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Solarmesse "Smarter E"
Solarboom dank intelligenter Speichersysteme

Noch vor einigen Jahren mussten große Solarfirmen Insolvenz anmelden, jetzt wittert die Branche wieder Morgenluft. Solarstrom ist günstiger geworden, die Zahl der Anlagen wächst, auch weil es immer mehr intelligente Batterie- und Speichersysteme gibt, wie die Münchner Solarmesse "Smarter E" zeigt.

Von Susanne Lettenbauer | 17.05.2019
Ein Haus mit Solaranlagen auf dem Dach.
Jeder zweite Eigenheimbesitzer will laut BSW-Umfrage inzwischen eine Solaranlage. (picture-alliance / dpa)
Goldgräberstimmung in München. Wo noch vor einigen Jahren in den Münchner Messehallen eine stagnierende Solar- und Batteriebranche mögliche Zukunftsszenarien entwarf, hat sich die Zahl der Aussteller mittlerweile auf gut 1300 erhöht, Tendenz steigend. In der Batterieforschung setzt man verstärkt auf kostengünstige Alternativen zu Lithium: Magnesium oder Natrium.
Denn das Angebot von Strom aus erneuerbaren Energien steigt rasant: Vier Millionen Solaranlagen sind derzeit in Deutschland in Betrieb, über 130.000 Solarstromspeicher, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW): "Die Stimmung in der Branche und auf ihrer wichtigsten Messe ist momentan ausgezeichnet. Das war nicht immer so, wir haben sehr schwere Jahre hinter uns. Grund ist, dass wir inzwischen preiswert geworden sind, dass wir an der Schwelle zur Wettbewerbsfähigkeit stehen. Und wir haben höchste Akzeptanzwerte in der Bevölkerung."
Jeder zweite Hausbesitzer will mittlerweile Solarstrom nutzen
Eine Umfrage des BSW hat ergeben, dass jeder zweite Hausbesitzer Solarstrom vom Dach nutzt oder plant, jeder vierte kann sich eine eigene Stromtankstelle vorstellen, die gern auch in einem futuristischen Design daherkommen darf. Gefragt und in München auf der Messe präsent sind deshalb Komplettlösungen, die Photovoltaikanlagen, Batterien, Energiemanagement und Elektromobilität kombiniert anbieten. Ein Grund, warum die jeweiligen Spezialmessen seit einem Jahr gemeinsam auftreten. Ein weiterer Grund: Nur so könne man gegenüber dem Gesetzgeber wirkungsvoller auftreten, denn vor allem bürokratische Hürden hielten Hausbesitzer noch immer ab, auf Klimaschutztechnologien zu wechseln, sagt Körnig: "Die Solaranlage auf dem Dach, der Speicher im Keller, die Solartankstelle vor der Haustür -das alles intelligent bedarfsgerecht zu steuern und zu managen, da gibt es viele bürokratische Hürden zu überwinden. Die alte Energiewirtschaft ist auf zentralen Strukturen aufgebaut worden, die das alles noch gar nicht berücksichtigen konnten. Aber wir müssen jetzt schleunigst die Barrieren beseitigen, die Ausbauziele heraufsetzen. Dann bin ich guter Dinge, dass wir unsere Klimaziele erreichen können."
Versorgungsengpässse überbrücken per Smartphone-App
Die technischen Lösungen sind da: Ob Batteriespeicher im Keller oder Autobatterie in der Garage -örtlich unabhängige Energiegeräte können mittlerweile im Schwarm zusammengeschaltet, Versorgungsengpässe automatisch überbrückt werden - alles steuerbar über eine Smartphone-App und immer häufiger durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Eine Vernetzung der einzelnen Komponenten und ihrer Daten kann zum Beispiel erkennen, wann bei einer Schönwetterlage die Photovoltaikanlage wie viel Strom mehr produziert und die Batterie dementsprechend überschüssigen Strom an das Netz oder Haushaltsgeräte wie Waschmaschine oder Trockner abgeben kann.
Dadurch würde der Stromverbrauch nicht nur optimiert, es wäre auch ein maßgeschneiderter Stromhandel möglich, selbst für den Eigenheimbesitzer, erklärt Lars Völkel, der mit dem Mainzer Startup Ambibox in Kürze künstliche Intelligenz für Batteriespeicher anbietet." Also wir sind vor allem daran interessiert, die erneuerbare Energie wirtschaftlich zu machen. Wir sind nicht nur unterwegs, damit es ökologisch Sinn macht, sondern unsere Herausforderung ist, dass sich das auch rechnet, soweit wie möglich ohne Förderung.
Messeveranstalter: "Solarstrom wettbewerbsfähig wie nie"
Der Hintergrund: Voraussichtlich im kommenden Jahr dürfte die gesetzlich festgelegte Deckelung des Photovoltaikausbaus in Deutschland erreicht werden. Eine Förderung von Solaranlagen fiele damit weg. Rentieren würden sich nur noch große Anlagen, die ebenfalls in München vorgestellt werden, sagt Markus Elsässer, Veranstalter der Messe "Smarter E" in München: "Solarstrom ist so wettbewerbsfähig wie noch nie, und wir beobachten deshalb auch einen Trend bei großen Solarkraftwerken, dass die auch ohne Subventionen gebaut werden können. Das hat zunächst in Spanien begonnen. Aber es gibt jetzt auch in Deutschland Großkraftwerke, die subventionsfrei Solarstrom liefern." Einzig die Bundesregierung würde höhere Ausbauziele blockieren, kritisiert die Branche. Neuestes Problem: Seit April 2019 müssen Elektroladesäulen eichrechtskonform sein, das heißt kilowattstundengenau abrechnen können. Was aus Verbrauchersicht Sinn macht, bedeutet für Ladesäulenbetreiber hohe Kosten bis hin zum Abriss der Ladestationen.