Donnerstag, 18. April 2024

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Steigende Krankenkassenbeiträge
"Der wichtigste Posten ist die Pflege"

Nachdem die Krankenkassen lange Überschüsse erwirtschaftet hatten, müssen sich Versicherte nun auf steigende Krankenkassenbeiträge einstellen. Dies liege unter anderem an Mehrausgaben wegen neuer Gesetze zur Bekämpfung des Pflegenotstands, sagte der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem im Dlf.

Jürgen Wasem im Gespräch mit Jürgen Zurheide | 28.12.2019
Ein Pfleger schiebt am Mittwoch (10.08.2011) mit einen Rollstuhl über einen Flur in der Medizinischen Hochschule in Hannover.
Der wichtigste Posten im Gesundheitssystem ist laut Gesundheitsökonom Jürgen Wasem derzeit die Pflege in Heimen und Krankenhäusern (dpa / picture alliance / Peter Steffen )
Die Einnahmen der Krankenkassen seien wegen der guten Konjunktur rund fünf Jahre gesprudelt, so Gesundheitsökonom Wasem. Die Regierung habe zuletzt aber einige Gesetze beschlossen, die zu sehr großen Mehrausgaben führen würden. Zudem sei das letzte Kostendämpfungsgesetz, welches Ausgaben im Gesundheitssektor deckeln solle, von 2011, also verhältnismäßig alt.
Aber, so Wasem: "Die Bundesregierung hat das Geld sicher nicht schlecht angelegt, das muss man sagen." Der wichtigste Posten im Gesundheitssystem sei derzeit die Pflege im Heim und im Krankenhaus. "Und die Bundesregierung versucht mit allen Mitteln, den Pflegenotstand zu bekämpfen – und diese Mittel kosten alle Geld."
Dafür hätte sie folgende Maßnahmen eingeleitet: Es werde attraktiver, Pflegekraft zu werden, es würden Mindeststationsbesetzungszahlen eingeführt und die Arbeitszeiten und Arbeitsmodelle würden attraktiver gestaltet.
Wasem: Deutschland international gut aufgestellt
Ein zweiter großer Posten bei den Ausgaben sei die Versorgung mit Ärzten auf dem Land, wo es ebenfalls eine Mangelsituation gebe.
Im internationalen Vergleich stehe Deutschland immer noch gut da, so Wasem. Defizite gebe es aber beim Übergang vom Krankenhaus in die ambulante Versorgung und in die Reha. "Das läuft bei uns nicht wirklich gut", so der Gesundheitsökonom.
Guter Leistungskatalog der Kassen
"Richtig gut" sei dagegen der Umfang des Leistungskatalogs aufgestellt, also der Gesamtumfang aller Leistungen, die durch die gesetzliche Krankenversicherung erbracht werden.
Auch die Wartezeiten auf einen Facharzt seien insgesamt "im internationalen Vergleich immer noch sehr kommod."
Dass man im Gesundheitsbereich mit Prävention Geld sparen könne, sei allerdings eine Illusion. Denn: "Wer länger lebt, kann auch mehr Krankheiten bekommen."