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Sicherheit bei Sportevents
Brasiliens WM-Überwachungstempel

Um für Ruhe und Ordnung während der Fußball-WM und den Olympischen Sommerspielen zu sorgen, setzt Brasilien ein monumentales Sicherheitskonzept durch. Die totale Überwachung soll Ausschreitungen verhindern. Kritik wird schon jetzt laut.

Von Jonas Reese | 04.03.2014
    Vergnügt sitzt Sergio Cabral vor einem Computerbildschirm. Umringt von Fotografen lässt sich der Gouverneur von Rio de Janeiro die neue Kommandozentrale der Stadt zeigen. Der riesige Saal ähnelt einem Kontrollzentrum der NASA. Hier in dem soeben eingeweihten modernen Gebäude sollen aber keine Weltraum-Missionen gesteuert werden, sondern die Sicherheitseinsätze einer Stadt.
    Am anderen Ende des Saals befindet sich eine riesige Wand aus fast 100 Bildschirmen. Sie zeigt das Stadtgebiet von Rio und was sich gerade dort ereignet, wo sich Streifenwagen befinden, Feuerwehr und Krankenwagen. Einsatzorte blinken auf, Verkehrsstaus, Unfälle – eine Stadt wie im Computerspiel. Cabral klickt auf einen Streifenwagen. Sofort öffnet sich ein Fenster auf dem Bildschirm. Er sieht einen Polizeibeamten in seinem Wagen sitzen, grinsend, einen Kaffee trinken. Er weiß nicht, dass der Gouverneur ihn gerade beobachtet. Wieder Gelächter.
    Die Stimmung ist gut an diesem Tag. Endlich kann das Nationale Kontrollzentrum seine Arbeit aufnehmen. Zwar mehr als drei Jahre später als geplant, aber dennoch ist es das Vorzeigeobjekt der brasilianischen Sicherheitspolitik vor Fußball-WM und denOlympischen Sommerspielen. Neben der Einrichtung in Rio gibt es ähnliche Zentren in jeder der anderen elf WM-Städte. Alle sind miteinander vernetzt. Für den Notfall geschult. Kostenpunkt dieses Kernprojekts: Rund 200 Millionen Euro pro Stadt. Auch der WM-Gastgeber 2010, Südafrika, hatte in solche Kontrollzentralen investiert.
    Volle Kontrolle, enge Zusammenarbeit
    Der Werbefilm über Rios neue Einsatzzentrale preist die Einrichtung: Auf mehr als 9.000 Quadratmetern arbeiten mehr als 1000 Menschen, rund um die Uhr in drei Schichten. In Echtzeit erhalten sie Informationen aus dem gesamten Stadtgebiet, die sie auswerten. Dann werden die verschiedenen Einsatzkräfte koordiniert: Verkehrs-, Kriminal- und Militärpolizei, Feuerwehr, Ambulanz, Gesundheitsbehörde und Luftraumüberwachung. Alle sollen zusammenarbeiten.
    Trotz kleiner Schwierigkeiten klappt am Tag der Einweihung die Videokonferenz mit Präsidentin Dilma Rousseff. Sie wartet im Partnerzentrum der Hauptstadt Brasilia.
    "Das ist eine wichtige Wegmarke heute. Wir alle wollen eine sichere Fußball-Weltmeisterschaft. Und wir möchten der Welt zeigen, dass Brasilien ein aufstrebendes Land ist und dass sein Volk, seine Gouverneure, seine Bürgermeister dieses Projekt unterstützen, das der Sicherheit in unserem Land eine neue Qualität bringt."
    Kriminalität in Rio wächst
    Offiziell gibt Brasilien für die Sicherheitsmaßnahmen während der WM knapp 600 Millionen Euro aus. Inoffiziell kursieren aber bereits Summen von mehr als einer Milliarde Euro. Investitionen in Ausrüstung, Infrastruktur und Ausbildung. Genauere Auskünfte jedoch, wohin das Geld genau fließt, gibt selbst ein extra von der Regierung geschaffenes Transparenzportal im Internet nicht. Sicher scheint jedoch, dass Brasilien diese Investitionen dringend nötig hat, denn die Sicherheitslage im Land ist angespannt. Seit vergangenem Sommer kommt es regelmäßig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei. Die Verbrechensrate in den Metropolen ist wieder angestiegen. Vor allem in Rio de Janeiro. Dort hat die Anzahl der Morde im Vergleich zum Vorjahr um fast 40 Prozent zugenommen. Rios Gouverneur Cabral zeigt sich dennoch zufrieden mit der Entwicklung.
