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Spionage-Affäre
BND-Ausspähung irritiert Türkei

Die Berichte über die BND-Abhöraffäre schlägt in der Türkei hohe Wellen. Die türkische Regierung bittet den deutschen Botschafter um Aufklärung, Außenminister Davutoglu will mit seinem deutschen Kollegen Steinmeier telefonieren. Die Bundesregierung übt sich in Zurückhaltung.

    Die Medienberichte über die Bespitzelung der Türkei durch den Bundesnachrichtendienst (BND) sind zum Fall für die Diplomatie geworden. Der deutsche Botschafter in Ankara, Eberhard Pohl, wurde am Montag zur Klärung der mutmaßlichen Ausspähung durch den Bundesnachrichtendienst ins Außenministerium gerufen. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu sagte, sollte Deutschland den NATO-Partner wirklich ausspioniert haben, wäre dies inakzeptabel und unentschuldbar. Er wollte noch am Montag mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprechen.
    Kein Kommentar
    Zuvor hatte die Türkei eine "formale und befriedigende Erklärung" zum mutmaßlichen Abhören von Telefongesprächen gefordert. Dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" zufolge steht die Türkei im Auftragsprofil der Bundesregierung für den BND. Auch "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR hatten berichtet, das geltende Auftragsprofil für den deutschen Geheimdienst aus dem Jahr 2009 umfasse ein Nato-Land - ohne dessen Namen zu nennen. Den Berichten zufolge soll der BND außerdem Telefonate von US-Außenminister John Kerry und dessen Vorgängerin Hillary Clinton zufällig abgehört haben.
    Die Bundesregierung lehnte es ab, die Berichte zu kommentieren. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz sagte, sie könne die Medienberichte zu den BND-Aktivitäten in keiner Weise bestätigen. Der Ort für Aufklärung sei das Bundestags-Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste. Die Regierung habe das Gremium bereits im Juli von sich aus über einen Teil des Sachverhalts informiert. Die Unterrichtung über alles Weitere werde "zeitnah" folgen. Nähere Angaben machte sie nicht. Der BND lehnte es am Montag weiter ab, sich öffentlich zu den Berichten zu äußern.
    Diskussionen in Deutschland
    In Deutschland wird währenddessen weiter darüber diskutiert, ob die Türkei durch deutsche Geheimdienste ausgespäht werden darf. Der SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek, verteidigte das mutmaßliche Vorgehen des Bundesnachrichtendienstes. Er sagte im Deutschlandfunk, es sei notwendig, dass der BND in dem geopolitisch bedeutsamen Land wichtige Daten erhebe.
    Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach verteidigte ebenfalls die Spionage-Aktivitäten des BND. Im "Kölner Stadt-Anzeiger" führte er als Beispiel die Aktivitäten der verbotenen kurdischen PKK in Deutschland an. Der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom nannte die Debatte über die Geheimdienste hysterisch. Der Bundesnachrichtendienst müsse "Handlungswissen" für die Regierung beschaffen - über Krisenregionen, in denen die Türkei aktiv ist, genauso wie über außenpolitische Ambitionen des Weißen Hauses, sagte er im Deutschlandfunk.
    (pg/swe)