Doris Simon: In Essen beginnt heute der G7-Gipfel mit den Finanzministern aus den USA, Japan, Kanada und vier EU-Ländern und auch den Notenbankchefs. Dabei ragen einige besonders heikle Themen heraus: der schwache Yen und die Überlegungen für eine Reform des Internationalen Währungsfonds IWF gehören dazu, aber auch das Thema Hedgefonds, die Fonds mit besonders hohen Gewinnerwartungen und mit besonders niedrigem Verantwortungsbewusstsein wie Kritiker meinen, der bekannteste in Deutschland Franz Müntefering:
"Das ist wie ein Heuschreckenschwarm, der über die Welt zieht und die Länder und die Äcker leer frisst und eigentlich sich keine Gedanken darüber macht, wie es weitergehen kann."
Die sieben Finanzminister werden sich bei ihrer Diskussion auf ein Papier des Internationalen Währungsfonds stützen und auf Anmerkungen der sieben Finanzministerien. Einer der sieben Minister ist jetzt am Telefon. Guten Tag, Herr Steinbrück!
Peer Steinbrück: Guten Morgen, Frau Simon!
Simon: Die Kritik an den Hedgefonds wie auch an Beteiligungsgesellschaften, den so genannten Private Equitys, die reißt ja gerade in Deutschland nicht ab. Wie groß ist denn die Bereitschaft bei Ihren G7-Finanzministerkollegen und bei Ihnen, Hedgefonds stärker zu kontrollieren, vielleicht zu regulieren?
Steinbrück: Zunächst einmal möchte ich, dass diese Aktivitäten nicht nur negativ gesehen werden. Da sind Risiken, auf die ich gleich zu sprechen komme, aber die Bereitstellung von diesem Beteiligungskapital ist für die Finanzmärkte und ist zur Finanzierung von Unternehmen, auch für die Effizienz der Finanzmärkte nicht ganz unwichtig. Ich versuche, Balance in die Debatte hineinzubringen. Es macht keinen Sinn, die alle in ein Horrorszenario zu ziehen. Aber richtig ist aber: Die Finanzminister wollen gerne wissen, gehen von den Aktivitäten dieser Fonds, der Hedgefonds, finanzielle Risiken für das weltweite Finanzierungssystem aus. Deshalb starten wir eine solche Debatte unter der deutschen Präsidentschaft jetzt an diesem Freitag und Samstag in Essen.
Simon: Setzen Sie eher auf freiwillige Vereinbarungen, oder streben Sie Vorschriften und Regulierung an?
Steinbrück: Nicht so schnell! Ich muss ja alle an einen Tisch kriegen. Ich muss die Amerikaner einladen, ich muss die Briten dazu einladen. Und wir sammeln zunächst mal nur Fakten. Wir gehen nur mal durch, wie sehen wir denn die Risikolage?
Zweitens würden wir dann gerne debattieren, können wir zum Beispiel eine Einrichtung wie dem so genannten Financial Stability Forum, also einem Gremium, das sich mit der Stabilität des weltweiten Finanzsystems beschäftigt, können wir die bitten, eine Studie, die die 2000 gemacht haben, jetzt zu aktualisieren? Kriegen wir da neue Erkenntnisse und können wir vor allen Dingen auch in den Gesprächen mit den Managern von Hedgefonds der Frage näher kommen, wie kriegen wir denn mehr Transparenz in diese Aktivitäten hinein, um von vornherein Finanzkrisen zu vermeiden?
Simon: Herr Steinbrück, Sie sagten gerade am Anfang steht die Frage, wie sehen wir in der G7 die Risikolage. Die USA und Großbritannien wollten das Thema Hedgefonds ja lange gar nicht so richtig auf der Tagesordnung sehen. Die Wall Street und die Londoner City sind ja wichtige Spieler bei den Hedgefonds. Jetzt diskutieren die G7 darüber. Ist das ein Bewusstseinswandel?