    "Ich bin sehr zufrieden mit meiner Polizei, mit meinem Sicherheitssekretär und meinen Polizeikommandos. Sie sind selbstlos bei den Strukturreformen, die wir brauchen. Wir brauchen die Integration der verschiedenen Einsatzkräfte. Und es freut mich sehr zu sehen, wie Zivil- und Militärpolizei heute zusammenarbeiten. Das war vor einiger Zeit noch anders."
    Zu diesen Reformen sollen die kommenden Sportgroßereignisse einen Beitrag leisten. Die knappe Milliarde im WM-Budget für den Posten Sicherheit soll langfristig investiert, die Kooperation der Einsatzkräfte damit gefördert werden. Während der WM soll Ruhe herrschen. Denn man hat vom Fußball-Weltverband Fifa einen klaren Auftrag:
    "Der ausrichtende Verband ist insbesondere verpflichtet, zusammen mit Brasiliens Regierung für Ordnung und Sicherheit zu sorgen; insbesondere im und um das Stadion sowie an den anderen Austragungsorten der Weltmeisterschaft; er trifft geeignete Maßnahmen, um Gewaltausschreitungen zu vermeiden."
    Sicherheitsinvestitionen vor Fußball-WM und Olympischen Spiele
    So steht es standardmäßig im Reglement, das ein Ausrichter zu akzeptieren hat. Also wird kräftig investiert. Kurz nach dem Zuschlag für Fußball-WM und Olympische Spiele vor knapp sieben Jahren wurde sofort losgelegt. In Rio zum Beispiel begann die sogenannte Friedenspolizei schwer bewaffnet in die Favelas einzuziehen und das staatliche Gewaltmonopol zurückzuerobern. Seitdem zahlt Rio jährlich rund 1,2 Milliarden Euro, um die Stadt oder zumindest das Zentrum und die touristischen Orte, zu entkriminalisieren. Auch im Vorfeld anderer Sportgroßereignisse der jüngsten Zeit wurden Milliarden für die Sicherheit ausgegeben.
    "Athen 2004 – 1,5 Milliarden Euro
    Peking 2008 – 3 Milliarden Euro
    London 2012 – 1 Milliarde Euro"
    Auch die Olympischen Winterspiele in Sotschi dürften in einer ähnlichen Größenordnung rangieren. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Das Geschäft mit der Sicherheit - ein riesiger Markt. Besonders vor Großereignissen wie Olympischen Spiele oder Fußball-Weltmeisterschaften, sagt Dennis Pauschinger von der Universität im britischen Kent. Er forscht über den Zusammenhang von Sicherheit und Sport-Events.
    "Ich würde sagen, dass es mittlerweile weit darüber hinausgeht, als eine tatsächliche Gefahr abzuwehren. Heute muss man Sicherheit als Ware annehmen. Es steckt eine große Industrie dahinter, die Interesse hat, sportliche Events als Katalysator zu nutzen, dass gewisse Sicherheitspolitiken umgesetzt werden, damit Industrien ihre Waren, Überwachungskameras, militärisches Material an den Mann bringen können."
    Genaue Zahlen zu den jeweiligen Sicherheitsbudgets zu ermitteln ist schwierig, da es oft verschiedene Töpfe sind, aus denen die Gelder stammen: Bundes- oder Landesebene, extra Event-Budgets oder versteckte Haushaltsposten. Vergleicht man jedoch die publizierten Summen, so ist ein eindeutiger Trend zu sehen: Ausrichter von Sport-Großveranstaltungen geben immer mehr Geld für die Sicherheit aus. Laut einer Studie des International Center of Sport Security steigen die Sicherheitskosten für Großevents von Mal zu Mal um 70 Prozent. Bei den Olympischen Sommerspielen in Barcelona 1992 etwa wurden offiziell 48 Millionen Euro für die Sicherheit ausgegeben. In London 20 Jahre später, wie erwähnt, rund eine Milliarde. Größter Wendepunkt in dieser Entwicklung, sagt Dennis Pauschinger, waren die Terroranschläge von 2001.
