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Seehofer zum Islam
Duftmarke nach Amtsantritt

Kaum im Amt, sorgt Deutschlands neuer Innenminister gleich für Gesprächsstoff. In einem Interview spricht Horst Seehofer über christliche Traditionen, Rituale und das Zusammenleben mit Muslimen.

Von Frank Capellan | 16.03.2018
    Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)
    Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) (picture alliance / Peter Kneffel / dpa)
    Es ist ein Interview, mit dem zu rechnen war. Horst Seehofer bedient die konservative Anhängerschaft, als Heimatminister wendet er sich über die Bild-Zeitung spürbar auch an AfD-Wähler, die er mit neuen Worten zurückgewinnen möchte - und da dürfte der frühere bayerische Ministerpräsident zu allererst auch die Wahlen in der eigenen Heimat im Auge haben. "Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland!" sagt er zwar. Doch die Überschrift seiner Aussagen ist eine Botschaft: Der Islam gehört nicht zu Deutschland.
    Sinnbild einer kurzen Amtszeit
    Seehofer verweist auf kirchliche Rituale, die unser Land in seinen Augen prägen, Weihnachten, Pfingsten, Ostern. Aus falscher Rücksichtnahme dürfen wir unsere landestypischen Gebräuche nicht aufgeben, fordert der Bundesinnenminister und belebt damit eine Debatte, die die Republik seit dem 3. Oktober 2010 immer wieder aufs Neue beschäftigte. Damals hatte ein Christdemokrat, Bundespräsident Christian Wulff zum Tag der Deutschen Einheit einen Satz ausgesprochen, der zum Sinnbild seiner kurzen Amtszeit wurde:
    "Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber - meine sehr verehrten Damen und Herren - der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland!"
    Angst vor Überfremdung
    Eine Aussage, der sich die Kanzlerin selbst auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszustroms anschloss - als die Angst vor Überfremdung und Veränderungen der christlich-geprägten Gesellschaft in Deutschland von vielen Seiten thematisiert wurde:
    "Von meiner Seite möchte ich sagen, dass unser früherer Bundespräsident Christian Wulff gesagt hat, der Islam gehört zu Deutschland, und das ist so, dieser Meinung bin ich auch. Ich bin die Bundeskanzlerin aller Deutschen, das schließt alle, die hier dauerhaft leben mit ein, egal welchen Ursprungs und welcher Herkunft sie sind!"
    "Der Islam als Status, als Einrichtung, gehört nicht dazu"
    Doch selbst in den eigenen Reihen sind solche Aussagen nicht unumstritten. Volker Kauder, ansonsten stets loyaler Fraktionschef der Union, will sich dem nicht anschließen. 2015 meinte der CDU-Politiker bei einer entsprechenden Podiumsdiskussion:
    "Bei uns sagen wir, das Grundgesetz und die demokratischen Entscheidungen in unserem Parlament stehen über allem. Und das ist ein ganz anderes Verständnis als der Islam es sagt, und deswegen bleibe ich dabei: Die Muslime, die Menschen mit ihrem Glauben gehören dazu, aber der Islam als Status, als Einrichtung, gehört nicht dazu - noch nicht!"
    Von CSU-Generalsekretär Markus Blume unterstützt
    Seehofer setzt kurz nach Amtsantritt eine Duftmarke, und er wird dabei von CSU-Generalsekretär Markus Blume unterstützt. Der erklärt im ZDF: "Die AfD werden wir als Partei radikal bekämpfen, aber wir werden uns selbstverständlich um deren Wähler bemühen".
    Diese Wähler verlangten Antworten auf zentrale Fragen, wie die nach der inneren Sicherheit oder der Zuwanderung. Die CSU wolle der ganzen Bandbreite der Überzeugungen vom Liberalen über das Christlich-Soziale bis zum Konservativen eine politische Heimat in Bayern geben. Äußerungen zur Rolle des Islam gehören in diesem Sinne wohl dazu.