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Saarlouis und der Brexit
Ford plant Abbau von 1.600 Stellen

Der Autobauer will im Werk Saarlouis zahlreiche Stellen kürzen. Ein Grund dafür ist unter anderem der geplante Brexit, der dem Unternehmen zu schaffen macht. Am stärksten trifft die Ankündigung die Leiharbeiter im Werk, ebenso wie viele ältere Mitarbeiter.

Von Tonia Koch | 10.12.2018
    Mitarbeiter in der Automobilproduktion von Ford am Standort Saarlouis
    Ein neues Ford Focus-Modell sollte am Standort Saarlouis für eine höhere Auslastung sorgen. Gereicht hat es nicht: Nun verlieren zahlreiche Mitarbeiter ihre Jobs. (picture alliance / dpa / Ulrich Baumgarten)
    In einer Betriebsversammlung informiert die Werksleitung zur Stunde die Beschäftigten am Standort Saarlouis über den geplanten Stellenabbau. Von den insgesamt 7.000 Mitarbeitern sollen zunächst 1.600 das Werk verlassen:
    "Nein, nein, damit hat keiner gerechnet, und noch ist nicht aller Tage Abend."
    "Ich muss halt weggehen, ich bin dabei, leider muss ich gehen."
    "Eine gewisse Grundstimmung war vorher schon nicht besonders gut."
    Altersteilzeitmodelle und Abfindungsquoten geplant
    Die Verträge von insgesamt 600 Leiharbeitern sollen nicht verlängert werden und etwa 400 Arbeitnehmer würden in absehbarer Zeit ohnehin die Altersgrenze erreichen, teilte Ford mit. Den übrigen 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen Altersteilzeit- und Abfindungsquoten unterbreitet werden. Überraschend kommt die angekündigte Personalanpassung nicht, aber in Saarlouis wo gerade eben erst ein neues Modell des Ford-Focus angelaufen war, gab man sich im Sommer noch zuversichtlich, dass dieses Modell für Auslastung sorgen werde:
    "Top gelungenes Fahrzeug."
    "Vor allem die Qualität der Materialen, die jetzt verwendet werden, ist wieder ein zwei Klassen besser als vorher, das ist mein Empfinden."
    Autobauer leidet unter geplantem Brexit
    Aber bereits seinerzeit sorgte sich Ford um die Folgen des Brexit. Die Ankündigung Großbritanniens, die EU zu verlassen, hatte genügt, das britische Pfund auf Talfahrt zu schicken. Die Währungsturbulenzen verhagelten Ford-Europa die Bilanz. Dazu hatte auch der rege Austausch von Autoteilen beigetragen. Darüber hinaus ist Großbritannien der Hauptmarkt für die in Saarlouis gefertigten Autos. Gunnar Herrmann Deutschlandchef von Ford:
    "So wie wir aufgestellt sind, haben wir einen relativ hohen Warenaustausch. Unsere kompletten Dieselmotoren werden in Großbritannien gefertigt, das heißt natürlich, dass wir erst einmal Waren einführen müssen und dann wiederum das komplette Fahrzeug wieder in den Markt einführen müssen. Großbritannien ist einer der größten Märkte, das ist ein 600.000-Fahrzeug-Markt im Jahr. Und alleine wenn sie das Werk in Saarlouis nehmen, 85 Prozent des Volumens ist Exportvolumen und ein Großteil davon geht nach England."
    Europa-Geschäft soll neu aufgestellt werden
    Gunnar Herrmann, der sich zur Personalanpassung heute nicht äußern wollte, soll die Wende bringen. Das heißt, er soll künftig Renditen erwirtschaften, die bei sechs Prozent liegen. Das Europa-Geschäft müsse zu diesem Zweck komplett umgekrempelt werden, ein Neustart sei nötig und auch ein "Re-Design." In der Kompakt-Klasse werde daher die Produktion des C-Max aufgegeben; nach diesem Fahrzeugtyp sei die Nachfrage allzu sehr gesunken, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung.
    Folge dieser Entscheidung ist die Kürzung der Produktionszeit im Werk Saarlouis. Das heißt, statt drei Schichten sollen künftig nur noch zwei Schichten gefahren werden. Noch ist das alles nicht spruchreif, denn Ford hat in den kommenden Wochen Gespräche mit den Betriebsräten angekündigt. Morgen wird die Konzernführung nach Informationen des Deutschlandfunks die Beschäftigten im Werk in Köln über die geplanten Anpassungen informieren.