    Wirtschaftsfaktor Öffentliche Sicherheit
    "Nach dem 11. September gibt es sicherlich zwei große Prozesse, die man beobachten kann: Die Militarisierung der inneren Sicherheit und dass auch die Überwachung des öffentlichen Raums zugenommen hat. Und das in Partnerschaft zwischen Staat und Privatwirtschaft."
    Gut abzulesen ist diese Partnerschaft auch bei der Fußball-WM in Brasilien. Für die deutsche Sicherheitsindustrie hat das Bundeswirtschaftsministerium extra eine Marktanalyse erstellen lassen:
    "Die Sicherheitstechnik für eines der vielversprechendsten Betätigungsfelder für deutsche Unternehmen in Brasilien, da sich hier Qualität mit einem höheren Preis durchsetzt. Die ohnehin guten Perspektiven der Branche im kriminalitätsgeplagten Brasilien bekommen zusätzlichen Schwung durch die sich konkretisierenden Vorbereitungen der FIFA-Weltmeisterschaft und der Olympischen Spiele. Bedenken zum Datenschutz, wie sie in Europa häufig formuliert werden, sind in der brasilianischen Gesellschaft nicht vorhanden."
    Besonders lukrativ für Unternehmen der Branche sind vor allem Schwellenländer. Ihnen bescheinigen verschiedene Studien ein überdurchschnittliches Wachstumspotenzial in Sachen Sicherheit. Der Grund ist einfach: Laut Hamburger Weltwirtschaftsinstitut steigen die Aufwendungen für Schutzmaßnahmen in etwa proportional zur Wohlstandsmehrung. Das heißt: Je reicher eine Gesellschaft wird, desto stärker will es seinen Reichtum schützen. Mit vielen Milliarden. Auffällig ist es da, dass vier von fünf Fußball-Weltmeisterschaften und Olympischen Sommerspielen der jüngsten Zeit in BRICS-Staaten stattfinden oder stattgefunden haben. Brasilien, Russland, China, Südafrika. Alles Gastgeber zwischen 2008 und 2018.
    Dennis Pauschinger von der Universität Kent:
    "Ich glaube schon, dass wir erkennen können, dass Sport-Großevents vom Norden in den Süden gezogen sind. Ein Trend ist, in Länder zu gehen, wo neue Märkte erschlossen werden können. Für eine Sicherheitsindustrie aber auch für Werbepartner, die mit FIFA oder IOC zusammenarbeiten."
    Die Sicherheitsunternehmen werden deshalb schon als Nomaden der Sportpolitik bezeichnet. Ein Wirtschafts-Tross, der den Sport-Großveranstaltungen stets vorauseilt. Die Industrie nutzt die Großereignisse, um Sicherheits- und Überwachungstechnologien zu testen und zu verkaufen. Selten sind die Bedingungen so günstig, sagt Pauschinger.
    Kritik am Sicherheitskonzept
    "Man muss sich darauf einstellen, dass unter den kommenden Weltmeisterschaften und Olympia die Politik die Möglichkeit hat, Sondermaßnahmen, Sonderbedingungen einzuführen und Überwachungstechnologien einzusetzen, die dann installiert bleiben. Weil das natürlich auch ein Geschäft ist und dadurch auch sehr populistisch und medienwirksam suggeriert werden kann: Wir haben alles unter Kontrolle, und wir überwachen den öffentlichen Raum und schützen ihn vor Kriminalität."
    Zurück im CICC, dem neuen Sicherheitszentrum in Rio de Janeiro. Der Sicherheitssekretär des Bundesstaates, José Mariano Beltrame, steht vor der riesigen Videoleinwand und erklärt den Journalisten das nachhaltige Konzept der Kommandozentrale.
    "Sehr gut, dass das klargestellt wird. Dieses Zentrum dient nicht nur der öffentlichen Sicherheit. Es hat auch die Aufgabe der sozialen Verteidigung. Und was genau ist die soziale Verteidigung?"
    Das sind alle Aktionen, die direkt oder indirekt mit der Sicherheit, mit dem Leben, mit dem Alltag der Stadt zu tun haben.
