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Steffen Mensching: „Schermanns Augen“
Das Lager als literarischer Ort

In seinem historisch weit ausgreifenden Roman verfolgt Steffen Mensching die Spur des Grafologen Rafael Schermann durch die Höhen und Tiefen des 20. Jahrhunderts, bis hinein in die Tiefen des sowjetischen Gulag. Mensching hat hierfür in Archiven recherchiert und die "Lager-Literatur" studiert.

Von Michael Opitz | 21.10.2018
    Buchcover: Steffen Mensching: „Schermanns Augen“
    Steffen Mensching schreibt mit leichter Hand, was angesichts des gewaltigen zeit- und ideengeschichtlichen Kosmos Respekt verdient (Buchcover: Wallstein Verlag, Foto: Wallstein - Pressefoto Mensching_Steffen - Friederike Lüdde)
    Der zentrale Ort in Steffen Menschings Roman "Schermanns Augen" ist das sowjetische Arbeitslager Artek II, in dem neben Kriminellen auch politische Gefangene inhaftiert sind. Seit 15 Monaten ist Otto Haferkorn einer der politischen Häftlinge, die als 58er bezeichnet werden: verurteilt wegen Spionage, Terror und konterrevolutionärer Agitation nach Paragraph 58, Absatz 6, 8 und 10. Ins Lager sind sie gekommen, weil eine Welle des roten Terrors über das Land hinwegging, nachdem Stalin seine engsten Mitstreiter aus den Tagen der Oktoberrevolution liquidieren ließ. Von Rückblicken unterbrochen spielt Menschings Roman im November/Dezember 1940.
    Im selben Jahr erschien zunächst nur in englischer Sprache Arthur Koestlers Roman "Darkness at Noon", der in Deutschland unter dem Titel "Sonnenfinsternis" bekannt wurde und der vor wenigen Monaten zum ersten Mal in der deutschen Originalfassung veröffentlicht wurde. Wie Rubaschow in Koestlers "Sonnenfinsternis" so ist auch Otto Haferkorn in Menschings Roman "Schermanns Augen" grundlos verhaftet worden. Dem führenden Mitglied der kommunistischen Partei Rubaschow, der zur alten Revolutionsgarde gehörte, wird vorgeworfen, als Mitglied einer oppositionellen Gruppe an einem gegen Stalin geplanten Anschlag beteiligt gewesen zu sein. Obwohl es dafür keinerlei Beweise gibt, wird er in einem Schauprozess dennoch zum Tode verurteilt. Die absurden Verhörsituationen, denen er sich zuvor ausgesetzt sah, erinnern an jene, die Franz Kafka in seinem Roman "Der Prozess" beschreibt – auch Josef K. ist ja davon überzeugt, unschuldig zu sein und auch er wird am Ende des Romans getötet. Besonders von den Linken wurde Koestler nach der Veröffentlichung von "Sonnenfinsternis" heftig angegriffen. Seine Enthüllungen des stalinistischen Unrechtssystems galten als antikommunistische Propaganda. Erst als Nikita Chruschtschow 1956 auf dem XX. Parteitag der KPdSU mit den Verbrechen Stalins abrechnete, wurde offensichtlich, wie weit Koestlers "Sonnenfinsternis" seiner Zeit voraus war.
    Inzwischen liegen mit Alexander Solschenizyns "Archipel Gulag" und Warlam Schalamows "Erzählungen aus Kolyma" literarische Werke vor, in denen die menschenverachtenden Verhältnisse in Stalins Straflagern beschrieben wurden. Doch während Solschenizyn und Schalamow die Grausamkeiten, über die sie schrieben, als Gefangene selbst erlebt haben, fehlten dem 1958 in Berlin geborenen Steffen Mensching, um seinen Gulag-Roman "Schermanns Augen" schreiben zu können, vergleichbare Erfahrungen. Mensching, der an diesem Buch zwölf Jahre gearbeitet hat, war auf andere Quellen angewiesen. Er hat in Archiven recherchiert, mit Zeugen gesprochen, Opferberichte gelesen und er hat sich mit der sogenannten "Lager-Literatur" auseinandergesetzt. "Schermanns Augen" basiert insofern auf Informationen aus "zweiter Hand", aber einen "realen Kern" besitzt dieser Roman dennoch, denn den Grafologen Rafael Schermann, dessen Spur Mensching verfolgt, hat es tatsächlich gegeben.
