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Slowakei nach dem Mord an Jan Kuciak
Sechs Wochen, die ein Land verändern

Ihr Land sahen viele Slowaken als letzte liberale Demokratie in der Region. Doch auf die Ermordung des Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova folgte eine tiefe politische Krise, die das Ende der slowakischen Erfolgsgeschichte markieren könnte.

Von Peter Lange | 05.04.2018
    Proteste nach der Ermordung von Jan Kuciak and seiner Verlobten Martina Kusnirova am 16. März 2018 in Bratislava, Slowakei.
    Proteste nach der Ermordung von Jan Kuciak und Martina Kusnirova am 16. März 2018 in Bratislava, Slowakei. (AFP / JOE KLAMAR)
    Bratislava im vergangenen Dezember. Baukräne und Baustellenlärm prägen die einst etwas schläfrige ehemalige Provinzhauptstadt, die sich im letzten Vierteljahrhundert zur Metropole gemausert hat. Bratislava steht für den wirtschaftlichen Aufstieg der Slowakei. Kurz vor dem Jubiläum - 25 Jahre staatliche Eigenständigkeit - ist der Moment zur Rückschau gekommen. Und mit wem immer man in diesen nasskalten Tagen spricht: Es überwiegen Stolz, Zufriedenheit und Erleichterung.
    "Ich glaube, die Slowakei ist eine Erfolgsgeschichte", sagt Michal Hvorecky, einer der jungen slowakischen Schriftsteller, die auch in Deutschland gelesen werden: "Vor 25 Jahren war die Slowakei so ein Außenseiter Europas. Zum Glück ist die Slowakei jetzt tatsächlich ein erfolgreiches europäisches Land. Trotz vieler Probleme aller Art ist es im Grunde, glaube ich, gut gelungen."
    "Die Slowakei hat sich kulturell, wirtschaftlich, aber auch politisch emanzipiert", sagt Mikulas Dzurinda, der ehemalige Ministerpräsident der Slowakei. Er hat das Land in EU und NATO geführt.
    "Ich denke, unserem Land hat der Weg, den wir gegangen sind vor dem Beitritt, aber insbesondere nach dem Beitritt, sehr gut getan", sagt Ivan Korcok, Staatssekretär im Außenministerium und ehemaliger Botschafter der Slowakei in Berlin: "Rechtsstaatlichkeit, die individuellen Rechte der Menschen, Freiheit der Medien: Das sind unsere Werte. Das finde ich, ist heutzutage extrem wichtig."
    "Ich fühle mich wirklich frei in der Slowakei", sagt Matus Kostony, Gründer und Chefredakteur der Zeitung Dennik N: "Ich denke nicht, dass es in der Slowakei ein grundsätzliches Problem mit der Meinungsfreiheit gibt."
    Höhepunkt einer Vertrauenskrise
    Demonstranten halten während einer Kundgebung gegen die Regierung und die Mafia unter dem Motto «Für eine anständige Slowakei» ein Plakat hoch. Zu sehen sind unter anderem die Gesichter von Ministerpräsident Fico (Mitte), Innenminister Kalinak (2.v.r) und Polizeichef Gaspar (rechts).  
    Demonstration in Bratislava (PA/AP/Ronald Zak)
    Bratislava, drei Monate später. Zehntausende sind auf den Straßen in der Hauptstadt und im ganzen Land, und fordern den Rücktritt der Regierung. Die Slowakei ist schlagartig in eine tiefe Krise geraten. Der Mord an dem Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova stellt alles infrage: die Erfolge, die Freiheiten, das Selbstverständnis. Michal Vasecka, einer der führenden Soziologen im Land:
    "Was die Slowakei jetzt durchlebt, ist der Höhepunkt einer Gesellschaftskrise, einer Krise des Vertrauens nicht nur in die Regierung, sondern auch in die Fähigkeit, eine moderne liberale Demokratie zu sein."
    Sonntag, 25. Februar. In ihrem Haus in einer Ortschaft in der Westslowakei sind Jan Kuciak und seine Verlobte tot aufgefunden worden. Die Hintergründe scheinen auf der Hand zu liegen. Tibor Gaspar, der Polizeipräsident:
    "Sie wurden getötet mit Schüssen in Brust und Kopf. Die Tatort-Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Bislang wurde keine Waffe gefunden. Wahrscheinlich hängt der Mord mit seiner journalistischen Tätigkeit zusammen."
