Jasper Barenberg: Vier Monate lang ist Peer Steinbrück inzwischen Kanzlerkandidat der SPD. Aus dem Stimmungstief hat er seine Partei bisher aber nicht führen können. Auf eine Trendwende hoffen deshalb jetzt viele Sozialdemokraten nach dem Parteitag gestern in Augsburg mit einem Wahlprogramm, das auf soziale Gerechtigkeit setzt, auf Mindestlohn, einen höheren Spitzensteuersatz und den Kampf gegen steigende Mietpreise. Mit einer angriffslustigen Rede hat der Kandidat in Augsburg versucht, der SPD verlorenes Selbstvertrauen zurückzugeben, jetzt ist er am Telefon. Einen schönen guten Morgen, Peer Steinbrück!
Peer Steinbrück: Guten Morgen, Herr Barenberg.
Barenberg: Herr Steinbrück, die Umfragewerte für die SPD sind schlecht, kaum besser als das verheerende Wahlergebnis der letzten Bundestagswahl. Trotzdem haben Sie gestern bei Ihrer Rede gesagt, "wir sind im Aufwind", wir, die SPD, "die Koalition ist im Abwind". Wie kommen Sie darauf?
Steinbrück: …, weil wir die letzten Wahlen alle sehr gut gewonnen haben, weil wir vier CDU-Ministerpräsidenten abgelöst haben innerhalb der letzten Jahre, in Nordrhein-Westfalen, in Hamburg, in Schleswig-Holstein und jetzt Stephan Weil in Niedersachsen, weil wir die letzten Wahlen in Städten wie Frankfurt, Wiesbaden, Karlsruhe, Kiel gut gewonnen haben. Ich kann mich nicht immer beeindruckt zeigen, auch von diesen ewigen Fragen nach Umfrageergebnissen, die alle zwei Tage inzwischen an die Scheuer gefahren werden.
Barenberg: Und es beunruhigt Sie nicht, dass der Funke von diesen guten Ergebnissen in den Ländern bisher jedenfalls erkennbar nicht übergesprungen ist?
Steinbrück: Na ja, warten wir’s ab. Wir sind jetzt fünf Monate vor einer Bundestagswahl. Wir haben gestern ein Wahlprogramm beschlossen. Wir bieten jetzt die Position der SPD, unsere Lösungsangebote an und wir werden auch einen Wahlkampf führen, wie sich die Gesellschaftsbilder unterscheiden von CDU/CSU und SPD: Wohin soll diese Gesellschaft? Hält sie weiter zusammen? Nehmen die Fliehkräfte zu?
Barenberg: Mindestlohn, höherer Spitzensteuersatz, Solidarrente, einige Stichworte aus dem Programm. Wie erklären Sie sich denn, dass keiner dieser Punkte bisher bei den Menschen jedenfalls so recht angekommen zu sein scheint?
Steinbrück: Na ja, wir haben sie ja auch noch nicht an die Menschen herangetragen und die Menschen sind auch noch nicht im Wahlkampfmodus. Das würden sie sich auch verbieten, denn sie wollen ja nicht fünf Monate vor einer Bundestagswahl von den Parteien täglich, fast hätte ich gesagt, berieselt werden oder arretiert werden. Sondern das wird sich herausstellen und zuspitzen, wie ich glaube, in einer heißen Phase des Wahlkampfes, und viele Menschen werden sich auch erst buchstäblich in den letzten Tagen, in der letzten Woche entscheiden, ob sie wählen gehen, was ich hoffe unter demokratischen Gesichtspunkten, und wen sie wählen.
Barenberg: Herr Steinbrück, Sie haben gestern auf der Rede eine Unwucht in unserer Gesellschaft beklagt, beklagt, dass Arm und Reich immer weiter auseinanderdriften. Ist das am Ende nicht auch das Ergebnis der Politik der SPD, die schließlich bis 2009 mit an der Regierung war?