    Artek ist die Hölle
    Neben Rafael Schermann ist Otto Haferkorn eine der zentralen Figuren in Menschings Roman. Der Jungkommunist aus Berlin-Lichtenberg hat bis zu seiner Verhaftung in Moskau gelebt und dort als Setzer gearbeitet. Dass ihm im Land der Werktätigen der Prozess gemacht wurde, hält er noch immer für einen Irrtum und weiterhin ist er fest davon überzeugt, dass das Urteil – 10 Jahre Arbeitslager – bald schon kassiert werden wird. Bei guter Führung würde er 1949 aus dem Lager entlassen werden, aber er bräuchte Glück und einen Schutzengel, um es als freier Mann verlassen zu können. Denn in Artek war der Tod allgegenwärtig. Pech hatte, wer bei Waldarbeiten von einem gefällten Baum erschlagen wurde – die meisten Gefangenen jedoch starben vor Hunger oder vor Erschöpfung, andere wurden wahnsinnig.
    "War der Verlust eines Löffels noch zu verschmerzen – man schnitzte sich im Wald, wo man an Werkzeug herankam, einen neuen –, konnte ein verschwundener Essnapf den Hungertod bedeuten. Niemand würde einem seinen leihen. Ersatz aus dem Depot erhielt man erst nach umständlichen Anträgen, deren Bearbeitung, wenn sie erfolgte, Wochen brauchte. Obwohl wässrig und fleischlos, bildete Balanda [eine dünne Suppe] den Grundstock der Verpflegung. Das schlimmste, kaum ertragbare Verhängnis war, wenn ein Gefangener, durch Fahrlässigkeit oder Diebstahl, etwas verlor, das ihn an sein ziviles Vorleben erinnerte, einen Kamm, eine Pfeife, die Fotografie seiner Frau oder Kinder oder ein geliebtes, behütetes Buch."
    Bärenstark würde Haferkorn sein müssen, wenn er die restlichen Haftjahre überstehen wollte, und er spürte doch bereits nach dem ersten Jahr im Lager, dass er täglich schwächer wurde. Gelernt hatte er inzwischen, wie das Lager funktionierte. Jede sich bietende Gelegenheit galt es zu nutzen, um der kräftezehrenden Arbeit wenigstens für einen Tag fernbleiben zu können. Insofern war der ungenießbare Pilz, an dem er sich den Magen verdorben hatte, ein Glücksfall. Während er sich im Lazarett aufhalten konnte, musste sein Arbeitskommando ohne ihn auskommen. Zufall war, dass in der Krankenbarracke ein älterer Mann neben ihm zu liegen kam. Für diesen Neuen interessierte sich seltsamerweise sofort der Lagerkommandant. Ungewöhnlich war außerdem, dass der Krankenpfleger den Befehl erhielt, sich um diesen Rafael Schermann zu kümmern, denn eigentlich interessierte sich im Lager niemand für einen Gefangenen, der eventuell sterben könnte. Schermann sollte auf jeden Fall überleben. Haferkorn, der neugierig geworden war, was es mit dem Alten auf sich hat, fand beim Durchsuchen von Schermanns Taschen ein Adressbuch, das fein säuberlich notierte Namen enthielt. Viele Namen sagten ihm nichts, andere hatte er schon einmal gehört: Else Lasker-Schüler, Adolf Loos, Oskar Kokoschka, Alfred Döblin, Ivan Goll, Karl Kraus, Magnus Hirschfeld, Sergej Eisenstein, Bela Balasz. Nicht erklären konnte sich Haferkorn, wie diese Namen in das Adressbuch eines Mannes gekommen waren, der vorgab, Gärtner zu sein. Auf Haferkorns Frage, was er als Gärtner in Paris gemacht hat, antwortet Schermann:
    "Das Übliche, [...] im Kaffeehaus gesessen, Taxi gefahren, Billard gespielt, Zeitung gelesen, Käse gegessen, mit Joseph Roth Rotwein getrunken, Komplimente in Frauenohren geflüstert und Gott gepriesen. Jedenfalls war ich kein Hungerkünstler, falls du das denkst."