Steinbrück: Es ist eine gestiegene Sensibilität vor allen Dingen auch in den USA, wo immerhin die dortige Zentralbank, die berühmte Fed, also das Gegenstück zu unserer Bundesbank, aber auch die dortige Aufsichtsbehörde, auch eine vom Präsidenten eingesetzte Gruppe sich mit der Frage beschäftigt, ob da nicht Risiken drinstecken. Sie müssen sehen: Das amerikanische Altersversorgungssystem ist sehr davon geprägt, dass die Pensionisten ihr Geld so genannten Kapitalsammelstellen zur Verfügung stellen, und die wiederum legen das an auch über Hedgefonds. Das heißt, wenn da ein Dominostein mal umfällt und weitere vier Dominosteine mit runterreißt, dann haben plötzlich Pensionisten in den USA Schwierigkeiten mit ihrer Altersversorgung. Das ist einer der Gründe, warum aus der Anlegersicht, aus der Konsumentensicht die Amerikaner eine höhere Sensibilität haben als noch vielleicht vor 15, 18 Monaten.
Simon: Sie sprechen die USA an. Da sind ja Banken und Hedgefonds eng verflochten. Die Banken geben ja die Kredite, die die Fonds brauchen. Sie sprachen es an: Wenn es ein Problem gibt, dann reißt das die Banken gleich mit. Wie groß ist denn diese Gefahr in Deutschland?
Steinbrück: Weniger, weil Hedgefonds hier eine sehr viel geringere Rolle spielen. Aber auch wichtige Persönlichkeiten der Europäischen Zentralbank, der Bundesbank, der Bundesbankpräsident, insbesondere Herr Weber selber, stellen sich die Frage, ob die Banken in ihrem Zusammenwirken mit Hedgefonds als Kreditgeber Risiken in ihren Bilanzen haben, die sie unterbewerten. Das ist eine Frage, die hier nicht aufgeregt, aber sehr professionell diskutiert wird.
Simon: Das Stichwort Risiken: Was halten Sie denn von der Idee, dass man Ratings einführt, also so eine Art Benotungen für Hedgefonds, damit gleich zu erkennen ist, wie risikoreich die zum Beispiel sind?
Steinbrück: Das kann alles am Ende einer solchen Debatte stehen, möglichst auch in Kooperation mit dem Management von Hedgefonds. Aber die Debatte jetzt erst mal zu beginnen und alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, ist sehr viel wichtiger als wie Zieten aus dem Busch gleich mit einem Folterwerkzeug zu kommen. Dann schrecke ich die Gesprächsteilnehmer, die ich brauche, ab. Und ich möchte sie einladen, sich an dieser Debatte zu beteiligen.
Simon: Werden Sie da direkte Gespräche führen mit den einzelnen Ministerkollegen?
Steinbrück: Ja, selbstverständlich. Habe ich auch schon. Natürlich ist der Kreis dieser hochrangigen Kollegen von mir aus den anderen Industrieländern geradezu geeignet dazu. Und es wird auch dazu kommen, dass wir zum Beispiel unsere Staatssekretäre beauftragen, natürlich mit dem Management von Hedgefonds selber zu reden. Das ist hoffentlich eines der Ergebnisse, das wir auch in Essen erzielen an diesem Freitag und Samstag.
Simon: Sie glauben also, es gibt Rahmenbedingungen, auf die man sich einigen kann?
Steinbrück: Jedenfalls ein Procedere, ein Verfahren, wie wir uns weiter mit diesem Thema auseinandersetzen, um am Ende dann auch zu gemeinsamen Schlussfolgerungen zu kommen. Aber das ist ein Prozess, und es macht keinen Sinn, als deutscher Finanzminister sich auf die Mitte des Marktplatzes zu stellen und zu sagen, hier stehe ich und ich kann nicht anders, jetzt schwinge ich den pädagogischen Zeigefinger und ihr macht all die Bewegungen, die ich gerne will. So funktioniert das nicht in einem solchen Kreis.
Simon: Rechnen Sie in Monaten oder in Jahren?
