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Spanien und Katalonien
Noch bleibt Zeit, wieder miteinander zu reden

In dem schwelenden Streit über die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens berät die Regierung in Madrid über eine Beschränkung der katalanischen Autonomierechte. Wie weit diese Eingriffe gehen werden, ist noch unklar - und auch, wie es danach weitergehen soll in dem Konflikt.

Von Burkhard Birke | 21.10.2017
    König Felipe VI. und Königin Letizia bei der Verleihung der Princess of Astrurias Awards 2017 im Theater Campoamor in Oviedo, Asturien
    König Felipe VI. hat klar zu den Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens Stellung genommen (imago / Alberto Morante)
    "Spanien muss sich einem unakzeptablen Versuch der Loslösung eines seiner Landesteile stellen. Dieser Konflikt wird demokratisch mit den Mitteln der Verfassung gelöst werden unter Wahrung der Werte und Prinzipien der Demokratie, in der wir seit 39 Jahren leben."
    Bei der Verleihung der Premios Princesa de Asturias in Oviedo stellte sich König Felipe VI. als Staatsoberhaupt voll hinter den Weg, den das Kabinett auf einer Sondersitzung beschließen will. Nach Artikel 155 der spanischen Verfassung plant die Zentralregierung in Madrid, die Kontrolle über die autonomen Institutionen in Katalonien zu übernehmen.
    Neuwahlen in Katalonien im Gespräch
    "Wir haben nur Klarstellung verlangt, ob die Unabhängigkeit erklärt worden ist. Das ist doch nicht zu viel verlangt und macht doch einen Unterschied, ob es passiert ist oder nicht. Abgesehen davon existieren das Gesetz für das Referendum und eine Fülle an Entscheidungen, die gegen die Verfassung und das Autonomiestatut verstoßen. Das zwingt uns zu handeln."
    Rechtfertigte Mariano Rajoy nach dem EU Gipfel in Brüssel nochmals seine Entscheidung. Spaniens konservativer Regierungschef hat sich mit der Opposition von Sozialisten und auch mit Ciudadanos abgestimmt. Details sollen erst nach dem Kabinettsbeschluss bekannt gegeben werden. Dann wird klar, ob der Artikel zum Spaltpilz, der berüchtigten Atombombe wird, oder in einer Form 155 light kommt, mit marginalen Eingriffen in die katalanische Autonomie. Vieles spricht für letztere Variante. Die Opposition drängt zudem auf rasche Neuwahlen in Katalonien. Die Rede ist von Januar. Die Entscheidung der Regierung muss auf alle Fälle vom Senat abgesegnet werden. Das Plenum ist für Freitag kommender Woche einberufen. Solange bliebe theoretisch noch Zeit, den Konflikt zu entschärfen.
    Unabhängigkeitsbefürworter wollen wieder demonstrieren
    Kataloniens Regierung hat auch bei Ablauf des letzten Ultimatums ihre Gesprächsbereitschaft bekräftigt. Präsident Carles Puigemont hat aber gleichzeitig gedroht, das katalanische Parlament könnte endgültig die Republik Katalonien ausrufen, wenn Madrid den Artikel 155 in Kraft setzt. Wann genau dies passieren soll, darüber wird im Lager der Separatisten gestritten - wie auch über die Sinnhaftigkeit der letzten Protestaktion. Die Unabhängigkeitsbewegungen Omnium Cultural und Katalanische Nationalversammlung, deren Führer wegen angeblicher Anstiftung zum Aufruhr in Haft sind, hatten aufgerufen, die Konten bei den Banken zu leeren. Viele Bürger hoben 155 Euro symbolisch ab, um gegen die Anwendung des Artikels 155, aber auch gegen die Verlagerung der Firmensitze von Banken wie Caixa und Sabadell zu protestieren.
    "Wenn wir alle das machen, übt das Druck aus, aber so ganz leuchtet mir das nicht ein."
    Vertreter der Regierung halten die Aktion gar für kontraproduktiv in einer Situation, in der mehr als 1.000 Unternehmen mittlerweile schon ihren Firmensitz ausgelagert haben. Die Verunsicherung und die Polarisierung wachsen. Die Unabhängigkeitsbefürworter wollen wieder zu Zigtausenden gegen die Repression aus Madrid und die Verhaftung ihrer Führer auf die Straße gehen.
    "La solucion seria dialogar."
    Die Lösung wäre, endlich miteinander zu reden, meint Miguel Angela auf der Straße. In diesem Wunsch scheint das Gros der Separatisten und der Unionisten in Katalonien geeint.