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Schuldenbremse darf nicht zur Bildungsbremse werden

Teile der FDP plädieren für die Abschaffung des Kooperationsverbotes und für mehr Mitspracherecht des Bundes in der Schulpolitik. Patrick Meinhardt, FDP-Bildungspolitiker, ist die Kooperation der Länder untereinander wichtiger.

Patrick Meinhardt im Gespärch mit Kate Maleike |
    Kate Maleike: Die FDP will dem Bund künftig mehr Mitspracherecht in der Schulpolitik einräumen - das ist eine Nachricht, die gestern von FDP-Generalsekretär Lindner verbreitet wurde -, und Basis ist ein internes Positionspapier der Partei. Patrick Meinhardt ist der bildungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Herr Meinhardt, was genau steht in diesem Papier drin?

    Patrick Meinhardt: Kann ich Ihnen im Detail deswegen nicht sagen, weil es ein Papier ist, das einige Abgeordnete und Persönlichkeiten der FDP formuliert haben. Es ist kein offizielles Papier der FDP, es wird aber eine Initiative für den Parteitag sein. Ich bin durchaus der Koordinator als Sprecher des Hannoveraner Kreises von einer anderen Initiative, die unter gar keinen Umständen will, dass der Bund auch noch in die Schule hineinregiert.

    Maleike: Also um ganz konkret zu sein, dieses Positionspapier beschreibt eine Kehrtwende, demnach soll der Bund wieder in die Schulpolitik oder überhaupt Aktien in der Schulpolitik haben. Sie wollen das als bildungspolitischer Sprecher nicht. Warum?

    Meinhardt: Ich will es aus einem ganz einfachen Grund nicht, weil mir noch keiner glaubhaft hat belegen können, dass dadurch, dass der Bund auf einmal auch noch in die Schule hineinregiert, dadurch wirklich Bildung für jedes einzelne Kind individuell besser wird. Und letztlich, wir sind in diesen Wahlkampf im Jahre 2009 hineingegangen mit der Forderung, dass wir einen starken Wettbewerbsföderalismus wollen und dass wir genau das nicht wollen. Und so eine Kehrtwende halte ich im Augenblick für eine erhebliche Problematik. Wir müssen schauen, dass wir eine glaubwürdigere Politik als FDP in die Öffentlichkeit transportieren, und da habe ich wirklich Bauchschmerzen dabei, wenn wir jetzt eine Kehrtwende in der Bildungspolitik machen würden.

    Maleike: Aber es gibt doch viele andere Stimmen, die fordern, ja, diese Kehrtwende, die brauchen wir dringend, nicht zuletzt die Bevölkerung. Nach einer Forsa-Umfrage aus dem letzten Jahr wollen zwei Drittel lieber, dass die Schulpolitik über den Bund gesteuert wird, also Bildung sei sozusagen Gemeinschaftsaufgabe und die Bildung Sache des Bundes. Die Bundesministerin Schavan hat auch bereits angekündigt, das Kooperationsverbot angehen zu wollen - warum sträuben Sie sich?

    Meinhardt: Weil es für mich keinen sinnvollen Grund dafür gibt. Ich möchte mehr Kooperation unter den Ländern. Und mein Hauptproblem, das ich sehe, ist, dass wir endlich daran gehen müssen, dass es zu keinem Problem wird, von einem Bundesland in ein anderes umzuziehen, dass wir da Vergleichbarkeit, nämlich Standards in der Bildung haben. Das ist für mich das Hauptproblem, dass die 16 Bundesländer es im Augenblick nicht gebacken bekommen, untereinander sicherzustellen, dass die jeweiligen Abschlüsse und auch die Jahresabschlüsse so vergleichbar sind, dass Mobilität in der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt ist. 2006 hat es diese Reform gegeben, dann müsste ja in der Bundesrepublik Deutschland vor 2006 alles hervorragend gelaufen sein, wo es das Kooperationsverbot noch nicht gegeben hat.

    Maleike: Der Wunsch nach Einheitlichkeit oder besser gesagt nach Vergleichbarkeit, den teilen Sie ja, das höre ich aus Ihren Worten…

    Meinhardt: Ja, definitiv.

    Maleike: Aber trotzdem ist doch die Frage, warum schaffen es die Länder denn nicht, wenn der Wunsch so groß ist, sich wirklich auch mit diesem Wunsch mal vernünftig zu beschäftigen, und zwar nachhaltig und nicht nur im Wahlkampf?

    Meinhardt: Ich bin sehr froh - Sie haben vorhin die Forsa-Studie zitiert - ich bin sehr froh, dass es wirklich derartige Umfragen gibt, weil die müssen die Länder wirklich in die Gänge bringen. Wir haben eine Kultusministerkonferenz, die ja von den 16 Ländern letztendlich bestückt und gebildet wird, die über 60 Jahre gebraucht hat, bis wir jetzt endlich im Sommer dieses Jahres zum ersten Mal Bildungsstandards vorgelegt bekommen für die Abiturprüfungen in der Bundesrepublik Deutschland. Ich glaube, was das betrifft, da muss jetzt wirklich der feste Wille bei allen Ländern entstehen, dass gegenseitig Abschlüsse anerkannt werden, nur das hat überhaupt nichts mit dem sogenannten Kooperationsverbot des Grundgesetzes zu tun. Und das ist das, worauf ich einfach an der Stelle auch hinweisen möchte. Beim Kooperationsverbot geht es um die Möglichkeit des Bundes, in die einzelnen Schulen noch mit hineinzuwirken, es geht nicht um das, was wir eigentlich brauchen, um die Frage der Vergleichbarkeit, um die Frage der gegenseitigen Anerkennung. Ich erkenne im Kooperationsverbot, in der Debatte darum, das eigentliche Ziel sehr wohl dahinter, und das heißt, wir müssen aufpassen, dass die Schuldenbremse der Länder nicht zu einer Bildungsbremse wird.

    Maleike: Es gibt auch noch eine andere Möglichkeit, die der im letzten Jahr gewesene Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Ludwig Spaenle, der bayerische Staatsminister, für Bildung ins Spiel gebracht hatte, nämlich einen Staatsvertrag zu machen.

    Meinhardt: Absolut optimal richtiger Weg.

    Maleike: Warum wird der nicht weiter beschritten? Man hört davon so wenig.

    Meinhardt: Ich bin mir momentan nicht ganz im Klaren, was im Hintergrund in der Kultusministerkonferenz passiert, aber wie ich Herrn Spaenle einschätze, glaube ich schon, dass er da auch weiterhin dran sein wird. Ich bin ein großer Anhänger dieses Gedankens, wir haben jetzt gerade auch da innerhalb des Hannoveraner Kreises eine eigene Erklärung verabschiedet, die genau das auch fordert: Wir wollen einen Bildungsvertrag der 16 Bundesländer. Wenn das auf dieser Ebene geregelt wird, könnten wir sofort in die Vergleichbarkeit und in die unkomplizierte Bildungsmobilität in Deutschland einsteigen. Also das ist der Punkt, den wir auch wirklich massiv voranbringen müssen, und das ist das, was viel mehr bringt als das, was mit dem Kooperationsverbot immer vorgegaukelt wird, dass es das bringen würde.

    Maleike: Soll der Bund mehr Mitspracherecht in der Schulpolitik haben oder nicht? Darüber ist in der FDP jetzt offenbar Streit entstanden, und dazu war das der bildungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Patrick Meinhardt!