Steinbrück: Na, Herr Barenberg. Also damals war es Herr Westerwelle, der uns vorgeschlagen hat, Deutschland solle wie Irland werden mit einem überdimensionierten Finanzmarkt. Ich habe auch gestern selbstkritisch gesagt, es kann sein, dass die SPD sich zu wenig entgegengestemmt hat, einer Philosophie der Deregulierung der Quartalsbilanzen. Aber es ist nun wirklich nicht die SPD gewesen, die aufgenommen hat eine sehr neoklassische, sehr neoliberale Schule, nach der alles privatisiert werden sollte, nach der alles weiter flexibilisiert werden soll, nach der die Finanzmärkte dereguliert werden. Mein Vorgänger im Amt, Hans Eichel, der hat das eine oder andere Finanzmarktgesetz in der Tat eingebracht, auch verabschiedet mit der Mehrheit, aber das war aus der Sicht von CDU/CSU und FDP noch immer nicht genug. Weit dereguliert! Die wollten noch immer viel weiter gehen. Und jetzt der SPD vorzuhalten, sie hätte damals in diesem zeitlichen Fenster maßgeblich mitzuverantworten, dass es zu Exzessen gekommen ist, das ist ein bisschen hergeholt.
Barenberg: Sie haben gestern auch gesagt, dass es unserem Land gut geht. Hat die SPD auch damit also nichts zu tun? Muss das nicht dann auch gerechterweise aufs Konto der jetzigen Regierung gehen?
Steinbrück: Ja! Da bekenne ich mich ja mit Stolz und Selbstbewusstsein, nicht Überheblichkeit zu dem, was Gerhard Schröder an Reformen gemacht hat: die berühmte Agenda 2010. Nur wir sind jetzt zehn Jahre weiter und wir stellen fest, dass viele Kommunen am Tropf hängen. Wir stellen fest, dass das Bildungssystem nicht durchlässiger geworden ist, sondern es wird uns bestätigt international, es ist undurchlässig. Der Arbeitsmarkt ist gespalten, acht Millionen Menschen verdienen weniger als 8,50 Euro und werden von denjenigen aufgestockt, die uns gerade zuhören. Das kostet pro Jahr ungefähr zehn Milliarden Euro. Die Mieten steigen. Junge Leute haben den Eindruck, sie werden von einem Werkvertrag in den anderen geschickt. Da hat sich was verändert, was jetzt angepackt werden muss.
Barenberg: Und die Menschen haben noch nicht verstanden, dass es ihnen eigentlich schlechter geht als sie glauben, denn die Umfragewerte für die Regierung, die Sympathiewerte für die Kanzlerin sind ja prächtig?
Steinbrück: Ja, Sie fangen mit den Umfragewerten an und hören mit den Umfragewerten auf. Ich habe zu viele Wahlen erlebt in meinem Leben, wo einige die Könige von Umfragen gewesen sind und anschließend die Wahlen nicht gewonnen haben. Die letzte ist übrigens wenige Wochen her: Das war Niedersachsen.
Barenberg: Also Sie setzen überhaupt nicht auf Umfragen? Für Sie ist das auch nicht wichtig, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Stimmung im Land ist?
Steinbrück: Na ich kann mich nicht auf die Psychiater-Couch legen und in einer Rückwärtsbetrachtung täglich mich damit beschäftigen, was ist da in den letzten Wochen gewesen, sondern ich muss nach vorne gucken, kämpfen, mobilisieren, die SPD mobilisieren. Wenn sie an die Wählerinnen und Wähler herankommt mit ihren, wie ich glaube, überzeugenden Lösungen und wir eine hohe Wahlbeteiligung bekommen, bin ich sicher, dass die SPD die Nase vorne haben kann, zusammen mit den Grünen.
Barenberg: Sie haben gestern viel von Solidarität gesprochen. Die Leute, die mehr haben, sollen mit denen solidarisch sein, denen es nicht so gut geht. Wer soll all das am Ende zahlen, fragt sich so mancher, der auch gerne wissen möchte, ob es tatsächlich nur, wie Sie sagen, die Superreichen treffen wird?