Steinbrück: Ich hoffe schon, dass am Ende der deutschen Präsidentschaft, also ungefähr in elf Monaten, wir in der Tat Schlussfolgerungen gezogen haben, wie wir mit diesem Thema umgehen.
Simon: Es gibt ein anderes Thema, das auch ziemlich heikel ist. Das werden Sie sicher auch ansprechen, und zwar die Reform des Internationalen Währungsfonds IWF. Da geht es bei einem der vielen Probleme bei der Reform rund um den IWF darum, dass auf der einen Seite Länder wie Indien und Brasilien, China endlich auch angemessen vertreten sein sollen, aber bislang will kein europäisches Land seinen Sitz in dem entscheidenden Gremium abtreten., kann man ja verstehen. Haben Sie einen Vorschlag für Ihre G7-Kollegen, wie sie das Dilemma auflösen können?
Steinbrück: Der IWF selber, in Gestalt auch seines Chefs Rodrigo Rato, wird schon von der deutschen Präsidentschaft wahrscheinlich erwarten, dass wir die Europäer etwas koordinieren. Baer Sie haben Recht: Es ist sehr schwer. Warum? Weil einige der europäischen Länder unterbewertet sind mit ihren Quoten im Internationalen Währungsfonds, und andere sind überbewertet. Dort alle auf einen Nenner zu bringen, das wird die Kunst des Möglichen in den nächsten Monaten sein, weil wir eine solche Reform des IWF brauchen, auch im Sinne in der Tat der Schwellenländer, von denen Sie einige genannt haben.
Simon: Ich höre aber daraus, dass Sie das für sich selber als wichtig und als verfolgenswert ansehen?
Steinbrück: Ja, weil dies eine Institution ist, die für das weltweite Zusammenwirken doch von einer erheblichen Bedeutung ist, eine der beiden Institutionen, die letztlich auf das alte Bretton-Wood-System nach dem Krieg, oder gegründet, glaube ich, 1944 zurückgehen, die Weltbank und der Internationale Währungsfonds. Deshalb bin ich sehr daran interessiert, die Bemühungen zu unterstützen, dass die sich reformieren. Das erstreckt sich dann auch auf die Quoten und auf die Sitzfrage.
Simon: Aus Ihren Kontakten vor dem G7-Treffen: Haben Sie den Eindruck, dass es vielleicht so etwas, wie es in der EU manchmal bei schwierigen Themen praktiziert wird, geben könnte, auch im IWF so eine Art Troika-Lösung für die europäischen Länder?
Steinbrück: Was meinen Sie mit Troika-Lösung?
Simon: Dass eben bestimmte Länder stellvertretend für die anderen die europäischen Sitze einnehmen.
Steinbrück: Ja, das gibt es ja schon jetzt. Es ist schon jetzt so, dass einzelne auch kleinere und mittlere europäische Länder immer Bestandteil oder Mitglied einer Gruppe sind, die repräsentiert wird durch einen Sitz in dem so genannten Gouverneurs-Board des IWF.
Simon: Und das zu konzentrieren, könnte das ein Ausweg sein?
Steinbrück: Ich bin da vorsichtig, wie Sie an meiner Stimme langsam merken. Es gibt natürlich Bemühungen außerhalb Europas zu sagen, oh guckt mal, ihr habt doch jetzt eine Euro-Gruppe. Und das ist eine Währung. Deshalb ist es dann doch auch nahe liegend, dass diese Euro-Gruppe durch einen Sitz, durch einen Repräsentanten vertreten ist. Sie können sich vorstellen, dass so große Länder wie Frankreich und insbesondere auch Deutschland darüber etwas anders denken.
Simon: Das heißt, die Verhandlungen auf dem G7-Gipfel werden höchste Diplomatie?
Steinbrück: Ja, wie immer, aber hoffentlich lösungsorientiert. Ich will hinzufügen: Das Thema IWF ist natürlich nicht das Hauptthema dort bei dem Treffen, das wir jetzt haben, bei diesem G7-Treffen, sondern dieses Problem wird sehr viel eher bei der nächsten Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds im September debattiert.
