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Schwankungen am Devisenmarkt
Währungen als Spielball der Weltpolitik

Donald Trump und seine Berater werfen Regierungen weltweit vor, sie würden ihre Währungen manipulieren. Und tatsächlich sind die Schwankungen von Euro, Pfund und Co momentan vor allem politisch bedingt. Allerdings nicht im Trump'schen Sinne - vielmehr sorgt die allgemeine Verunsicherung für Verwerfungen auf dem Devisenmarkt.

Von Michael Braun |
    Die Märkte reagieren mit heftigen Kursschwankungen auf das Votum zum Brexit: Euro, Pfund und Yen fallen, Dollar und chweizer Franken legen zu.
    Über dem Währungspaar Euro und Dollar lastet der Vorwurf der neuen amerikanischen Regierung, der Euro werde künstlich niedrig gehalten, um Exporte aus Euroland zu befördern. (picture alliance / dpa / Ennio Leanza)
    Den ganzen Tag über hat das britische Pfund seine Kursgewinne von gestern halten können. Die Inflationserwartungen steigen auf der britischen Insel. Erste Stimmen aus der Notenbank raten deshalb zu einer Zinserhöhung. Das würde in normalen Zeiten ein stärkeres Pfund erklären. Doch sind die Zeiten normal an einem Tag, an dem das britische Unterhaus die abschließenden Beratungen zum Brexit-Gesetz aufgenommen hat.
    Analysten gehen ihre bisherigen, nämlich die ökonomischen, Maßstäbe für ihre Marktbeobachtung verloren. Sebastian Sachs vom Bankhaus Metzler: "Man weiß einfach nicht, wie sich UK in diesem Szenario entwickeln wird. Man geht davon aus, dass es zu einer konjunkturellen Abschwächung kommt, obwohl die Bank of England für das laufende Jahr noch mal die Konjunkturprognosen nach oben genommen hat. Aber der Markt spielt aktuell, zumindest beim Pfund, ganz klar die politische Unsicherheit."
    Das "dicke Ende" kann noch kommen
    Einer, der näher als Analysten bei den Unternehmen und ihrer Wirklichkeit ist, ist Martin Wansleben. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages berichtete heute von recht gut laufenden Geschäften in der deutschen Wirtschaft. Und zur Begründung führte er unter anderem Umstände an, die wie Ruhe vor dem Sturm wirkten: "Großbritannien ist noch nicht aus der EU ausgetreten. Und die Grenzen in den USA sind auch noch nicht zu. Das ist noch nicht geschehen." Aber er sagte auch, das "dicke Ende" könne noch kommen: "Die Unternehmen sorgen sich zudem um weitere Wechselkursrisiken sowie Gefahren für den EU-Binnenmarkt insgesamt."
    Gerade über dem Währungspaar Euro und Dollar lastet der Vorwurf der neuen amerikanischen Regierung, der Euro werde künstlich niedrig gehalten, um Exporte aus Euroland zu befördern. Stimmte das, existierte so etwas wie ein Währungskrieg. Doch von Währungsmanipulationen könne keine Rede sein, sagt Antje Präfcke, Analystin der Commerzbank: "Die ausländischen Währungen sind schwach gelaufen auf Grund der expansiven Geldpolitiken, die teilweise zum Beispiel in Japan und in der Eurozone geführt wurden. Wenn ich meine Geldpolitik expansiv gestalte, egal ob es durch Zinssenkungen ist oder durch Anleihekäufe, dann schwächt sich die Währung normalerweise ab. Und das ist eher eine Folge der Geldpolitik als dass die Währungen absichtlich geschwächt wurden. Die G7-Staten hatten sich schon vor Jahren darauf geeinigt, gerade nicht ihre Währungen zu schwächen."
    Weidmann nennt Vorwurf "mehr als abwegig"
    Bundesbankpräsident Jens Weidmann nannte den Vorwurf, Deutschland beute die USA mit Hilfe eines niedrigen Euro aus, "mehr als abwegig". Die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sei sicher nicht das Ergebnis politischer Manipulationen. Dass der Euro schwach sei, habe eher mit der politischen Lage der Eurozone zu tun, meint Metzler-Analyst Sachse: "Hier geht es nicht eher darum, ob die Eurozone starkes Wachstum generiert oder ob es ein bisschen schwächeres Wachstum geben wird, sondern in der Eurozone geht es wirklich darum, ob es auf absehbare Zeit diesen gemeinschaftlichen Währungsraum überhaupt noch geben wird. Und da hat die Politik ganz klar aktuell das Heft des Handelns in der Hand." Dass Marine Le Pen, Vorsitzende des rechtslastigen Front National, Frankreich aus der Euro-Zone herauslösen will, belastet derzeit eben stärker als gute Wirtschaftsdaten nutzen.