Steinbrück: Ja gut, der Spitzensteuersatz, der betrifft Leute, die als Singles 100.000 Euro im Jahr verdienen, und Verheiratete über 200.000. Der Kern ist: Wenn Sie dieses gesellschaftliche Gebäude intakt halten wollen - und das bedeutet auch für diejenigen, die in den Penthouse-Wohnungen wohnen -, dann müssen Sie die Aufzüge, die Treppen in Ordnung halten, dass Menschen, die im Keller sind oder auch im ersten Stock, aufsteigen können. Und das bedeutet, dass die SPD ein Bündnis der Starken mit den Schwachen schließen muss: mit den Kranken, mit den Gesunden, der Alten mit den Jungen, der Arbeitnehmer mit den Unternehmern. Das ist die historische Aufgabe der SPD, um diese Gesellschaft nicht nur friedfertig zu halten, intakt zu halten, sondern das ist übrigens auch die Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften.
Barenberg: Einkommenssteuer, Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer - man fragt sich tatsächlich, trifft das wirklich nur die, die so viel Geld in den Taschen haben, dass sie es kaum noch zählen können? Trifft das nicht auch am Ende den Lehrer, den Ingenieur, den Finanzberater, die Mittelschicht also?
Steinbrück: Haben Sie eine Vorstellung, wie das Durchschnittseinkommen in Deutschland ist? Das ist um 30.000 Euro für einen Single. Also wir müssen auch nicht die Windmaschine in Gang setzen, die SPD wolle jetzt die Durchschnittsverdiener oder auch die gut verdienen Facharbeiter rasieren. Das haben gestern Sigmar Gabriel und ich auch mit Zahlen deutlich gemacht. Dass da eine Propagandamaschine in Gang gesetzt wird nach dem Motto, die Sozis wollen euch mal wieder alles verstaatlichen und wegnehmen, ist mir bewusst. Aber ich habe sehr deutlich gesagt, es betrifft nicht die guten Facharbeiter, es betrifft nicht die Unternehmen, wir wollen ihre Substanz nicht besteuern. Und bei den Erbschaften kann ich gar nicht erkennen, warum irgendjemand die Befürchtung haben muss, dass das Häuschen an die Kinder oder an die Enkelkinder nicht vererbt werden kann. Das werden viele behaupten und in Ihrer Frage schwingt das ja auch mit, aber es hat mit den Fakten nichts zu tun.
Barenberg: Vielleicht müssen Sie es noch genauer erklären, wer konkret am Ende tatsächlich dann was beisteuern muss und wer nicht.
Steinbrück: Na ja, das habe ich ja gestern getan in einer Rede, von der ich glaube, dass sie nicht nur bei den Delegierten angekommen ist.
Barenberg: Der Kanzlerkandidat der SPD heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch, Peer Steinbrück.
Steinbrück: Ich danke Ihnen und einen schönen Tag. Tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Peer Steinbrück: Guten Morgen, Herr Barenberg.
Barenberg: Herr Steinbrück, die Umfragewerte für die SPD sind schlecht, kaum besser als das verheerende Wahlergebnis der letzten Bundestagswahl. Trotzdem haben Sie gestern bei Ihrer Rede gesagt, "wir sind im Aufwind", wir, die SPD, "die Koalition ist im Abwind". Wie kommen Sie darauf?
Steinbrück: …, weil wir die letzten Wahlen alle sehr gut gewonnen haben, weil wir vier CDU-Ministerpräsidenten abgelöst haben innerhalb der letzten Jahre, in Nordrhein-Westfalen, in Hamburg, in Schleswig-Holstein und jetzt Stephan Weil in Niedersachsen, weil wir die letzten Wahlen in Städten wie Frankfurt, Wiesbaden, Karlsruhe, Kiel gut gewonnen haben. Ich kann mich nicht immer beeindruckt zeigen, auch von diesen ewigen Fragen nach Umfrageergebnissen, die alle zwei Tage inzwischen an die Scheuer gefahren werden.
Barenberg: Und es beunruhigt Sie nicht, dass der Funke von diesen guten Ergebnissen in den Ländern bisher jedenfalls erkennbar nicht übergesprungen ist?
Steinbrück: Na ja, warten wir’s ab. Wir sind jetzt fünf Monate vor einer Bundestagswahl. Wir haben gestern ein Wahlprogramm beschlossen. Wir bieten jetzt die Position der SPD, unsere Lösungsangebote an und wir werden auch einen Wahlkampf führen, wie sich die Gesellschaftsbilder unterscheiden von CDU/CSU und SPD: Wohin soll diese Gesellschaft? Hält sie weiter zusammen? Nehmen die Fliehkräfte zu?