Simon: Peer Steinbrück war das, der Bundesfinanzminister. Herr Steinbrück, vielen Dank und auf Wiederhören!
Steinbrück: Auf Wiederhören, Frau Simon!
"Das ist wie ein Heuschreckenschwarm, der über die Welt zieht und die Länder und die Äcker leer frisst und eigentlich sich keine Gedanken darüber macht, wie es weitergehen kann."
Die sieben Finanzminister werden sich bei ihrer Diskussion auf ein Papier des Internationalen Währungsfonds stützen und auf Anmerkungen der sieben Finanzministerien. Einer der sieben Minister ist jetzt am Telefon. Guten Tag, Herr Steinbrück!
Peer Steinbrück: Guten Morgen, Frau Simon!
Simon: Die Kritik an den Hedgefonds wie auch an Beteiligungsgesellschaften, den so genannten Private Equitys, die reißt ja gerade in Deutschland nicht ab. Wie groß ist denn die Bereitschaft bei Ihren G7-Finanzministerkollegen und bei Ihnen, Hedgefonds stärker zu kontrollieren, vielleicht zu regulieren?
Steinbrück: Zunächst einmal möchte ich, dass diese Aktivitäten nicht nur negativ gesehen werden. Da sind Risiken, auf die ich gleich zu sprechen komme, aber die Bereitstellung von diesem Beteiligungskapital ist für die Finanzmärkte und ist zur Finanzierung von Unternehmen, auch für die Effizienz der Finanzmärkte nicht ganz unwichtig. Ich versuche, Balance in die Debatte hineinzubringen. Es macht keinen Sinn, die alle in ein Horrorszenario zu ziehen. Aber richtig ist aber: Die Finanzminister wollen gerne wissen, gehen von den Aktivitäten dieser Fonds, der Hedgefonds, finanzielle Risiken für das weltweite Finanzierungssystem aus. Deshalb starten wir eine solche Debatte unter der deutschen Präsidentschaft jetzt an diesem Freitag und Samstag in Essen.
Simon: Setzen Sie eher auf freiwillige Vereinbarungen, oder streben Sie Vorschriften und Regulierung an?
Steinbrück: Nicht so schnell! Ich muss ja alle an einen Tisch kriegen. Ich muss die Amerikaner einladen, ich muss die Briten dazu einladen. Und wir sammeln zunächst mal nur Fakten. Wir gehen nur mal durch, wie sehen wir denn die Risikolage?
Zweitens würden wir dann gerne debattieren, können wir zum Beispiel eine Einrichtung wie dem so genannten Financial Stability Forum, also einem Gremium, das sich mit der Stabilität des weltweiten Finanzsystems beschäftigt, können wir die bitten, eine Studie, die die 2000 gemacht haben, jetzt zu aktualisieren? Kriegen wir da neue Erkenntnisse und können wir vor allen Dingen auch in den Gesprächen mit den Managern von Hedgefonds der Frage näher kommen, wie kriegen wir denn mehr Transparenz in diese Aktivitäten hinein, um von vornherein Finanzkrisen zu vermeiden?
Simon: Herr Steinbrück, Sie sagten gerade am Anfang steht die Frage, wie sehen wir in der G7 die Risikolage. Die USA und Großbritannien wollten das Thema Hedgefonds ja lange gar nicht so richtig auf der Tagesordnung sehen. Die Wall Street und die Londoner City sind ja wichtige Spieler bei den Hedgefonds. Jetzt diskutieren die G7 darüber. Ist das ein Bewusstseinswandel?
