Morgen!
    Oleg Krasnizkij: Guten Morgen, Herr Heinemann.
    Heinemann: Herr Krasnizkij, die Wochenzeitung "Die Zeit" fragt in dieser Woche: Darf man sich eigentlich über ein Sportfest freuen, über dem ein solcher Schatten liegt, wie über diesem? Und dann kommt's: Terrorgefahr, Umweltsauereien - das steht da so -, Zwangsumsiedlungen, Kostenexplosion und Korruption, Homophobie, mundtot gemachte Kritiker. Frage an Sie: Freuen Sie sich auf die Spiele?
    Krasnizkij: Ja. Wir freuen uns auf die Spiele riesig und es ist in wenigen Stunden so weit. Es wird eine große Feier geben und ich gehe davon aus, dass auch die ganze Welt, die Zuhörer in Deutschland und Zuschauer, die Fans, mit uns dieses Großereignis im Sport miterleben werden.
    Heinemann: Trotz Terrorgefahr, Umweltsauereien, Zwangsumsiedlung, Kostenexplosion, Korruption, Homophobie, mundtot gemachter Kritiker?
    Krasnizkij: Ja. Die Vorbereitung ist bereits abgeschlossen und die Eindrücke von dort, vom Ort sind eigentlich gut. Es gab allerlei Spekulationen im Vorfeld. Es gab auch Kritik. Wir begrüßen die Kritik, wenn die angemessen ist und zielführend ist und konstruktiv ist, und nicht immer war das der Fall. Aber die Spiele werden von Russland gut vorbereitet und wir sind sicher, dass Russland die Olympiade kann.
    Heinemann: Welche Kritik war nicht angemessen und zielführend?
    Krasnizkij: Die, die überproportional war aus meiner Sicht. Das war eine große Aufbauleistung von Russland, die Spiele so vorzubereiten. Die Investitionen waren auch sehr groß. Es ist an diesem Ort in Sotschi Sportstruktur entstanden, so auch industrielle Infrastruktur, Transport-Infrastruktur. Das kostete alles Geld und man hat da investiert, nicht nur in Entwicklung, sondern auch von Sport, von der olympischen Bewegung, auch für die Entwicklung der Region und des ganzen Landes Russland.
    Große Ehre für Russland
    Heinemann: Herr Krasnizkij, haben Sie Verständnis dafür, dass Francois Hollande und Joachim Gauck diese Spiele nicht besuchen wollen?
    Krasnizkij: Ja. Das ist eigentlich die Sache von diesen Präsidenten. Die haben Terminkalender, Herr Gauck ist jetzt auf einem Staatsbesuch in Indien, also das ist normal, dass nicht alle diesem Fest beiwohnen können. Aber sonst sind dort bis zu 40 Staats- und Regierungschefs vertreten, 70 Delegationen aus allen Ländern. Insgesamt nehmen teil an der Olympiade 88 Länder und das ist schon riesig, was wir haben.
    Heinemann: Welche Kritik war denn angemessen und zielführend?
    Krasnizkij: Es gab viele kritische Bemerkungen. Wir werden aber auch sehen, was an dieser Kritik angemessen war, in wenigen Stunden und in wenigen Tagen.
    Heinemann: Herr Krasnizkij, sind das Putins Spiele?
    Krasnizkij: Aus meiner Sicht ist das ein internationales sportliches Großereignis. Es war eine große Ehre, an Russland die Spiele zu vergeben, und das Land hat sich bemüht, mit dem Präsidenten, der ein großer Sportfreund ist, und er hat auch persönlich sich für die Vorbereitung der Olympiade tatkräftig eingesetzt. Daran sehe ich eigentlich keine Mängel.
    Heinemann: Ist Sotschi im übertragenen Sinne ein Potemkinsches Dorf? Sollen mit dem Glanz die vielen rechtsstaatlichen Mängel in Russland in den Schatten gestellt werden?
    Krasnizkij: Eher umgekehrt. Diese Investitionen und die ganze Stimmung, die die Spiele erzeugen, wird dem Land guttun. Da bin ich sicher.
    Heinemann: Dürfen sich Schwule und Lesben in Sotschi öffentlich küssen?
    Krasnizkij: Es gibt allerlei Gerüchte und Spekulationen über diese Gesetzgebung, die die Propaganda der Homosexualität und Pädophilie verbietet, und das Ziel war eigentlich Schutz der Kinder.
    Heinemann: Was ist denn erlaubt und was nicht?
    Krasnizkij: Es gibt keine Diskrimination der Homosexuellen in Russland. Solche Strafparagrafen sind seit 1993 abgeschafft. Und die Kritik, mit der wir hier zu tun haben, ist sehr übertrieben.
    Heinemann: Also konkret: Schwule und Lesben dürfen sich öffentlich küssen in Sotschi?
    Krasnizkij: Aus meiner Sicht gibt es da keine Probleme.
    Von Sklavenarbeit kann keine Rede sein
    Heinemann: Okay. Sie haben die Berichte gelesen über die vielen Arbeiter, die in den vergangenen Jahren geschuftet haben und die nicht bezahlt wurden. Wer ist dafür verantwortlich?
