NATO
Rutte nennt Fünf-Prozent-Ziel "Quantensprung" - weitere 35 Milliarden Euro für die Ukraine zugesagt

Einen Tag vor Beginn des NATO-Gipfels in Den Haag hat Generalsekretär Rutte das neue Ziel für die Verteidigungsausgaben als Quantensprung bezeichnet. Zudem kündigte er neue Milliarden-Hilfen für die Ukraine an.

    Mark Rutte, Nato-Generalsekretär, spricht während einer Pressekonferenz im Nato-Hauptquartier in Brüssel.
    NATO-Generalsekretär Rutte kündigte an, dass die Ukraine auf weitere Militärhilfe aus dem Kreis der NATO-Staaten setzen kann. (Virginia Mayo / AP / dpa / Virginia Mayo)
    Dass künftig fünf Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgegeben werden sollten, sei ehrgeizig, historisch und grundlegend für die Sicherung der Zukunft, sagte Rutte.
    Die höheren Investitionen seien entscheidend, wenn es darum gehe, eine wirksame Abschreckung zu gewährleisten. Die 32-NATO-Mitglieder hatten sich gestern darauf verständigt, künftig mindestens 3,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung und 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur auszugeben.
    Wie aus Diplomatenkreisen verlautete, gab Spanien seinen Widerstand gegen die Pläne auf. Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez erklärte seither allerdings mehrmals, gemäß der erzielten Einigung müsse Spanien die fünf Prozent nicht erfüllen.

    USA fordern schon lange höhere Ausgaben

    Derzeit sieht das NATO-Ziel für die Verteidigungsausgaben jährliche nationale Ausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des BIP vor. Grund für die nun vereinbarte Erhöhung sind insbesondere die Bedrohungen durch Russland, aber auch die Forderung von US-Präsident Trump, dass die Europäer künftig die Hauptverantwortung für die konventionelle Abschreckung und Verteidigung auf ihren Kontinent übernehmen sollen.
    Trump hatte schon in seiner ersten Amtszeit immer wieder die aus seiner Sicht unzureichenden Verteidigungsausgaben der europäischen Alliierten kritisiert und diesen vorgeworfen, sich zu sehr auf den Schutz der USA zu verlassen. Mehrfach drohte er dabei sogar mit einem NATO-Austritt der USA. In den vergangenen Wochen hatte es wiederholt geheißen, Trump werde möglicherweise nicht zum NATO-Gipfel reisen, wenn es keine Einigung auf das Fünf-Prozent-Ziel gebe. 
    Deutschland hatte sich bereits im Mai bei einem NATO-Außenministertreffen in der Türkei hinter die Forderung von US-Präsident Trump gestellt. Zuletzt hatte im Kreis der NATO-Staaten nur noch Spanien Widerstand geleistet.

    Herausforderung für viele NATO-Länder

    Für zahlreiche Nato-Staaten stellt die neue Zielvorgabe eine riesige Herausforderung dar - auch wenn sie erst 2035 erreicht werden muss. So kam Deutschland im vergangenen Jahr lediglich auf eine Quote von etwa 2,1 Prozent, und nach Angaben von Bundeskanzler Merz würde jeder Prozentpunkt mehr für Deutschland derzeit ungefähr 45 Milliarden Euro mehr an Verteidigungsausgaben bedeuten. Bei fünf Prozent wären demnach verteidigungsrelevante Ausgaben in Höhe von 225 Milliarden Euro pro Jahr notwendig. Zur Einordnung: Die gesamten Ausgaben des Bundeshaushalts beliefen sich im vergangenen Jahr auf rund 466 Milliarden Euro.
    Vergleichsweise unproblematisch dürfte das neue Ziel lediglich für die USA selbst und Länder wie Estland, Lettland und Griechenland werden. Sie liegen bereits heute bei klassischen Verteidigungsausgaben von über drei Prozent. Spitzenreiter war im vergangenen Jahr Polen mit einer BIP-Quote von 4,1 Prozent. Die USA hatten nach Bündniszahlen zuletzt eine BIP-Quote von etwa 3,4 Prozent.

    NATO-Staaten haben in diesem Jahr 35 Milliarden Euro Hilfe für die Ukraine zugesagt

    Rutte kündigte zudem an, dass die Ukraine auf weitere Militärhilfe aus dem Kreis der NATO-Staaten setzen kann. In diesem Jahr hätten die Mitgliedsländer bereits Sicherheitsunterstützung im Wert von rund 35 Milliarden Euro zugesagt, sagte Generalsekretär Rutte vor Beginn des NATO-Gipfels in Den Haag. Dies sei der Beweis dafür, dass niemand aus den Augen verliere, was in der Ukraine passiere.
    Im vergangenen Jahr hatten die Alliierten Hilfen im Wert von rund 50 Milliarden Euro für die Ukraine bereitgestellt. Angesichts der Friedensbemühungen von US-Präsident Trump wurde zuletzt allerdings befürchtet, dass die militärische Unterstützung der Vereinigten Staaten drastisch herunter gefahren werden könnte, um einen Waffenstillstand mit Russland zu erzwingen. Konkrete Zusagen für eine weitere Unterstützung Kiews wollten die USA im Vorfeld des NATO-Gipfels nicht machen.
    Diese Nachricht wurde am 23.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.