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Sigmar Gabriel bei Rex Tillerson
Zwei Außenminister auf Abruf

US-Außenminister Rex Tillerson und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel haben sich in Washington getroffen. Während Gabriel nur noch geschäftsführend im Amt ist, steht Tillerson gerade im Zentrum von Entlassungsgerüchten. Beide widmeten sich jedoch nicht ihrer politischen Zukunft, sondern den Krisenzentren Iran und Nordkorea.

Von Thilo Kößler | 01.12.2017
    Außenminister Sigmar Gabriel (SPD - l) und der Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika, Rex Tillerson, begrüßen sich am 30.11.2017 im Außenministerium in Washington, D.C. (USA) vor bilateralen Gesprächen. Gabriel wird während einer eintägigen Reise verschiedene politische Gespräche, unter anderem zum Atomvertrag mit dem Iran führen. Foto: Gregor Fischer/dpa | Verwendung weltweit
    Außenminister Sigmar Gabriel in Washington zu Gesprächen mit seinem Amtskollegen Rex Tillerson (dpa / Gregor Fischer)
    Man sah das State Department in Downtown Washington förmlich schwanken - zwischen den grassierenden Spekulationen über die Absetzung seines Amtschefs Tillerson und dessen stoischer Ruhe bei der Abwicklung des außenpolitischen Tagesgeschäfts, zum Beispiel bei der Begrüßung seines deutschen Amtskollegen Gabriel. Da zuckte nicht eine Wimper im Gesicht des introvertierten Texaners. Und doch tobte im politischen Washington ein Sturm um die Person des amerikanischen Außenministers - hatte die New York Times doch berichtet, dass es im Weißen Haus Pläne zur Ablösung Rex Tillersons gebe. Meldungen, die sich untertags zu Spekulationen über einen unmittelbar bevorstehenden Rausschmiss verdichteten.
    Nein, beteuerte Außenamts-Sprecherin Heather Nauert: Tillerson ist im Amt. Tillerson bleibt im Amt. Zweimal hätten sich Trump und Tillerson bereits an diesem Tag getroffen. Allerdings, so fügte sie hinzu: Politisch lägen Ihr Chef und der Präsident in ziemlich vielen Punkten über Kreuz.
    Auffallend aber die denkbar kühle Bemerkung Donald Trumps vor einem nervösen Pulk von Journalisten: Rex is here, sagte er. Tillerson ist da.
    Fast noch kühler dann Regierungssprecherin Sarah Hucklebee Sanders: Wenn das Vertrauen zwischen beiden gänzlich zerstört wäre, dann wäre Tillerson schon weg.
    Fast hätten sich die Gerüchte schon in Luft aufgelöst, da kam CNN mit einer neuen Variante: Die Meldungen vom Anfang des Endes der Amtszeit Rex Tillersons seien der New York Times gezielt zugespielt worden - aus dem Weißen Haus. Er sollte auf diese Weise öffentlich an den Pranger gestellt werden, zitierte Korrespondentin Michelle Kosinski ihren Gewährsmann im Weißen Haus: Ein Signal an Tillerson – die Uhr tickt.
    Harte Bandagen im persönlichen Umgang
    Tatsächlich ist das persönliche Verhältnis zwischen dem bodenständigen Rex Tillerson und dem unsteten Donald Trump belastet: Der eine soll seinen Präsidenten schon einmal einen Deppen genannt haben. Der andere legte seinem Außenminister einen Intelligenztest nahe. Zu den harten Bandagen im persönlichen Umgang gesellen sich immer offenkundigere inhaltliche Differenzen – sei es in der Nordkorea-Krise, in der Tillerson die unqualifizierten Kommentare seines Präsidenten stets durch konstruktive Vermittlungsversuche ausgleichen will. Oder in der Frage des Atomabkommens mit dem Iran, das Tillerson gerne beibehalten, Trump am liebsten kündigen würde.
    Was allerdings für die These der gezielten Indiskretion aus dem Weißen Haus spricht, ist die Tatsache, dass erstmals Namen für eine mögliche Nachfolge in Umlauf gebracht wurden. Demnach solle CIA-Chef Mike Pompeo ins State Department einziehen. Und ihm solle Senator Tom Cotton an die Spitze des Auslandsgeheimdienstes nachrücken. Beides Vertraute des Präsidenten. Beides ausgesprochene Hardliner mit programmatischer America-First-Affinität.
    Nicht nur die deutsche Außenpolitik müsste sich dann auf einen noch schärferen Wind vom Potomac gefasst machen. Wo doch Sigmar Gabriel – selbst Außenminister auf Abruf – gerade einen so guten Draht zum State Department entwickelt hat. Viermal habe er Rex Tillerson bereits getroffen, sagte Gabriel, und jedes Mal die deutsche und europäische Sicht der Dinge an Tillerson herantragen können. Nun war Gabriel wieder da mit dem Ziel, für den Verbleib der USA im Iran-Abkommen zu werben und Einvernehmen im Umgang mit der Nordkorea-Krise herzustellen. Dabei dürfte die Bereitschaft Deutschlands nachgeholfen haben, einen weiteren Diplomaten aus der Botschaft in Pjöngjang abzuziehen und Nordkorea aufzufordern, seinerseits sein diplomatisches Personal in Berlin zu reduzieren. Die am Vortag noch an die deutsche Seite herangetragene Forderung, die diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea gänzlich zu kappen, sei von Seiten Tillersons nicht wiederholt worden, so Bundesaußenminister Gabriel.
    "Eine Forderung, dass wir die Botschaft schließen, ist nicht an uns herangetragen worden."
    Sigmar Gabriel geht im Übrigen davon aus, Rex Tillerson gleich in der nächsten Woche wiederzusehen – in Amt und Würden als US-amerikanischer Außenminister. Erst bei der Nato in Brüssel. Dann bei der OSZE in Wien.