    Die italienische Spur
    Jan Kuciak hatte zuletzt über Verbindungen der kalabrischen Ndrangheta bis in höchste Regierungskreise recherchiert. Ein Mafia-Mord also? Seine letzte, nicht abgeschlossene Geschichte, wird veröffentlicht. Es geht um italienische Geschäftsleute in der Slowakei, die in großem Stil EU-Subventionen erschlichen haben sollen, mit Hilfe von Beamten und Politikern. In der Geschichte werden Namen genannt, auch der eines Ex-Models, das als Beraterin immer an der Seite von Robert Fico auftaucht. Sie und der Sicherheitsberater des Ministerpräsidenten werden suspendiert. In der Ostslowakei stürmt die Polizei bei einer Razzia mehrere Häuser und nimmt zehn Personen fest. Polizeipräsident Tibor Gaspar:
    "Ja, es hängt mit diesem Fall zusammen, und es geht um die Leute, die im letzten Artikel von Jan Kuciak auftauchen. Wir nennen das die ‚italienische Spur‘. Es geht uns darum Beweise zu sichern und die Leute zum Verhör zu bringen."
    Die Festgenommenen werden bald darauf wieder freigelassen. Der Polizeipräsident bekommt vom Generalstaatsanwalt einen Maulkorb. Seither ist über den Stand der Ermittlungen nichts mehr zu erfahren. Aber es reicht die Annahme, dass die Mafia hinter dem Doppelmord steht, um das Land in eine tiefe Krise zu stürzen.
    Das Ende der slowakischen Erfolgsgeschichte?
    Die Slowakei ein Mafia-Staat - das klingt zu plausibel, nach all dem, was über Jahre hinweg über Korruption und Vetternwirtschaft bekannt geworden ist. Ja, die Slowakei habe da immer noch ein Problem, hatte es auch in den Gesprächen im Dezember geheißen. Aber es erschien wie eine unerwünschte Nebenwirkung der slowakischen Erfolgsgeschichte. Mit einem Mal hat sich ein ganz anderes, düsteres Bild darüber geschoben.
    "Die Slowakei war in einer Phase, in der der Satz, wir seien die letzte liberale Demokratie in Mitteleuropa, der hier gern wiederholt wurde, nicht ganz falsch war. Aber gerade, weil diese Vision liberaler Demokratie so hart mit der Realität konfrontiert ist, sind die Reaktionen heute so stark."
    Der erste, der politisch reagiert, ist Marek Madiaric, der Kulturminister. Er gilt als integer und hat öfter vor dem fragwürdigen Netzwerk von Politik und dubiosen Geschäftsleuten gewarnt. Jetzt erklärt er seinen Rücktritt:
    "Nach allem, was passiert ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass ich weiter ruhig in meinem Ministersessel sitze. Mich frustriert und belastet diese Sache außerordentlich."
    Robert Fico, der Ministerpräsident, präsentiert sich im Fernsehen, verspricht Aufklärung und lobt für sachdienliche Hinweise eine Belohnung von einer Million Euro aus. Das Geld liegt in Bündeln vor ihm. Eine seltsame, auch irgendwie halbseidene Szene.
    Von nun an wächst jedoch der Druck auf ihn und seine Regierung. Fico ist berüchtigt für seine Ausfälle gegen kritische Journalisten. Das fällt jetzt auf ihn zurück.
    Wachsender Druck auf Ministerpräsident Fico
    Montag, 5. März: Nach einer Woche, nach Gedenkmärschen und Konzerten für Jan und Martina, meldet sich Staatspräsident Andrej Kiska zu Wort. Er nimmt die Stimmung in der Bevölkerung auf und stellt sich an die Spitze der Kritik:
    "Das Misstrauen der Menschen dem Staat gegenüber ist heute riesig und es ist berechtigt. Es wurden Grenzen überschritten. Die Dinge sind zu weit gegangen. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir die Arroganz der Macht erkennen."