    Volle Kontrolle also. Ohnehin betont der Sicherheitssekretär gerne, dass seine Regierung, die erste ist, die mehr Geld in Überwachungstechnik als in Waffen investiert. Für Bruno Cardoso, Soziologe an der staatlichen Universität in Rio, ist das eine beunruhigende Strategie. Er hat die monatelangen Testläufe des Kontrollzentrums wissenschaftlich begleitet.
    "Die Strategie heißt ja Soziale Verteidigung. Und wenn wir darüber nachdenken, dann heißt das doch: Ein Teil der Bevölkerung wird vor einem anderen Teil der Bevölkerung beschützt. Das ist unser Konzept. Als ich angefangen habe über das Kontrollzentrum zu recherchieren, war ich besorgt über die Verletzung der Privatsphären; alles wird ja kontrolliert, aufgezeichnet, beobachtet. Aber jetzt nachdem ich mich etwas genauer damit auseinandergesetzt habe, bin ich eher ärgerlich, wie öffentliche Gelder aus dem Fenster geschmissen werden."
    Ungeschultes Personal, meist Rentner auf Mini-Job-Basis, die unkonzentriert die Bildschirme anstarren, das sind die Beobachtungen, die Cardoso bei seiner Arbeit gemacht hat. Echte Gefahr für die Bürgerrechte könne von dort nicht ausgehen. Dennoch findet er: Der Ansatz des Kontrollzentrums, alle Sicherheitskräfte zu bündeln, bürge Gefahr.
    Skepsis bei Experten
    "Sicherheit ist Aufgabe der Polizei. Nationale Verteidigung ist Aufgabe der Armee. Jetzt sehe ich eine Veränderung, eine Vermischung. Jetzt redet man über soziale Verteidigung. Jetzt spricht das Militär über öffentliche Sicherheit und das in Zusammenarbeit mit der Polizei. Jedes Mal greift es also nach einer Aufgabe, die ihm laut Verfassung gar nicht zusteht. Und das beängstigt mich."
    Bis 1985 litt Brasilien unter einer Militärdiktatur. Die Skepsis gegenüber dem Militär scheint groß. Überhaupt hat das Verteidigungsministerium den größten Batzen am Sicherheitsbudget der WM für sich einnehmen können. Fast 300 Millionen Euro.
    "Mehr als Hunderttausend Soldaten werden während des Turniers im Einsatz sein. Auf 30 Zuschauer soll zusätzlich mindestens eine Sicherheitskraft kommen. Eine Spezial-Einheit von 10.000 Soldaten wurde gebildet, die extra für den Einsatz bei Massenprotesten geschult wurde. 34 gebrauchte Gepard-Panzer wurden der deutschen Bundeswehr abgekauft. Extra für die WM, hieß es in dortigen Tageszeitungen."
    Dennoch, sagt Anatol Adam, Sicherheitsexperte für Brasilien an der Universität Köln und Sprecher des Forums für Internationale Beziehungen und Sicherheitspolitik:
    "Es ist nicht so, dass die Armee sich darum reißt, Aufgaben der inneren Sicherheit zu übernehmen. Es ist grundsätzlich so, dass die Sicherheitsbehörden doch eher gegeneinander arbeiten. Sie wollen alle möglichst viel vom Topf haben. Und da sind Information, Ermittlungserfolge Faustpfand. Gerade bei der Kriminalpolizei herrscht ein hoher Grad an Korruption, Infiltrierung teilweise durch organisierte Kriminalität. Die Arbeit muss transparenter werden - aber das muss die Politik wollen."
    Dabei könnten die zukünftigen Großereignisse in Brasilien helfen. Sie könnten ein notwendiger Anstoß zu Reformen sein. Der sicherheitspolitische Ansatz, alle Einsatzkräfte kooperieren zu lassen, ist da ein richtiger Schritt, meint Adam.
    "Brasilien braucht sicherlich einerseits mehr Investition in Sachen Sicherheit. Da gibt’s massive Defizite. Andererseits gibt es Steuerungspflichten was die Kultur der Sicherheit angeht. Auch Ausbildung, Darstellung, wie verstehe ich mich als bürgernah. Man sieht ja nur Einzelprojekte. Das ist alles so relatives Stückwerk. Schade eigentlich. Weil so Großveranstaltungen ein Win of Opportunity wären. Aber das muss man sechs, sieben Jahre zuvor in Angriff nehmen, aber da war viel Stückwerk dabei. Ausbildungspläne zu modernisieren, besser zu verzahnen. Justiz, Strafvollzug, Polizei, alles sehr abgeschlossen. Da gibt’s nur wenig ganzheitliche Systeme. Das ist letztlich schade."