    Rafael Schermann – als Figur keine Erfindung
    Den Grafologen Rafael Schermann hat es tatsächlich gegeben. Der Kulturphilosoph Walter Benjamin – auch er interessierte sich für Grafologie, erstellte grafologische Gutachten und rezensierte grafologische Bücher – erwähnt ein Zusammentreffen mit Rafael Schermann in einem seiner Briefe. Der 1879 in Krakau geborene Schermann zählte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu den gefragtesten Gästen in den vornehmen Salons der besseren Gesellschaft. Ihm genügten nur wenige handschriftliche Zeilen, um anhand der ihm vorgelegten geschriebenen Worte auf den Charakter des Schreibers zu schließen. Sein 1929 erschienenes Buch "Die Schrift lügt nicht" verkaufte sich äußerst erfolgreich und Schermann, der anfangs der Polizei und verschiedenen Versicherungsunternehmen dabei behilflich war, Betrüger auf der Grundlage von Schriftproben zu überführen, wurde ein erfolgreicher Mann. Wenn bei seinen Vorführungen auch vieles im Dunkeln blieb, ein Scharlatan war Schermann nicht, jedenfalls bescheinigte ihm ein Gutachten des damals anerkannten Prager Psychiaters Oskar Fischer, dass er kein Betrüger sei. In Europa und in den USA eilte Schermann als Schriftdeuter von Erfolg zu Erfolg, bis ihn das Glück verließ: Er wurde verhaftet und kam in verschiedene sowjetische Arbeitslager. Im Epilog von Menschings Roman heißt es:
    "Er starb als politischer Häftling, das genaue Todesdatum und der Ort sind unbekannt."
    Zusammenprall verschiedener Welten
    In Menschings Roman gelangt Schermann im Lager erst zu Ansehen, nachdem er selbst schwierigste grafologische Herausforderungen bravourös zu lösen wusste. Wenn Schermann während der Verhöre von einer vergangenen Zeit erzählte, dann tauchten auf einer imaginären Leinwand in der tristen Einöde des Lagers plötzlich die vornehmsten Salons der europäischen Metropolen auf. Während sein Dolmetscher von einem Stück Brot träumt, herrschte in den von Schermann herbeigezauberten Sälen der pure Luxus. Schermann wird angesichts dieser "Fluchten" in eine nur noch in der Erinnerung existierende Welt zwar deutlich, wie tief er gesunken ist, aber ihm wird zugleich bewusst, dass er auf ein erfülltes Leben zurückblicken kann. Diese Gewissheit verhilft ihm gegenüber dem Lagerkommandanten zu einer Unerschrockenheit, die Haferkorn Respekt abverlangt.
    "Ich bin inzwischen sechsundsechzig. Das Leben hat mich verwöhnt, Ruhm, Liebe, Luxus, eine Suite im Waldorf-Astoria, Bilder schmückten die Wände meiner Wohnung, eine private Galerie, Rembrandt, Rubens, van Dyck, Münzen, Glocken, Uhren, kostbare Weine, Reisen, steinreiche, hochgebildete Persönlichkeiten, Dezisoren, Bischöfe, arabische Fürsten hingen an meinen Lippen, als wäre ich Moses oder ein Prophet, Kokoschka hat mich in Öl verewigt, genauso Charlotte Berend, die Gattin von Corinth, die auch Malerin ist, Stadler hat mich gezeichnet, Musils Frau porträtiert, erwarten Sie nicht, dass ich in Ihrem beschissenen Lager um Gnade bettle. Ein schneller Tod ist in dieser Einrichtung quasi eine Auszeichnung."