    Der Staatspräsident vermisst von der Regierung Konsequenzen, die verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen könnten. Deshalb geht er in die Offensive:
    "Ich sehe zwei Möglichkeiten: Entweder eine grundlegende Umbildung der Regierung oder vorgezogene Neuwahlen, was in vielen demokratischen Ländern die natürlichste Lösung wäre."
    Der slowakische Regierungschef beantwortet im Februar 2018 Fragen von Journalisten in Brüssel.
    Robert Fico stand zunehmend unter Druck. (picture alliance / dpa / CTK / Jakub Dospiva)
    Ministerpräsident Fico versteht dies als Kampfansage und reagiert entsprechend. Der Präsident überschreite seine Kompetenzen, betreibe das Spiel der Opposition, die einen Umsturz wolle.
    "Wenn es zu Änderungen in der Regierung kommen sollte, werden sie das Ergebnis von Verhandlungen der Koalitionspartner sein. Bei diesem Prozess sieht die Verfassung keine Rolle für den Präsidenten vor."
    Und auch, was die Fragen der Medien in Bratislava angeht, bleibt Fico im Angriffsmodus:
    "Ich nehme die Realität wahr und bin bereit zu diskutieren. Auf der anderen Seite habe ich das Gefühl, dass auch euch Journalisten überhaupt nicht mehr die Frage quält, warum diese jungen Menschen ermordet worden sind. Alle fragt ihr nach Neuwahlen und macht große Politik."
    Aber selbst in seiner Dreier-Koalition gärt es. Die Most Hid, die kleinste der drei Parteien, verlangt den Rücktritt von Innenminister Robert Kalinak. Andernfalls werde sie die Regierung verlassen. Kalinak, die Nummer zwei in Ficos Partei Smer, hat dank Ficos Rückendeckung schon mehrere Korruptionsaffären überstanden. Die Opposition hat immer wieder vergebens seinen Rücktritt gefordert. Er behauptet, die italienischen Behörden hätten in Sachen Mafia-Ermittlungen nicht kooperiert. Bis ihm ein Bericht italienischer Ermittler von 2013 vorgelegt wird, in dem auf das organisierte Verbrechen in der Ost-Slowakei hingewiesen wird. Jetzt will es auch der Staatspräsident genau wissen:
    "Die Bürger haben ernste Fragen und erwarten Antworten: Wie ist es möglich, dass unsere Behörden die Warnung der der italienischen Behörden über Mafia-Verbindungen in der Ost-Slowakei nicht beachtet haben? Warum hat die Regierung die Warnung unseres eigenen Geheimdienstes ignoriert?"
    "Für eine anständige Slowakei"
    Freitag, 9. März: In Bratislava und etwa 40 anderen Städten gehen Zehntausende Menschen auf die Straße. Aus den Gedenkmärschen sind politische Kundgebungen geworden. "Für eine anständige Slowakei", skandieren sie und verlangen eine unabhängige Untersuchung des Doppelmords an Kuciak und Kusnirova. Außerdem fordern sie den Rücktritt der Regierung und Neuwahlen. Am Montag darauf gibt Robert Kalinak, der Innenminister, auf:
    "Ich nehme die Entwicklungen in der politischen Szene und in der Gesellschaft sehr aufmerksam wahr. Daher habe ich beschlossen, vom Posten des stellvertretenden Ministerpräsidenten und des Innenministers zurückzutreten."
    Ein Schritt, der zu spät kommt und der Opposition längst nicht mehr ausreicht. Igor Matovic, Chef der Olano-Partei, sieht den Regierungschef in der Verantwortung:
    "Robert Fico hat von allem von Anfang an gewusst. Er hat es gedeckt und keine Konsequenzen gezogen. Er hat Kalinak nicht abberufen. Das führt uns zu dem Schluss, dass Fico zurücktreten muss."