Barenberg: Mindestlohn, höherer Spitzensteuersatz, Solidarrente, einige Stichworte aus dem Programm. Wie erklären Sie sich denn, dass keiner dieser Punkte bisher bei den Menschen jedenfalls so recht angekommen zu sein scheint?
Steinbrück: Na ja, wir haben sie ja auch noch nicht an die Menschen herangetragen und die Menschen sind auch noch nicht im Wahlkampfmodus. Das würden sie sich auch verbieten, denn sie wollen ja nicht fünf Monate vor einer Bundestagswahl von den Parteien täglich, fast hätte ich gesagt, berieselt werden oder arretiert werden. Sondern das wird sich herausstellen und zuspitzen, wie ich glaube, in einer heißen Phase des Wahlkampfes, und viele Menschen werden sich auch erst buchstäblich in den letzten Tagen, in der letzten Woche entscheiden, ob sie wählen gehen, was ich hoffe unter demokratischen Gesichtspunkten, und wen sie wählen.
Barenberg: Herr Steinbrück, Sie haben gestern auf der Rede eine Unwucht in unserer Gesellschaft beklagt, beklagt, dass Arm und Reich immer weiter auseinanderdriften. Ist das am Ende nicht auch das Ergebnis der Politik der SPD, die schließlich bis 2009 mit an der Regierung war?
Steinbrück: Na, Herr Barenberg. Also damals war es Herr Westerwelle, der uns vorgeschlagen hat, Deutschland solle wie Irland werden mit einem überdimensionierten Finanzmarkt. Ich habe auch gestern selbstkritisch gesagt, es kann sein, dass die SPD sich zu wenig entgegengestemmt hat, einer Philosophie der Deregulierung der Quartalsbilanzen. Aber es ist nun wirklich nicht die SPD gewesen, die aufgenommen hat eine sehr neoklassische, sehr neoliberale Schule, nach der alles privatisiert werden sollte, nach der alles weiter flexibilisiert werden soll, nach der die Finanzmärkte dereguliert werden. Mein Vorgänger im Amt, Hans Eichel, der hat das eine oder andere Finanzmarktgesetz in der Tat eingebracht, auch verabschiedet mit der Mehrheit, aber das war aus der Sicht von CDU/CSU und FDP noch immer nicht genug. Weit dereguliert! Die wollten noch immer viel weiter gehen. Und jetzt der SPD vorzuhalten, sie hätte damals in diesem zeitlichen Fenster maßgeblich mitzuverantworten, dass es zu Exzessen gekommen ist, das ist ein bisschen hergeholt.
Barenberg: Sie haben gestern auch gesagt, dass es unserem Land gut geht. Hat die SPD auch damit also nichts zu tun? Muss das nicht dann auch gerechterweise aufs Konto der jetzigen Regierung gehen?
Steinbrück: Ja! Da bekenne ich mich ja mit Stolz und Selbstbewusstsein, nicht Überheblichkeit zu dem, was Gerhard Schröder an Reformen gemacht hat: die berühmte Agenda 2010. Nur wir sind jetzt zehn Jahre weiter und wir stellen fest, dass viele Kommunen am Tropf hängen. Wir stellen fest, dass das Bildungssystem nicht durchlässiger geworden ist, sondern es wird uns bestätigt international, es ist undurchlässig. Der Arbeitsmarkt ist gespalten, acht Millionen Menschen verdienen weniger als 8,50 Euro und werden von denjenigen aufgestockt, die uns gerade zuhören. Das kostet pro Jahr ungefähr zehn Milliarden Euro. Die Mieten steigen. Junge Leute haben den Eindruck, sie werden von einem Werkvertrag in den anderen geschickt. Da hat sich was verändert, was jetzt angepackt werden muss.
Barenberg: Und die Menschen haben noch nicht verstanden, dass es ihnen eigentlich schlechter geht als sie glauben, denn die Umfragewerte für die Regierung, die Sympathiewerte für die Kanzlerin sind ja prächtig?
