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SPD-Chef Gabriel
Scharfer Wind von links

In der SPD rumort es: In Magdeburg wollen Mitglieder eine neue Parteilinke gründen. Der Gründungsaufruf kann als Kritik an Parteichef Sigmar Gabriel gelesen werden - auch wenn die Unterzeichner des Papieres andere Gründe für ihr Handeln anführen.

Von Frank Capellan | 14.11.2014
    Die neue Linke innerhalb der SPD wird von Gabriels Stellvertreter Ralf Stegner (links) geführt.
    Die neue Linke innerhalb der SPD wird von Gabriels Stellvertreter Ralf Stegner (l.) geführt. (dpa/picture alliance/Markus Scholz)
    Das Grummeln über den SPD-Vorsitzenden wird hörbar. Vieles, was die neue Partei-Linke in ihren Gründungsaufruf geschrieben hat, richtet sich gegen Sigmar Gabriel. "Hektische und unsouveräne Versuche, die Programmatik der SPD wieder nach rechts zu verschieben und damit die vermeintliche Mitte anzusprechen, sind der falsche Weg.
    "Wir haben bei der Kritik eines Blicks auf die politische Mitte gar nicht Sigmar Gabriel unbedingt im Auge gehabt," versucht Erstunterzeichner Carsten Sieling zu beschwichtigen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete scheint aber zu ahnen, dass der Parteivorsitzende nicht gerade erbaut darüber sein wird, dass sich da eine neue kritische Gruppierung formiert:
    "Mit Sigmar Gabriel habe ich natürlich Kontakt gehabt in den letzten Tagen. Ich empfinde das so, dass es da so eine gespannte Aufmerksamkeit gibt, was wir da machen, eine positive Aufmerksamkeit, als dass die Erwartung besteht, dass wir unseren Beitrag leisten, 2017 zur Bundestagswahl ein gutes Ergebnis zu erzielen."
    Streitpunkt Vermögenssteuer
    In den Augen mancher Linker in der Partei ist der Vorsitzende dabei aber gerade auf dem Holzweg. Unmut macht sich breit, dass der Gabriel gerade die bisherige Steuerpolitik über den Haufen wirft. Im Wahlkampf wurde Ex Finanzminister Peer Steinbrück ein Programm übergestülpt, das nie wirklich zu ihm passte. Umverteilung von oben nach unten, die Forderung nach einem höheren Spitzensteuersatz, damit konnte zumindest Steinbrück die Wähler nicht überzeugen. Nun versucht es Gabriel mit einer 180-Grad-Wende. Die Vermögenssteuer - hat er gerade für tot erklärt und damit Kopfschütteln bei manchen Sozis geerntet. So nicht - meint etwa Johanna Ückermann. Klar, sagt die Juso-Chefin im SWR: In einer Großen Koalition kann man vieles nicht umsetzen:
    "Aber wir haben eben Parteitagsbeschlüsse, die sehr klar sagen, dass wir uns einsetzen als SPD für eine gerechtere Steuerpolitik, dazu gehört auch die Vermögenssteuer. Ich bin mir sicher, dass solche Parteitagsbeschlüsse auch nicht einfach gekippt werden, auch nicht von Sigmar Gabriel."
    Der jedenfalls kann sich auf muntere Diskussionen gefasst machen. "Wir sind überzeugt, dass eine gerechtere Verteilung von Einkommen und Vermögen die Voraussetzung für ein nachhaltiges Wachstum ist!" heißt es im Papier der Linken, das bereits von mehr als 700 Sozialdemokraten unterzeichnet wurde. Geführt wird die Magdeburger Plattform von keinem Geringeren als von Gabriels Stellvertreter Ralf Stegner. Auch Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht will dabei sein. Konstruktiv, wie sie verspricht.
    "Die Linke hat immer gekennzeichnet, dass sie sich konstruktiv eingebracht hat, dass es ihr darum ging: Wie kommen wir denn als SPD insgesamt weiter? Dieses Ziel wollen wir mit dieser Plattform erreichen. Vorschläge zu machen, die weder gegen den Parteivorsitzenden gerichtet sind, das ist überhaupt nicht Ziel. Sondern darum, sich einzubringen, in eine Diskussion, die wir führen müssen."
    Auch Nahles und Maas unterstützen die Bewegung
    Diese Diskussionen entzünden sich auch am Freihandelsabkommen mit den USA. Der Kurs des eigenen Vizekanzlers gilt vielen als zu unternehmensfreundlich. In der Energiepolitik macht er ihnen nicht genügend Druck auf die Konzerne, dass er den Ausstieg aus der Kohleförderung nicht forciert, sorgt für Unmut. Profil zeigen, sich abgrenzen von der Union, dieser Wunsch wird stärker und kurz bevor sich Carsten Sieling auf den Weg nach Sachsen-Anhalt macht, erzählt er - nicht ganz ohne Stolz - dass er selbst Kabinettsmitglieder für die linke Plattform gewinnen konnte.
    "Heute Abend wird Andrea Nahles dabei sein. Heiko Maas wäre dabei, wenn er morgen nicht auf eine Auslandsreise gehen würde."
    Am Abend wird es gemütlich, morgen dann geht es ans Eingemachte.