    Die Opposition bringt im Parlament einen Misstrauensantrag ein. Für Robert Fico wird es nun gefährlich, denn die Most Hid ringt weiter mit sich, ob sie nun in der Regierung bleiben soll oder nicht. Wenn nur drei Abgeordnete mit der Opposition stimmen, ist Fico gestürzt. Dann ist Staatspräsident Kiska am Zug und kann einen Politiker seines Vertrauens mit der Regierungsbildung beauftragen. Bela Bugar, der Vorsitzende der Most Hid, kommt nach stundenlangen Beratungen seiner Parteiführung mit einer neuen Forderung vor die Presse:
    "Der Republikrat hat die Parteiführung beauftragt, mit den Koalitionspartnern über vorgezogene Neuwahlen zu verhandeln. Sollten diese Verhandlungen nicht erfolgreich sein, wird die Most Hid die Koalition verlassen."
    Die Idee dahinter: Wenn sich die Koalition selbst auf Neuwahlen verständigt, bestimmt sie auch selbst den Zeitpunkt, nicht der Präsident. Und der Misstrauensantrag würde ins Leere gehen. Aber Fico ist dagegen. Es folgen Tage intensiver Verhandlungen in Bratislava, über deren Verlauf nichts zu hören ist. Allem Anschein nach geht es nicht mehr um die Frage, ob es zu vorgezogenen Neuwahlen kommt, sondern nur noch darum, unter welchen Bedingungen. Ob die Regierung sie selbst ansetzt, oder nach deren Sturz der Staatspräsident. Am Mittwochabend tritt Robert Fico schließlich vor die Presse:
    "Es besteht die begründete Befürchtung, dass Neuwahlen in der derzeitigen emotionsgeladenen Stimmung so gut wie sicher von Chaos und Unruhen begleitet würden."
    Rücktritt auf Raten
    Und dann folgt eine Wendung, mit der so kaum jemand gerechnet hat:
    "Deshalb habe ich heute zusammen mit den Koalitionspartnern dem Präsidenten zur Lösung der politischen Krise meinen Rücktritt als Ministerpräsident angeboten."
    Ein Angebot, das allerdings an drei Bedingungen geknüpft ist, die im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass die Drei-Parteien-Koalition unter Führung seiner Smer-Partei weiter regieren kann.
    Donnerstag, 15. März: Am Mittag empfängt Staatspräsident Andrej Kiska zunächst Peter Pellegrini, einen der stellvertretenden Regierungschefs. Er soll, wenn es nach Fico geht, neuer Ministerpräsident werden. Später tritt Kiska vor die Mikrophone und erklärt, die Verfassung erlaube ihm nur eine Regierungsumbildung, denn die erforderlichen 90 Stimmen im Parlament für vorgezogene Neuwahlen, die gebe es nicht.
    Robert Fico, der gewiefte Taktiker, hat das Spiel des Präsidenten und der Opposition durchkreuzt, indem er seine Koalition gerettet hat, wenn auch um den Preis des eigenen Rücktritts.
    Nachmittags um drei ist es soweit. Robert Fico und Peter Pellegrini auf der einen Seite des Saales, Andrej Kiska auf der anderen. Die Mienen sind düster und angespannt.
    Ein Sprecher verliest die Entlassungsurkunde und die Beauftragung Pellegrinis. Kurzes Händeschütteln. Fico richtet ein paar Worte an den Präsidenten, wobei er kurz auflacht. Was er ihm gesagt hat, ist nicht bekannt.
    Was er allerdings hinterher sagt, das erbost die Opposition.
    "Meine Aufgabe wird es sein, dem neuen Ministerpräsidenten den Rücken freizuhalten. Als Parteivorsitzender werde ich darauf zu achten haben, dass die Prioritäten der Smer-Sozialdemokratie beachtet werden."
    Robert Fico gehe nur zum Schein, der Ex-Premier bleibe, kommentiert Richard Sulik, der Oppositionsführer von der neoliberalen SaS:
    "Das ist ein böser Traum, den wir hier jetzt erleben. Die Bürger haben klar gesagt: Sie wollen Neuwahlen, um die Regierung der Smer von der Macht zu vertreiben."