Steinbrück: Ja, Sie fangen mit den Umfragewerten an und hören mit den Umfragewerten auf. Ich habe zu viele Wahlen erlebt in meinem Leben, wo einige die Könige von Umfragen gewesen sind und anschließend die Wahlen nicht gewonnen haben. Die letzte ist übrigens wenige Wochen her: Das war Niedersachsen.
Barenberg: Also Sie setzen überhaupt nicht auf Umfragen? Für Sie ist das auch nicht wichtig, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Stimmung im Land ist?
Steinbrück: Na ich kann mich nicht auf die Psychiater-Couch legen und in einer Rückwärtsbetrachtung täglich mich damit beschäftigen, was ist da in den letzten Wochen gewesen, sondern ich muss nach vorne gucken, kämpfen, mobilisieren, die SPD mobilisieren. Wenn sie an die Wählerinnen und Wähler herankommt mit ihren, wie ich glaube, überzeugenden Lösungen und wir eine hohe Wahlbeteiligung bekommen, bin ich sicher, dass die SPD die Nase vorne haben kann, zusammen mit den Grünen.
Barenberg: Sie haben gestern viel von Solidarität gesprochen. Die Leute, die mehr haben, sollen mit denen solidarisch sein, denen es nicht so gut geht. Wer soll all das am Ende zahlen, fragt sich so mancher, der auch gerne wissen möchte, ob es tatsächlich nur, wie Sie sagen, die Superreichen treffen wird?
Steinbrück: Ja gut, der Spitzensteuersatz, der betrifft Leute, die als Singles 100.000 Euro im Jahr verdienen, und Verheiratete über 200.000. Der Kern ist: Wenn Sie dieses gesellschaftliche Gebäude intakt halten wollen - und das bedeutet auch für diejenigen, die in den Penthouse-Wohnungen wohnen -, dann müssen Sie die Aufzüge, die Treppen in Ordnung halten, dass Menschen, die im Keller sind oder auch im ersten Stock, aufsteigen können. Und das bedeutet, dass die SPD ein Bündnis der Starken mit den Schwachen schließen muss: mit den Kranken, mit den Gesunden, der Alten mit den Jungen, der Arbeitnehmer mit den Unternehmern. Das ist die historische Aufgabe der SPD, um diese Gesellschaft nicht nur friedfertig zu halten, intakt zu halten, sondern das ist übrigens auch die Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften.
Barenberg: Einkommenssteuer, Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer - man fragt sich tatsächlich, trifft das wirklich nur die, die so viel Geld in den Taschen haben, dass sie es kaum noch zählen können? Trifft das nicht auch am Ende den Lehrer, den Ingenieur, den Finanzberater, die Mittelschicht also?
Steinbrück: Haben Sie eine Vorstellung, wie das Durchschnittseinkommen in Deutschland ist? Das ist um 30.000 Euro für einen Single. Also wir müssen auch nicht die Windmaschine in Gang setzen, die SPD wolle jetzt die Durchschnittsverdiener oder auch die gut verdienen Facharbeiter rasieren. Das haben gestern Sigmar Gabriel und ich auch mit Zahlen deutlich gemacht. Dass da eine Propagandamaschine in Gang gesetzt wird nach dem Motto, die Sozis wollen euch mal wieder alles verstaatlichen und wegnehmen, ist mir bewusst. Aber ich habe sehr deutlich gesagt, es betrifft nicht die guten Facharbeiter, es betrifft nicht die Unternehmen, wir wollen ihre Substanz nicht besteuern. Und bei den Erbschaften kann ich gar nicht erkennen, warum irgendjemand die Befürchtung haben muss, dass das Häuschen an die Kinder oder an die Enkelkinder nicht vererbt werden kann. Das werden viele behaupten und in Ihrer Frage schwingt das ja auch mit, aber es hat mit den Fakten nichts zu tun.
Barenberg: Vielleicht müssen Sie es noch genauer erklären, wer konkret am Ende tatsächlich dann was beisteuern muss und wer nicht.
Steinbrück: Na ja, das habe ich ja gestern getan in einer Rede, von der ich glaube, dass sie nicht nur bei den Delegierten angekommen ist.
Barenberg: Der Kanzlerkandidat der SPD heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch, Peer Steinbrück.
Steinbrück: Ich danke Ihnen und einen schönen Tag. Tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.