    WM-Gegner auf den Straßen
    Die Angst ist groß in Brasilien, dass die WM aus dem Ruder läuft. Die Probleme beim Stadionbau gaben schon zu viel Anlass für negative Schlagzeilen. Und wenn die Sicherheitslage während des Turniers nun auch noch aus dem Ruder läuft, wäre es ein Desaster für die Regierung Rousseff. Denn sie will im Herbst bei den Präsidentschaftswahlen im Amt bestätigt werden. Dass Proteste stattfinden werden, ist jedoch sehr wahrscheinlich. In allen Metropolen organisieren sich bereits Aktivisten-Gruppen. Unter dem Motto, "Nao vai ter Copa", "Es wird keine WM geben", gehen sie schon jetzt regelmäßig auf die Straße.
    Wie hier in Rio de Janeiro kam es am Anfang des Jahres schon zu blutigen Auseinandersetzungen. Ein Kameramann eines staatlichen Fernsehsenders kam dabei ums Leben. Ein Feuerwerkskörper, aus dem Schwarzen Block abgeschossen, explodierte an seinem Kopf. Um dem entgegenzutreten, soll nun nicht nur aufgerüstet, sondern auch ein neues Anti-Terrorgesetz verabschiedet werden. Es würde das Demonstrationsstrafrecht verschärfen. Proteste während der Fußball-WM könnten dann als terroristische Akte eingestuft werden. Auf sie stünden dann 15 bis 30 Jahre Haft. Rückblick ins Jahr 2006. Damals war Deutschland der WM-Gastgeber und führte eine ähnliche Diskussion. Der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble:
    "Soviel Vorsorge, soviel Vorkehrungen für Sicherheit gegen die immer vorhandenen Risiken, wenn viele Menschen zusammen sind, wie bei der Fußball-Weltmeisterschaft haben wir wahrscheinlich sonst nicht. Und wir haben es nicht nur in den Stadien, an den Stadien um die Stadien herum oder wo die Mannschaften untergebracht sind, sondern wir haben es überall wo es Public Viewing gibt."
    Auch Schäuble wollte damals die Anti-Terror-Gesetze verschärfen. Auch die Bundeswehr sollte Polizeiaufgaben übernehmen. Am Ende kam es zum größten Sicherheitseinsatz nach dem Zweiten Weltkrieg. 7.000 Bundeswehrsoldaten in Bereitschaft. 250.000 Polizisten und 20.000 private Sicherheitsleute. AWACS-Aufklärungsflugzeuge überwachten den Luftraum. 700 ausländische Polizisten kamen zur Unterstützung.
    "Ich glaube, dass diese Zusammenarbeit und der Einsatz uniformierter Polizei in unserem Land ein Meilenstein in der polizeilichen Zusammenarbeit in Europa ist, und die europäische Entwicklung insgesamt über diese Weltmeisterschaft hinaus, entscheidend vorangebracht hat."
    Wolfgang Schäuble zog eine positive Bilanz seiner Sicherheitsstrategie. Datenschützer beklagten damals aber ein negatives Erbe des Sommermärchens: die schleichende Ausbreitung von Überwachungstechnologie in deutschen Großstädten. Vor der Vergabe der WM gab es Videoüberwachung in vier Städten in Ostdeutschland. 2007, also ein Jahr nach dem Turnier, waren es doppelt so viele. Wie das Erbe der Sicherheitspolitik in Brasilien ausfällt bleibt abzuwarten. Die Voraussetzungen dort sind andere. Für Anatol Adam von der Universität Köln überwiegen in diesem Fall die Chancen die Risiken.
    "Die Frage hört nicht nach dem Finale auf oder nach den Medaillen, sondern diese Investitionen müssen dann auch in den Alltag überführt werden."
    Erst dann wird man sehen können, ob die Milliarden-Investitionen mehr waren als nur ein teurer Spaß.