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Sozialer Wohnungsbau
Warum Wiener günstig wohnen

Der soziale Wohnungsbau in Wien hat eine lange Tradition. Er funktioniert, weil er breiten Bevölkerungsschichten zugänglich ist, hunderttausende Wohnungen umfasst und die Kosten von der Gemeinschaft bereitwillig getragen werden. Das Modell ist allerdings nur begrenzt übertragbar.

Von Srdjan Govedarica |
    Wilhelm-Weber-Hof in Wien Simmering.
    In den 50er Jahren gebaut, aber frisch renoviert: Wien hält seine Gemeindebauten in Schuss. Außerdem hat die Stadt Wien ihren Wohnungsbestand nicht veräußert. (Deutschlandradio / Srdjan Govedarica)
    Eine Dachgeschosswohnung in Wien Simmering, etwa zehn U-Bahnminuten von der Stadtmitte entfernt. Die Wohnung ist zu haben, sie hat zwei Zimmer, Küche und Bad, außerdem einem großen Abstellraum und einen Balkon. Sie ist hell und gut in Schuss: "Das ist eine Dachgeschosswohnung, wie sie jede Wienerin und jeder Wiener im Gemeindebau kriegen kann", sagt Markus Leitgeb von der städtischen Hausverwaltung Wiener Wohnen. Sie ist für die so genannten Gemeindebauten zuständig, die Sozialwohnungen Wiens.
    Gleiche Kosten in jedem Bezirk
    "Das Tolle an den Wiener Gemeindebauten ist, dass es sie in allen 23 Bezirken gibt, also vom 1. Bezirk knapp neben dem Stephansdom bis in den 11. Bezirk. Und wir verlangen überall die gleiche Miete. 5,80 Euro pro Quadratmeter, dazu kommen die Betriebskosten und zehn Prozent Steuern. Aber es gibt keine Aufschläge, keine Maklerprovision, keine Gebühren."
    Für die freie Dachgeschosswohnung in Simmering ist eine Warmmiete von circa 600 Euro fällig. Werner Zossinger zahlt aber deutlich weniger, weil er schon seit über 40 Jahren hier wohnt: "Sagt's niemand - ich zahl 210 Euro." Der 72-jährige Rentner wohnt in einer 57-Quadratmeter-Wohnung. Mit Strom, Gas und Telefon kommt er auf eine Warmmiete von 400 Euro. "Da kannst ned sage, du bist unzufrieden!"
    Hier im so genannten Wilhelm-Weber-Hof in Simmering leben circa 700 Menschen in 300 Wohnungen. Die Anlage stammt aus den 50er Jahren, ist aber kürzlich renoviert worden. Die Wohngebäude wirken gepflegt und modern, große Innenhöfe verbinden sie, überall ist viel Grün. So oder so ähnlich sehen die meisten Gemeindebauten in Wien aus. 220.000 Wohnungen gehören direkt der Stadt, an weiteren 200.000 Wohnungen ist sie beteiligt.
    Alle zahlen - alle profitieren
    62 Prozent der Wiener wohnen in einer dieser Wohnungen mit gedeckelten Mieten. Das wirkt sich auf den gesamten Mietmarkt aus und drückt die Preise nach unten. Die Stadt lässt sich das einiges kosten, sagt Kurt Stürzenbecher, sozialdemokratischer Gemeinderat und Vorsitzender des Wohnausschusses der Stadt. 600 Millionen Euro im Jahr gehen in die Wohnbauförderung: "Das ist einfach gesellschaftlich akzeptiert, dass 0,5 Prozent der Bruttolohnsumme sowohl von Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer abgezogen werden und in diesen Topf Wohnbauförderung fließen."
    Besonders stolz ist die Stadt Wien darauf, dass in den Gemeindebauten Menschen unterschiedlicher sozialer Strukturen leben. Das hängt damit zusammen, dass circa 75 Prozent der Wienerinnen und Wiener die Grundvoraussetzungen für eine städtische Wohnung erfüllen. Es gibt zum Beispiel eine Einkommens-Obergrenze von üppigen 44.000 Euro netto für eine Einzelperson. "Das heißt, dass die Wohnbauförderung wirklich eine Mittelstandförderung ist. Dass nicht nur die Armen davon profitieren, sondern auch der Mittelstand bis in die obere Mittelschicht hinein"
    Wohnen als Menschenrecht begreifen
    Der Soziale Wohnungsbaut hat in Wien eine fast 100-jährige Tradition. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Großstädten hat die Stadt außerdem ihren Wohnungsbestand im Laufe der Jahre behalten und nicht verkauft. Deshalb ist Wien-Modell schwer auf andere Städte zu übertagen. Aber das Grundprinzip der Stadt, könne dennoch als Orientierungshilfe dienen, sagt Gemeinderat Kurt Stürzenbecher: "Das Wichtigste ist: Nicht auf den Markt alleine vertrauen, sondern den Markt korrigieren und Wohnen als Menschenrecht sehen und dieses Menschenrecht muss mit den staatlichen und kommunalen Mitteln durchgesetzt werden."