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Selbstanzeigen
Deutschlands reuige Steuersünder

Die endgültigen Zahlen liegen noch nicht vor, doch schon jetzt steht fest: 2014 zeigten so viele Steuerhinterzieher wie nie zuvor ihren Betrug an. Der Fall Hoeneß, die neue Politik ausländischer Banken – der Druck war hoch. Und offenbar auch erforderlich.

Von Theo Geers, Hauptstadtstudio | 02.01.2015
    Im Bild ist links ein Steuererklärungsformular und darüber liegend rechts ein weißes Blatt mit dem Titel "Selbstanzeige" zu sehen.
    Bis zum 31.12.2014 galt: Straffrei geht der Steuerhinterzieher aus, der rückwirkend für die letzten fünf Jahre alles offenlegt und nachzahlt. (dpa / picture-alliance / Armin Weigel)
    Ein Rekord wird es in jedem Fall, auch wenn endgültige Zahlen erst in der kommenden Woche vorliegen. Dann haben die Finanzämter auch die Selbstanzeigen der Steuerhinterzieher gesichtet und mitgezählt, die bis zum 31.12. noch fristwahrend in die dafür vorgesehenen Briefkästen eingeworfen wurden. Die Finanzämter rechnen mit knapp 39.000 Selbstanzeigen, die letztes Jahr eingereicht wurden, das wären rund 60 % mehr als 2013. Da wurden 24.000 Mal der Weg gewählt, per Selbstanzeige den Weg zurück in die Steuerehrlichkeit zu gehen.
    Die meisten Steuerhinterzieher haben sich danach wieder in Baden-Württemberg gemeldet, bis kurz vor Weihnachten waren es 9.038. Auch in Nordrhein-Westfalen offenbarten sich mit über 7.100 Steuerhinterziehern schon bis Ende November 58 % mehr Steuerbetrüger als im gesamten Jahr 2013. Ähnlich das Bild in Bayern, Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen. Deutlich geringer sind die Zahlen dagegen in den ostdeutschen Bundesländern, aber auch dort sind die Steigerungen beachtlich. Sachsen-Anhalt zählte bis kurz vor Weihnachten 70 Selbstanzeigen, 2013 waren es 33.
    Insgesamt dürften die Steuernachzahlungen dem Fiskus bundesweit gut 1,3 Mrd. Euro zusätzlich in die Kassen spülen. Die Zahlen zeigen: Die Drohkulisse hat gewirkt. Sie bestand in den verschärften Regeln für diese Selbstanzeigen, die zum Jahreswechsel in Kraft traten. Mit anderen Worten: Vor dem Jahreswechsel war es deutlich attraktiver als nach dem Jahreswechsel, sich strafbefreiend selbst anzuzeigen.
    Viele haben das Jahr 2013 noch abgewartet
    Bis vorgestern galt: Straffrei geht der Steuerhinterzieher aus, der rückwirkend für die letzten fünf Jahre alles offenlegt, berichtigt und zu wenig gezahlte Steuern nachzahlt. Seit gestern muss rückwirkend für zehn Jahre reiner Tisch gemacht werden. Außerdem gelten seit gestern deutlich höhere Strafzuschläge auf die hinterzogenen beziehungsweise nachzuzahlenden Steuern.
    Zur erhöhten Steuerehrlichkeit beigetragen haben auch der Fall Hoeneß und der Druck der ausländischen Banken. Schweizer Banken etwa haben im letzten Jahr ihren deutschen Kunden die Pistole auf die Brust gesetzt: Diese mussten bis Ende 2014 nachweisen, dass sie in Deutschland entweder schon alles ehrlich versteuern oder sich per Selbstanzeige den Weg in diese Ehrlichkeit eingeschlagen haben.
    Die Zahlen zeigen aber auch: Die Steuerhinterzieher haben den Druck offenkundig gebraucht. So haben viele das Jahr 2013 noch abgewartet und erst 2014 die strafbefreiende Selbstanzeige eingereicht. Damit konnten sie noch unversteuerte Zinseinnahmen aus 2003, die zehn Jahre zurück lagen und bei denen die Steuerschuld nach zehn Jahren verjährt, aus ihrer Sicht vor dem Fiskus noch retten anstatt sich nachzuversteuern – und das war mit Blick auf die vor zehn Jahren geltenden höheren Zinssätze meistens eins lohnendes Geschäft.