    Massenproteste für Neuwahlen
    Der Tag darauf: Wieder ein Freitag, wieder sind landesweit Zehntausende auf den Straßen und Plätzen. Ihnen reicht es nicht, dass an der Spitze nur ein paar Figuren ausgetauscht werden. Die Organisatoren der Kundgebungen werden ein paar Tage später vom Präsidenten empfangen. Andrej Kiska lobt ihr Engagement, aber er vermittelt ihnen wohl auch, dass vorgezogene Neuwahlen im Moment nicht durchzusetzen sind, ohne in eine Verfassungskrise zu schlittern. Und außerdem: Nach den aktuellen Umfragen dürften im Moment nur Rechtspopulisten und Rechtsextreme mit Zugewinnen rechnen. Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt würden vermutlich nicht zu neuen Mehrheiten führen, und schon gar nicht zu einer Regierung, die glaubwürdig "für eine anständige Slowakei" antreten könnte. Auch wenn das Igor Matovic von der oppositionellen Olano-Partei anders sieht. Er will ein Volksbegehren für Neuwahlen auf den Weg bringen:
    "Es gibt eine Alternative. Wir müssen uns davor nicht fürchten. Wenn sich die Regierungsparteien so sicher sind, dass sie nicht gestohlen und keine Geschäfte mit der Mafia gemacht haben, dann sollten sie auch Neuwahlen nicht fürchten."
    Pellegrini eingekreist von Journalisten mit Mikrofonen.
    Peter Pellegrini wurde im Zuge der politischen Krise neuer Regierungschef. (AFP / Vladimir Simicek)
    Donnerstag, 22. März: Im Präsidentenpalast das gleiche Zeremoniell wie vor einer Woche. Erst wird Peter Pellegrini als neuer Ministerpräsident ernannt, kurze Zeit danach seine Regierung. Sein Kabinett ist auf fünf Positionen verändert. Nachdem alle Minister ihre Ernennungsurkunden erhalten haben, erinnert Präsident Andrej Kiska noch einmal an den Ausgangspunkt der politischen Krise, die zu dem Regierungswechsel geführt hat, an den gewaltsamen Tod von Jan Kuciak und Martina Kusnirova:
    "Wir stehen hier heute mit einer neu ernannten slowakischen Regierung, weil zwei junge Menschen ermordet worden sind."
    Und dann verweist er auf den politischen Hintergrund, auf die nach seiner Meinung unangemessene Reaktion von Ex-Premier Fico:
    "Wir stehen hier, weil man nicht mit Geschrei, Arroganz und Ignoranz auf das Misstrauen und die Empörung der Öffentlichkeit reagieren kann, wo es doch um den Verdacht geht, dass das organisierte Verbrechen bis in höchste Stellen der slowakischen Politik reicht."
    Peter Pellegrini, der neue Ministerpräsident, beeilt sich zu versichern, dass seine Regierung für Stabilität und Erneuerung sorgen wolle, um die Lage im Land zu beruhigen.
    Aufräumen im Polizeiapparat
    Pellegrini hat seine Kabinettsliste noch einmal überarbeiten müssen. Denn Kiska hat seinen Kandidaten für das Amt des Innenministers abgelehnt, wegen zu enger Verbindungen zum zurückgetretenen Innenminister Kalinak. Nun übernimmt der bisherige Gesundheitsminister Tomas Drucker dass Innenressort. Und der hat Kiska offenbar versprochen im Polizeiapparat aufzuräumen.
    "Es freut mich, dass wir mit dem neuen Innenminister einig sind, dass ein Wechsel in der Polizeiführung unausweichlich ist. Überzeugende Reformen sollten die Basis sein, damit die Regierung das Vertrauen der Öffentlichkeit bekommen kann."
    Die Öffentlichkeit - damit sind die Menschen gemeint, die in den letzten Wochen auf die Straßen gegangen sind. Die Organisatoren der Proteste entschließen sich, der neuen Regierung eine Chance zu geben. Sie sagen die Demonstrationen ab, die eigentlich für den nächsten Tag angemeldet sind. Wenn die neue Regierung nicht liefere, werde man auf die Straßen zurückkommen. In der Nacht zum 27. März, gut vier Wochen, nachdem Kuciak und Kusnirova tot aufgefunden worden sind, wird die Regierung von Peter Pellegrini im Parlament bestätigt; der vorläufige Endpunkt der innenpolitischen Krise. Aber vielleicht der Anfang eines gesellschaftlichen Wandels in der Slowakei.