Steinbrück: Es ist eine gestiegene Sensibilität vor allen Dingen auch in den USA, wo immerhin die dortige Zentralbank, die berühmte Fed, also das Gegenstück zu unserer Bundesbank, aber auch die dortige Aufsichtsbehörde, auch eine vom Präsidenten eingesetzte Gruppe sich mit der Frage beschäftigt, ob da nicht Risiken drinstecken. Sie müssen sehen: Das amerikanische Altersversorgungssystem ist sehr davon geprägt, dass die Pensionisten ihr Geld so genannten Kapitalsammelstellen zur Verfügung stellen, und die wiederum legen das an auch über Hedgefonds. Das heißt, wenn da ein Dominostein mal umfällt und weitere vier Dominosteine mit runterreißt, dann haben plötzlich Pensionisten in den USA Schwierigkeiten mit ihrer Altersversorgung. Das ist einer der Gründe, warum aus der Anlegersicht, aus der Konsumentensicht die Amerikaner eine höhere Sensibilität haben als noch vielleicht vor 15, 18 Monaten.
Simon: Sie sprechen die USA an. Da sind ja Banken und Hedgefonds eng verflochten. Die Banken geben ja die Kredite, die die Fonds brauchen. Sie sprachen es an: Wenn es ein Problem gibt, dann reißt das die Banken gleich mit. Wie groß ist denn diese Gefahr in Deutschland?
Steinbrück: Weniger, weil Hedgefonds hier eine sehr viel geringere Rolle spielen. Aber auch wichtige Persönlichkeiten der Europäischen Zentralbank, der Bundesbank, der Bundesbankpräsident, insbesondere Herr Weber selber, stellen sich die Frage, ob die Banken in ihrem Zusammenwirken mit Hedgefonds als Kreditgeber Risiken in ihren Bilanzen haben, die sie unterbewerten. Das ist eine Frage, die hier nicht aufgeregt, aber sehr professionell diskutiert wird.
Simon: Das Stichwort Risiken: Was halten Sie denn von der Idee, dass man Ratings einführt, also so eine Art Benotungen für Hedgefonds, damit gleich zu erkennen ist, wie risikoreich die zum Beispiel sind?
Steinbrück: Das kann alles am Ende einer solchen Debatte stehen, möglichst auch in Kooperation mit dem Management von Hedgefonds. Aber die Debatte jetzt erst mal zu beginnen und alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, ist sehr viel wichtiger als wie Zieten aus dem Busch gleich mit einem Folterwerkzeug zu kommen. Dann schrecke ich die Gesprächsteilnehmer, die ich brauche, ab. Und ich möchte sie einladen, sich an dieser Debatte zu beteiligen.
Simon: Werden Sie da direkte Gespräche führen mit den einzelnen Ministerkollegen?
Steinbrück: Ja, selbstverständlich. Habe ich auch schon. Natürlich ist der Kreis dieser hochrangigen Kollegen von mir aus den anderen Industrieländern geradezu geeignet dazu. Und es wird auch dazu kommen, dass wir zum Beispiel unsere Staatssekretäre beauftragen, natürlich mit dem Management von Hedgefonds selber zu reden. Das ist hoffentlich eines der Ergebnisse, das wir auch in Essen erzielen an diesem Freitag und Samstag.
Simon: Sie glauben also, es gibt Rahmenbedingungen, auf die man sich einigen kann?
Steinbrück: Jedenfalls ein Procedere, ein Verfahren, wie wir uns weiter mit diesem Thema auseinandersetzen, um am Ende dann auch zu gemeinsamen Schlussfolgerungen zu kommen. Aber das ist ein Prozess, und es macht keinen Sinn, als deutscher Finanzminister sich auf die Mitte des Marktplatzes zu stellen und zu sagen, hier stehe ich und ich kann nicht anders, jetzt schwinge ich den pädagogischen Zeigefinger und ihr macht all die Bewegungen, die ich gerne will. So funktioniert das nicht in einem solchen Kreis.
Simon: Rechnen Sie in Monaten oder in Jahren?
Steinbrück: Ich hoffe schon, dass am Ende der deutschen Präsidentschaft, also ungefähr in elf Monaten, wir in der Tat Schlussfolgerungen gezogen haben, wie wir mit diesem Thema umgehen.
