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SPD-Landesparteitag in Sachsen-Anhalt
Gedrückte Stimmung nach Sondierungsgesprächen

Nach der Einigung bei den Sondierungsgesprächen zwischen CDU, CSU und SPD ist auf dem dem SPD-Landesparteitag in Sachsen-Anhalt von kämpferischen Delegierten nichts zu spüren. Viele der anwesenden Sozialdemokraten sind skeptisch. Die Bundes-SPD sei mit dem 28-seitigen Sondierungspapier zu viele Kompromisse eingegangen.

Von Christoph Richter | 13.01.2018
    Delegierte diskutieren am 12.01.2018 in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) vor Beginn des Landesparteitages der SPD Sachsen-Anhalt.
    Zum sachsen-anhaltischen SPD-Landesparteitag sind 120 stimmberechtigte Delegierte in ein Kongresshotel in Wernigerode gekommen (picture alliance/dpa - Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild)
    "Man kann heute auf dem Parteitag merken, es sind noch sehr viele, sehr skeptisch. Viele haben einen Button mit 'No GroKo', und wir werden sicher noch spannende Diskussionen haben", sagt Petra Grimm-Benne, SPD-Sozialministerin in Sachsen-Anhalt. Sie ist Delegierte aus Schönebeck, das liegt 20 Kilometer südlich von Magdeburg. Ihr liegen die Themen Arbeit, Soziales und Rente am Herzen. Da müsse nachjustiert werden, so Grimm-Benne.
    "Dass, was Sie sehen im Papier ist schon wieder eine Kompromisssituation. Und da haben viele Sorge – zurecht – dass wir wieder nicht erkennbar sind."
    Ratlosigkeit und Enttäuschung
    Zum sachsen-anhaltischen SPD-Landesparteitag sind 120 stimmberechtigte Delegierte in ein Kongresshotel im nebelverhangenen Wernigerode gekommen und sie wirken niedergedrückt. Tenor: Viel ist bei den Sondierungsverhandlungen nicht rausgekommen. Von kämpferischen Sozialdemokraten ist nichts zu spüren. Vor allen Dingen die Bürgerversicherung lässt die Genossen in Sachsen-Anhalt ratlos zurück. Das Thema taucht mit keinem Wort in dem 28-seitigen Sondierungspapier auf. Ein Problem für die Genossen. Hieß es doch bereits vorab, wenn die Bürgerversicherung nicht komme, könne man den Koalitionsverhandlungen nicht zustimmen.
    "Ich bin kein Freund einer Großen Koalition. Weil, es wird wahrscheinlich wieder so weiter gehen, wie bisher. Wir brauchen eine Erneuerung."
    Wolfgang Zahn ist SPD-Kreistagsabgeordneter in der Magdeburger Börde, ein burschikoser Typ. Der Agrar-Ingenieur fordert einen klaren Schnitt. Die Ergebnisse der Sondierungsverhandlungen reichen nicht aus, um in eine Regierung zu gehen. Gerade wenn es um die Zukunft der Arbeit, der Kommunen, der ländlichen Regionen gehe, sei ihm alles zu schwammig, so Zahn weiter.
    "Wir müssen als SPD moderner werden."
    Einen gemäßigteren Ton schlägt der Wittenberger Delegierte Arne Lietz an, seit 2014 sitzt er für die SPD im Europaparlament. Lietz ist kein Freund schneller Entscheidungen, er plädiert stattdessen für einen gründlichen Diskussionsprozess.
    "Das ist ein großes Mobile von Themen, die hier aufeinander abgestimmt sind, wo man gucken muss, macht es politisch Sinn. Ich erinnere, dass uns die österreichischen Kollegen mit auf den Weg gegeben haben, vorsichtig zu sein, jetzt erneut eine Große Koalition einzugehen. Weil sie ihrerseits unter den Großen Koalitionen derart gelitten haben, dass sie mehr und mehr abgebaut haben."
    Wo man hinschaut, man guckt in verkniffene Augen. Keiner jubelt, dass nun endlich eine Lösung gefunden wurde. Stattdessen stehen die Sozialdemokraten verloren in den Gängen des Tagungshotels, reden, diskutieren. Man glaubt fast, das Zähneknirschen der Genossen zu hören.
    Jusos mit No-GroKo-Anstecker
    Für die Jusos dagegen ist die Sache klar. Auf dem Landesparteitag in Wernigerode tragen sie ihre roten No-GroKo-Anstecker stolz am Körper. Auch Tina Rosner, die Landesvorsitzende der Jusos in Sachsen-Anhalt.
    "Eine Ablehnung ist kein Persilschein, wir machen das nicht einfach so. Wir machen das aus inhaltlichen Gründen. Die kann man ganz klar an den Sondierungsverhandlungen aufzeigen. Da gibt’s die Bürgerversicherung, den Familiennachzug, ein Steuerkonzept das entlasten soll. Das alles finden wir nicht wieder. Wir finden kein geeignetes Rentenkonzept wieder, wir finden keine vertrauensvolle Zusammenarbeit wieder. Das hat sich in den Sondierungen gezeigt. Daher haben wir eine ganze Reihe von Gründen, auf faktischer Basis, das Ganze abzulehnen."
    Zur Unterstützung kommt am Nachmittag Kevin Kühnert - der Bundesvorsitzende der Jusos - nach Wernigerode, zum Landesparteitag der SPD in Sachsen-Anhalt.
    Kein leichter Gang für Gabriel
    Heute Vormittag wird bereits Außenminister Sigmar Gabriel erwartet. Ein Katzensprung, liegt sein Wohnort Goslar gerade mal 35 Kilometer von Wernigerode entfernt, auf der niedersächsischen Harz-Seite. Seine Aufgabe ist aber alles andere als leicht, muss er doch der SPD-Basis die Trümpfe präsentieren, die die Genossen am Ende überzeugen, den Gang in die Koalitionsverhandlungen anzutreten.