    Mensching beherrscht die in den Salons gesprochene Hochsprache ebenso wie den rüden Lagerjargon und als Autor weiß er, was sich zugetragen hat in den verdreckten Lagerbarracken von Artek II und auf den blank polierten Parkettböden von Europas Festsälen. Das Zentrum des Romangeschehens ist zwar das in der Einöde liegende Lager, aber unter Schermanns Leitung führen Erinnerungsreisen häufig nach Wien, Paris, Krakau und New York. Und da Schermann zu Beginn der Verhöre darauf hingewiesen wurde, bei seinen Aussagen kein Detail zu unterschlagen, kann er gar nicht anders, als immer wieder dort Halt zu machen, wo man den Mangel nur als Fremdwort kannte.
    Es sind die berühmten Persönlichkeiten der damaligen Zeit, denen man in Menschings klug komponierten und mit viel faktischem Material angereicherten Roman begegnet. Bemerkenswerte Auftritte haben Karl Kraus, der Herausgeber der "Fackel", das Dichtergenie Rainer Maria Rilke, der expressionistische Lyriker Georg Trakl und der Autor historischer Romane Lion Feuchtwanger, um nur einige wenige zu nennen. Ein ums andere Mal blitzt Menschings erzählerisches Können auf, wenn ihm situative Beschreibungen und kulturhistorische Abhandlungen überzeugend gelingen. Auch die stets notwendigen Wechsel, wenn es ausgehend von den kulturgesättigten Schauplätzen der bürgerlichen Moderne wieder zurück und hinab in die erbärmliche Tristesse des Lagerdaseins geht, meistert er, ohne dabei Schwierigkeiten zu haben.
    Schrift als Medium
    Mensching zeigt in "Schermanns Augen", wie perfide das stalinistische System in all’ seinen surreal anmutenden Verwerfungen funktioniert hat – im Arbeitslager Artek wird versucht, die Gefangenen durch menschenunwürdige Haft- Arbeits- und Lebensbedingungen zu töten. Angesichts dieser, nicht nur in Artek begangenen Verbrechen – sie haften der sozialistischen Idee seither als Makel an –, fragt Mensching auf einer zweiten Ebene seines Romans nach der Funktion, der in diesem Zusammenhang der Schrift zukommt. Denn die Schriftproblematik in ihrer ideologie- und kulturgeschichtlichen Bedeutung grundiert die von Mensching erzählte Geschichte. Mit dem Lagerkommandanten Kosinzew, dem Kommunisten Haferkorn und dem Grafologen Schermann begegnen sich in dem fulminant erzählten Roman ein Schriftgläubiger, ein Schriftsetzer und ein Schriftdeuter. Erweitert wird diese Troika schließlich durch den Analphabeten Uspechin, der bei Haferkorn schreiben lernt, nachdem Schermann dem Schriftunkundigen versprochen hat, ihm die Zukunft vorherzusagen, wenn er ihm etwas Handgeschriebenes vorlegt. Alle im Zentrum des Romans stehenden Figuren interessieren sich für Schrift und/oder für Texte. So ist Schermann eifrig dabei, Wahrheiten aus Handschriften herauszulesen. Nach Wahrheiten suchen auch seine Bewacher, allerdings in Stalins utopisch aufgeladenen Pamphleten, die sie lesen, als wären sie etwas Heiliges. Okkultismus auf der einen und die vermeintliche Wissenschaftlichkeit der stalinistischen Ideologie auf der anderen Seite stellt Menschings in seinem Roman gegenüber, wobei die Trennlinie immer unschärfer wird. Schriftbezogen in ihren in die Zukunft ausgreifenden Vorhersagen sind beide.