    Krasnizkij: Ja, ich habe diese Berichte auch mitverfolgt, in den westlichen Medien, auch bei uns in Russland. Das ist eigentlich ein Problem, bekanntes Problem, dass es illegale Migration gibt. Die gibt es nicht nur in Russland. Was die Sportobjekte anbetrifft, Aufbauarbeiten, da war alles rechtens und alle waren entlohnt. Über diese Sklavenarbeit kann man die Rede nicht führen.
    Heinemann: Alle Arbeiter wurden korrekt entlohnt?
    Krasnizkij: Aus meiner Sicht ja. Andere Informationen haben wir nicht. Wenn diese uns zugestellt werden können, werden die überprüft von zuständigen Instanzen.
    Heinemann: Herr Krasnizkij, in Sotschi wird Wladimir Putin auch seinen Amtskollegen Wiktor Janukowitsch aus der Ukraine treffen.
    Krasnizkij: Ja, das stimmt.
    Heinemann: Welche Interessen verfolgt Russland in der Ukraine?
    Krasnizkij: Für Russland ist die Ukraine ein Nachbarland, erstens, und ein Volk, das sehr nahe verwandt mit den Russen ist. Wir haben eine gemeinsame Geschichte, wir haben eine gemeinsame Mentalität und das wird auch so bleiben. Deswegen liegen uns die Probleme dieses Landes auch sehr nahe. Es gab vor Kurzem dort Unruhen, es gab dort Gewalt…
    Heinemann: Gibt es immer noch!
    Krasnizkij: Jetzt hat sich die Situation etwas beruhigt. Es gibt den intensiven politischen Dialog und wir sind der Hoffnung, dass der Präsident und die Opposition sich einigen können auf die Beilegung dieser politischen Turbulenzen in friedlicher Form und dass dabei auch die Gesetze befolgt werden.
    Heinemann: Sind die Anliegen der Opposition berechtigt?
    Krasnizkij: Es gibt solche Sachen, die friedlich zur Sprache gekommen sind. Die friedlichen Demonstrationen gibt es und man kann da keine Einwände haben. Die Macht muss dann reagieren auf solche Sachen, im Rahmen der Gesetzgebung, wie gesagt. Was die Gewalt anbetrifft auf den Straßen, das ist der falsche Weg, und deswegen warten wir darauf, welchen Kurs die neu eingesetzte ukrainische Regierung einschlagen wird. Wie gesagt: Es ist noch nicht so weit.
    Politische Lösung für Ukraine
    Heinemann: Gewalt ist der falsche Weg, sagen Sie. Sollte ein Präsident, sollte eine Regierung, deren Sicherheitskräfte Andersdenkende zusammenschlägt, sollte die Regierung im Amt bleiben?
    Krasnizkij: Diese Regierung ist bereits, die letzte Regierung von Asarow ist bereits abgetreten. Jetzt gibt es dort eine Interimsregierung. Was die Gewalt anbetrifft, so gab es auch Gewalt gegen die Sicherheitskräfte, gegen die Polizei. Es gab Besetzungen von Regierungsgebäuden. Jetzt ist das ganze Zentrum der Stadt weiterhin in ein Protestlager umgewandelt, wo auch viele Militante sind.
    Heinemann: Hat der Präsident noch eine politische Zukunft?
    Krasnizkij: Wohl ja, weil er Unterstützung genießt in verschiedenen Gebieten der Ukraine, und wie gesagt, da muss eine politische Lösung gefunden werden. Welche, das ist die Sache der Ukrainer, und die Einmischung von außen ist da eigentlich nicht geboten.
    Heinemann: Nun hat das russische Außenministerium am Montag gesagt und die Opposition gewarnt, sie sollten die Gesetze respektieren, Drohungen und Ultimaten an die Staatsführung, das ginge gar nicht. Was ist das, wenn nicht Einmischung in innere Angelegenheiten?
    Krasnizkij: Es ist keine Einmischung, es ist eine Einschätzung der Situation.
    Heinemann: Wenn man die Opposition warnt? Entschuldigung!
    Krasnizkij: Und was die Einmischung anbetrifft, es gibt sehr viele Reisende in Kiew aus dem Ausland, die sich ganz konkret mit den Protestierenden solidarisieren.
    Heinemann: Herr Krasnizkij, ganz zum Schluss ganz kurz zum Sport zurück. Welche ist Ihre Lieblings-Wintersportart?
    Krasnizkij: Herr Heinemann, das ist eine sehr gute Frage. Für mich steht Eishockey hoch, ich habe selber als Kind gespielt. Sonst als Zuschauer kann ich sehr gerne Biathlon zusehen und Ski Alpin.
    Heinemann: Oleg Krasnizkij, der Gesandte der Botschaft der Russischen Föderation in Deutschland. Danke schön für das Gespräch, ein Kompliment für Ihre Deutschkenntnisse und auf Wiederhören.
    Krasnizkij: Vielen Dank! Auf Wiederhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.