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Saubere Luft für gesunde Lungen

Laut einer EU-Studie sterben europaweit jährlich rund 420.000 Menschen an den Folgen von Feinstaub - davon allein 65.000 in Deutschland. Luftschadstoffe senken nicht nur die Lebensqualität für Menschen, sondern schädigen auch die Umwelt. EU-Umweltkommissar Janez Potocnik hat deshalb das Jahr 2013 zum "Jahr der Luft" erklärt.

Von Ralph Ahrens | 11.01.2013
    "Für 2010 schätzen Experten, dass 420.000 Europäer aufgrund dreckiger Luft vorzeitig gestorben sind. Das ist, glaube ich, eine erschreckend hohe und überzeugende Zahl."

    betonte EU-Umweltkommissar Janez Potocnik in Brüssel. Für diese vorzeitigen Todesfälle sind vor allem Feinstaub und im Sommer bodennah gebildetes Ozon verantwortlich. Auch hierzulande stimmen die Angaben nachdenklich. Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

    "In Deutschland sterben jährlich 75.000 Menschen vorzeitig an Luftverschmutzung."

    ... das sind mindestens 20 Mal mehr Menschen als durch Verkehrsunfälle zu Tode kommen. Dass dies in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist, hat für den Umweltschützer einen simplen Grund:

    "Man sieht es natürlich den Menschen nicht an, dass sie "vorzeitig" einen Herzinfarkt kriegen."

    Feinstaub und Ozon hält Jacqueline McGlade, Direktorin der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen, daher für ‘hidden killers’ – ‘heimliche Mörder’:

    "Weil man sie nicht sehen, nicht riechen kann. Sie bringen uns aber den Zeitpunkt unseres Todes näher."

    Luftschadstoffe senken nicht nur die Lebensqualität für Menschen, sondern schädigen auch die Umwelt. So überfrachten Stickstoffverbindungen zwei Drittel aller Naturschutzgebiete mit Nährstoffen und stören so deren biologisches Gleichgewicht. Das alles will Umweltkommissar Potocnik ändern. 2050 solle die Luft so sauber sein, dass kein wertvolles Biotop mehr überdüngt wird, und dass praktisch kein Mensch an Feinstaub oder zu hohen Ozonwerten vorzeitig sterben muss. Im Herbst will der Kommissar die dazu notwendigen Gesetzesvorschläge vorlegen. Jürgen Resch

    "Ich bin sehr optimistisch, dass es gute Vorschläge von der Kommission geben wird und ich bin auch optimistisch, dass der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments diese unterstützen wird."

    Jürgen Resch erwartet etwa deutlich strengere Grenzwerte für Schadstoffemissionen von Autos, Lastkraftwagen, Schiffen, Industriebetrieben, Kohlekraftwerke und auch privaten Holzöfen.

    "Ich bin allerdings gespannt, ob sich diese durchsetzen lassen – vor allen Dingen im Europäischen Rat der Mitgliedsstaaten. Und hier ist gerade auch Deutschland kein Musterbeispiel mehr für den Klimaschutz und die Luftreinhaltung."

    Dafür gibt der Umweltschützer Beispiele: Die Bundesregierung will das Bußgeld für verbotenes Einfahren in Umweltzonen ohne Partikelfilter senken. Und in manchen Kommunen fahren Busse immer noch ohne Partikelfilter.

    "In vielen Städten steigen die Bürger aus einem relativ sauberen Auto mit grüner Plakette am Park&Ride-Parkplatz in einen Bus um, fahren in die Stadt hinein, denken, was Gutes für die Umwelt zu tun. Und viele dieser Busse haben keinen Filter an Bord. Das heißt, das sind richtige Dreckschleudern."

    Saubere Luft gibt es aber nicht umsonst. Umweltfreundliche Fahrzeuge und Industrieanlagen kosten erst einmal Geld. Umweltkommissar Potocnik erwartet daher heftige Widerstände gegen seine Pläne für eine saubere Luft. Er glaubt jedoch, die guten Argumente auf seiner Seite zu haben.

    "Viele denken bei ‘Verbessern der Luftqualität’ nur an Kosten. Doch saubere Luft senkt die Zahl an Krankheitstagen sowie die Ausgaben für das Gesundheitssystem. Wir haben das alles analysiert, gegeneinander abgewogen und sind zum Schluss gekommen, Investitionen in bessere Luft lohnen sich auch wirtschaftlich."