Simon: Es gibt ein anderes Thema, das auch ziemlich heikel ist. Das werden Sie sicher auch ansprechen, und zwar die Reform des Internationalen Währungsfonds IWF. Da geht es bei einem der vielen Probleme bei der Reform rund um den IWF darum, dass auf der einen Seite Länder wie Indien und Brasilien, China endlich auch angemessen vertreten sein sollen, aber bislang will kein europäisches Land seinen Sitz in dem entscheidenden Gremium abtreten., kann man ja verstehen. Haben Sie einen Vorschlag für Ihre G7-Kollegen, wie sie das Dilemma auflösen können?
Steinbrück: Der IWF selber, in Gestalt auch seines Chefs Rodrigo Rato, wird schon von der deutschen Präsidentschaft wahrscheinlich erwarten, dass wir die Europäer etwas koordinieren. Baer Sie haben Recht: Es ist sehr schwer. Warum? Weil einige der europäischen Länder unterbewertet sind mit ihren Quoten im Internationalen Währungsfonds, und andere sind überbewertet. Dort alle auf einen Nenner zu bringen, das wird die Kunst des Möglichen in den nächsten Monaten sein, weil wir eine solche Reform des IWF brauchen, auch im Sinne in der Tat der Schwellenländer, von denen Sie einige genannt haben.
Simon: Ich höre aber daraus, dass Sie das für sich selber als wichtig und als verfolgenswert ansehen?
Steinbrück: Ja, weil dies eine Institution ist, die für das weltweite Zusammenwirken doch von einer erheblichen Bedeutung ist, eine der beiden Institutionen, die letztlich auf das alte Bretton-Wood-System nach dem Krieg, oder gegründet, glaube ich, 1944 zurückgehen, die Weltbank und der Internationale Währungsfonds. Deshalb bin ich sehr daran interessiert, die Bemühungen zu unterstützen, dass die sich reformieren. Das erstreckt sich dann auch auf die Quoten und auf die Sitzfrage.
Simon: Aus Ihren Kontakten vor dem G7-Treffen: Haben Sie den Eindruck, dass es vielleicht so etwas, wie es in der EU manchmal bei schwierigen Themen praktiziert wird, geben könnte, auch im IWF so eine Art Troika-Lösung für die europäischen Länder?
Steinbrück: Was meinen Sie mit Troika-Lösung?
Simon: Dass eben bestimmte Länder stellvertretend für die anderen die europäischen Sitze einnehmen.
Steinbrück: Ja, das gibt es ja schon jetzt. Es ist schon jetzt so, dass einzelne auch kleinere und mittlere europäische Länder immer Bestandteil oder Mitglied einer Gruppe sind, die repräsentiert wird durch einen Sitz in dem so genannten Gouverneurs-Board des IWF.
Simon: Und das zu konzentrieren, könnte das ein Ausweg sein?
Steinbrück: Ich bin da vorsichtig, wie Sie an meiner Stimme langsam merken. Es gibt natürlich Bemühungen außerhalb Europas zu sagen, oh guckt mal, ihr habt doch jetzt eine Euro-Gruppe. Und das ist eine Währung. Deshalb ist es dann doch auch nahe liegend, dass diese Euro-Gruppe durch einen Sitz, durch einen Repräsentanten vertreten ist. Sie können sich vorstellen, dass so große Länder wie Frankreich und insbesondere auch Deutschland darüber etwas anders denken.
Simon: Das heißt, die Verhandlungen auf dem G7-Gipfel werden höchste Diplomatie?
Steinbrück: Ja, wie immer, aber hoffentlich lösungsorientiert. Ich will hinzufügen: Das Thema IWF ist natürlich nicht das Hauptthema dort bei dem Treffen, das wir jetzt haben, bei diesem G7-Treffen, sondern dieses Problem wird sehr viel eher bei der nächsten Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds im September debattiert.
Simon: Peer Steinbrück war das, der Bundesfinanzminister. Herr Steinbrück, vielen Dank und auf Wiederhören!
Steinbrück: Auf Wiederhören, Frau Simon!