    "Gab es die gleichen Schlachten um den Besitz der Wahrheit nicht auch zwischen den Befürwortern und Feinden der Sowjetmacht? War nicht hier wie dort die Entscheidung, wo man sich aufstellte, nur eine Sache des Glaubens? Den Positivgläubigen steht nun eine große Gruppe von Negativgläubigen gegenüber. Selbst hier im Lager, dachte Otto. Die meisten 58er gehörten, trotz aller Entbehrungen, erlittener Folter und hoher Strafmaße, noch immer zu den Positivgläubigen. Sie verdrängten alle Erfahrungen, die ihren Glauben bedrohten, als Zufälle, Unfälle oder Beispiele menschlichen Versagens. Die Negativgläubigen, Verbrecher und Kriminelle, nahmen alle Zufälle, Unfälle und Beispiele menschlichen Versagens als Bestätigung ihrer üblen Überzeugungen, sie fühlten sich als Verfolgte eines kranken Systems."
    Das stalinistische System war in der Tat krank, denn es schreckte vor keinem Verbrechen zurück. Das zeigt Mensching in aller Deutlichkeit, aber er wirft in seinem Roman zugleich die Frage auf: Wann einer Gesellschaft der Vorschuss entzogen werden muss, der ihr als Kredit auf die Zukunft eingeräumt wurde?
    Ein brillant geschriebener Roman
    Dass Menschings Roman "Schermanns Augen" in der Tradition der "Ästhetik des Widerstands" von Peter Weiss steht, ist unverkennbar. Doch während Stalins Straflager in der "Ästhetik des Widerstands" nur am Rande erwähnt werden, ist ein Lager in Menschings Roman der zentrale Ort des Handlungsgeschehens. Wie weit auch immer sich der Erzähler von diesem Zentrum entfernt, Artek II gerät nie in Vergessenheit. Was immer in diesem an Ereignissen so reichen Roman auch passiert, es geschieht vor dem Hintergrund des in der sibirischen Einöde liegenden Lagers. Indem Mensching das Handlungsgeschehen von diesem Ort aus entwickelt, erweitert er den Epochenroman von Peter Weiss um ein entscheidendes Kapitel. Anders als in der "Ästhetik des Widerstands", in der drei Kunstwerke aufgerufen werden, skizziert Mensching sein Bild der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts ausgehend von einem stalinistischen Straflager. In den Zeugenstand ruft er dabei ganz verschiedene Protagonisten: Einen Lagerkommandanten, der seinem politischen Führer treu ergeben ist, einen Kommunisten, der von den eigenen Genossen zu 10 Jahren Lagerhaft verurteilt wird, einen Grafologen, der Schriftproben zu deuten weiß, aber seine eigene Zukunft nicht vorhersehen kann und einen Kriminellen, der im Lager schreiben lernt, weil er wissen will, was ihm die Zukunft bringt.
    "Schermanns Augen" ist mit leichter Hand geschrieben, was angesichts des gewaltigen zeit- und ideengeschichtlichen Kosmos, auf den sich der Autor eingelassen hat, Respekt verdient. Es ist vor allem die sprachliche Souveränität, mit der Mensching den Stoff erzählend zu entfalten weiß, die in diesem Zusammenhang lobend erwähnt werden muss, denn erst dadurch wird die Lektüre zu einem Leseerlebnis. Nur am Rande sei erwähnt, dass der Roman Längen hat, die besonders im letzten Viertel störend sind, wenn etwa zu detailverliebt beschrieben wird, wie sich zwischen Karl Kraus und der Baronin Sidonie Náderny ein Verhältnis anzubahnen scheint. Kürzungen wären in den letzten beiden Kapiteln durchaus angebracht gewesen. Aber das mindert die Bedeutung dieses bemerkenswerten Romans nur unwesentlich. "Schermanns Augen" ist ein außergewöhnliches literarisches Ereignis.
    Steffen Mensching: "Schermanns Augen"
    Wallstein Verlag, Göttingen. 820 Seiten, 28 Euro.