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US-Basketballstar
Brittney Griner wird zum Politikum

Die US-Basketballerin Brittney Griner sitzt seit über einem Monat in Russland wegen mutmaßlichen Drogenbesitzes in Haft. Aus den USA werden die Vorwürfe lauter, dass die Sportlerin von russischer Seite für politische Zwecke instrumentalisiert werde.

Von Raphael Späth | 19.03.2022
Calling for release WNBA star Brittney Griner
Aktivisten halten Schilder für die in Russland inhaftierte US-Basketballerin Brittney Griner hoch. Die Demonstranten in Los Angeles setzen sich für die Freilassung von Griner ein. (dpa / picture alliance / Ringo Chiu)
Brittney Griner gilt als eine der besten Basketballerinnen der Welt. In der WNBA spielt sie für Phoenix Mercury, in der Winterpause beim russischen Verein Jekaterinburg. Während alle amerikanischen Spielerinnen nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine aus Russland geflüchtet sind, wird Griner im Februar schon bei der Einreise am Flughafen in Moskau festgenommen. Die Kartuschen ihrer E-Zigarette sollen angeblich Cannabis-Öl beinhalten.
„Russland ist sehr streng, wenn es um Drogen geht", erklärt Peter Maggs, der an der University of Illinois lehrt und sich intensiv mit den russischen Gesetzen auseinandergesetzt hat.
„In den USA kannst du Cannabis an jeder Straßenecke kaufen. In Russland zählt Cannabis als Betäubungsmittel, und wenn man genug davon besitzt, zählt das als große Menge.“

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Im schlimmsten Fall drohen fünf Jahre Arbeitslager

Und genau das werfen die russischen Behörden Brittney Griner vor: Schmuggel von großen Mengen an Betäubungsmitteln. In Russland ein schwerwiegendes Verbrechen.
„Die maximale Strafe nach dem russischen Strafgesetz sind fünf Jahre Arbeitslager. Im besten Fall könnten sie entscheiden, dass von ihr keine Gefahr ausgeht und ihr die Aufenthaltsberechtigung entziehen oder sie mit einer Geldstrafe belegen. Es gibt also einen großen richterlichen Ermessensspielraum.“

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Ein Prozess wurde Brittney Griner noch nicht in Aussicht gestellt, stattdessen wurde ihr Aufenthalt in Untersuchungshaft gerade bis zum 19. Mai verlängert.
„Dafür gibt es gibt zwei mögliche Gründe: Es könnte ein komplizierter Fall sein und muss mehr untersucht werden. In diesem Fall wäre das normal", erklärt Peter Maggs aus Illinois.
„Oder es handelt sich um einen Fall, der politisiert wurde und sie halten eine ausländische Person länger fest, um entweder Zugeständnisse zu bekommen oder zu entscheiden, ob sie politisch Härte oder Nachsichtigkeit zeigen sollten. Aber meiner Ansicht nach ist es komisch, dass sie Griners Inhaftierung verlängern, weil das eigentlich ein ziemlich eindeutiger Fall ist.“
Die US-Basketballerin Brittney Griner wurde Anfang März wegen angeblichem Drogenbesitz in Moskau verhaftet.
Die US-Basketballerin Brittney Griner wurde Anfang März wegen angeblichem Drogenbesitz in Moskau verhaftet. (dap / picture alliance / Richard Ellis)

Politisches Druckmittel im Sanktionskrieg?

„Ich habe keinen Zweifel daran, dass ihre Verhaftung und die Inhaftierung, die in die Länge gezogen wird, nur dazu da sind, um sie zu einer Geisel und zu einem Teil dieses Schachspiels zu machen. Ich glaube, dass Vladimir Putin und die Russen sie als Verhandlungsmittel nutzen wollen", sagt US-Senator Tim Kaine im amerikanischen Fernsehen.
Die PolitikerInnen in den USA sind sich einig: Griner ist für die russischen Behörden ein politisches Druckmittel im Sanktionskrieg mit den USA.
„Dieser Zollbeamte wusste ganz genau, dass er ihr auch einfach temporär die Aufenthaltsberechtigung hätte entziehen können, er hätte das, was sie angeblich im Besitz hatte, auch einfach konfiszieren und sie am Flughafen abweisen können", ergänzt Sheila Jackson Lee, die Abgeordnete aus Griners Heimatstaat Texas im Interview mit MSNBC.
„Aber ich weiß, dass sie als US-Bürgerin keinen Grund hatte, für eine so lange Zeit festgehalten zu werden. Wir wissen, dass in einem anderen Fall die Person innerhalb eines Monats wieder freigelassen wurde.“

US-Behörden erhalten erstmals Kontakt zu Griner

Inzwischen beschäftigt sich auch das US-Außenministerium intensiv mit dem Fall Griner. Was sich aufgrund der politischen Lage äußerst schwierig gestaltet, weil die diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und den USA derzeit quasi nicht existent sind. Immerhin: In dieser Woche durfte ein US-Diplomat erstmals mit Brittney Griner Kontakt aufnehmen.
„Der Berater, der Brittney Griner besucht hat, konnte verifizieren, dass es ihr den Umständen entsprechend gut geht“, vermeldet Ned Price, der Sprecher des US-Außenministeriums.
„Wir erwarten, dass das nicht der einzige Besuch war. Wir wollen zeitlich konstanten Zugang zu allen US-Bürgerinnen und Bürgern, die in Russland in Haft sitzen. Auch diejenigen, die noch auf einen Prozess warten. Das schließt Brittney Griner mit ein.“
Auch Russland-Experte Peter Maggs ist sich sicher, dass Brittney Griner derzeit von den russischen Offiziellen zum Politikum gemacht wird.
„Ich glaube, dass es zu einem gewissen Grad davon abhängt, wie sich die Situation in der Ukraine entwickelt. Wenn Putin das erhält, was er als angemessen ansieht, dann werden sich die Russen um alle anderen Kleinigkeiten sofort kümmern. Wenn es aber eine längere Pattsituation gibt oder Putin hart sanktioniert wird, dann wird es wohl etwas schwieriger in diesem Fall.“
Bis Mitte Mai sitzt Brittney Griner jetzt vermutlich noch in Untersuchungshaft. Den Start der Basketball-Saison in den USA wird Griner dadurch auf jeden Fall verpassen: In der WNBA wird ab dem 6. Mai wieder gespielt.