Mittwoch, 08. Mai 2024

Sexualisierte Gewalt im Fußball
"Täter suchen sich den Sport gezielt aus"

Das Duisburger Landgericht hat einen Fußballtrainer zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der Mann hatte zwei Spielern zum Teil schwere sexuelle Gewalt angetan und die Taten gefilmt. Im Fußball gibt es aber aktuell noch mehr Fälle dieser Art.

25.02.2024
Ein Junge läuft mit einem Ball über einen Fußballplatz - er ist aber sehr unscharf fotografiert und damit nicht erkennbar.
Sexualisierte Gewalt im Fußball: Keine speziell gefährdete Sportart, aber eine Sportart mit sehr viele Spielerinnen und Spielern (IMAGO / Pond5 Images / IMAGO / xmax5128x)
Aktuell gibt es darüber hinaus weitere Fälle: In Frankfurt muss ein Prozess gegen einen Fußballtrainer in Teilen neu aufgerollt werden, er hatte junge Fußballer bei sich zu Hause mit Tabletten und Alkohol betäubt und sich dann an den wehrlosen Kindern vergangen. Und in München läuft aktuell ein Verfahren gegen einen weiteren Fußballtrainer. Tatvorwurf unter anderem: sexueller Missbrauch und Vergewaltigung in mehr als 900 Fällen an 30 betroffenen Fußballern, zur Tatzeit zwischen 13 und 18 Jahren.

"Täter suchen sich den Sport gezielt aus"

Sport sei in dieser Hinsicht generell gefährdet, sagt die Deutschlandfunk-Autorin Andrea Schültke. "Täter suchen sich den Sport gezielt aus, bekommen leicht Zugang und schaffen es, im Verein schnell großes Vertrauen auf allen Ebenen aufzubauen."
In München habe der Beschuldigte als sportlicher Leiter einen Ruf aufgebaut, wurde als Respektsperson angesehen. Denn er war vorher bei einem Profiverein. Im Verfahren wurde klar, dass er auch Eltern eingebunden und ihnen vorgeschlagen hatte, in der Fußballabteilung ein Ehrenamt zu übernehmen. "Dann hat er Physiotherapie angeboten, ohne eine Ausbildung zu haben. Und dabei ist es zu den Übergriffen gekommen."
Die Übergriffe seien lange nicht entdeckt worden, weil die Jungen unbedingt spielen wollten und den Eindruck hatten, dass die Behandlungen geholfen hätten, berichtet Schültke aus den Erkenntnissen des Verfahrens. Alle hätten untereinander geredet und Witze gemacht. "Aber alle wussten offenbar auch: Wenn das raus kommt, haben wir keinen Trainer mehr." Erst, als ein Kind sich bei einer anderen Physiotherapeutin wie selbstverständlich nackt auszog, wurde klar, was da passiert ist.

"Sport hat ein systemisches Problem"

Es gebe im Sport systemisches Problem, sagt Schültke. "Eine Person hat viel Macht, knüpft Kontakte, kann sich unentbehrlich machen, ist gut in dem Job - die Vereine sind dann glücklich über den Mitarbeiter und hinterfragen nichts mehr."
Doch Vereine müssten wachsam sein, sagt Schültke. "Es sind nicht nur gut meinende Menschen im Sport unterwegs". EIn Kinderschutzkonzept müssten die Vereine auch leben und nicht in Schubladen verschwinden lassen. "Dann machen Täter um solche Vereine oft einen großen Bogen."