Donnerstag, 28. März 2024

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Steinmeier in Polen
Weltkriegsgedenken sechs Wochen vor der Wahl

Am Sonntag jährt sich der Angriff der Nazis auf Polen zum 80. Mal. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist zur Gedenkveranstaltung. Die Auswahl der Gedenkorte wirkt kurz vor der Wahl innenpolitisch motiviert. Das nicht PiS-regierte Danzig spielt zum Beispiel nur eine untergeordnete Rolle.

Von Florian Kellermann | 31.08.2019
Westerplatte bei Danzig (Halbinsel). Beschuss des dortigen polnischen Munitionslagers am 1 . September 1939 (Beginn des Zweiten Weltkrieges) |
Der deutsche Beschuss des polnischen Munitionslagers auf der Danziger Westerplatte gehört zu den ersten Kriegshandlungen des Zweiten Weltkriegs (picture alliance / IMAGNO / Votava)
Die Kleinstadt Wielun war die erste, die im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurde. Die deutsche Luftwaffe zerstörte in den frühen Morgenstunden des 1. September auch ein Krankenhaus. Die Präsidenten Andrzej Duda und Frank-Walter Steinmeier wollen es am Sonntag besichtigen, nach der Gedenkfeier.
Mit den Feierlichkeiten in Wielun unterstreicht Polen den Terror, dem die polnische Zivilbevölkerung vom ersten Tag des Krieges an ausgesetzt war. Pawel Mucha, Mitarbeiter im Büro des polnischen Präsidenten:
"Die ganzen Feierlichkeiten werden das internationale Publikum daran erinnern, dass Polen das erste Opfer des Zweiten Weltkriegs war und sich als erstes Land Nazi-Deutschland entgegengestellt hat. Auch die Tatsache, dass Ostpolen wenig später von der Sowjetunion okkupiert wurde, wird zur Sprache kommen. In Wielun werden wir auf die Tragödie der Zivilisten hinweisen."
In Polen wird bald gewählt
Die zentrale Gedenkfeier findet ab 12 Uhr auf dem Pilsudski-Platz in Warschau statt. Auch dort werden Duda und Steinmeier Reden halten. Als Dritter sollte dort der US-Präsident Donald Trump sprechen. Dieser sagte seinen Besuch jedoch kurzfristig ab, wegen eines Hurricans, der Florida bedroht. Stattdessen wird der Vize-US-Präsident Mike Pence auftreten.
Dass Trump nicht kommt, habe auch Konsequenzen für die polnische Innenpolitik, meint Jerzy Haszczynski, Redakteur der Tageszeitung "Rzeczpospolita":
"Das ist ganz sicher ein Schlag für die Regierungspartei PiS. In sechs Wochen finden in Polen Parlamentswahlen statt. Mit dem Besuch von Trump wollte die PiS beweisen, dass Polen international nicht isoliert ist, wie die Kritiker behaupten. Mehr noch: Die Regierung wollte zeigen, dass mit ihr Polen einen weltweit einflussreichen Freund hat. Das hat Trump zunichte gemacht, was natürlich nicht heißt, dass die PiS deshalb die Wahl verliert."
Ausdrücklich nicht eingeladen zu den Feierlichkeiten ist der russische Präsident Wladimir Putin.
Danzig spielt diesmal keine große Rolle
Eine untergeordnete Rolle bei den Feierlichkeiten wird in diesem Jahr die Stadt Danzig spielen. Dabei gelten die Kampfhandlungen auf der Halbinsel Westerplatte bei Danzig als eine der ersten des Zweiten Weltkriegs, noch dazu als Symbol für den heldenhaften polnischen Verteidigungskampf. Grund ist, dass die Stadt Danzig nicht von der PiS regiert wird. Bei einer Feier dort hätte die Opposition also ein gewichtiges Wort mitzureden.
Die Danziger Bürgermeisterin Aleksandra Dulkiewicz, die einer lokalen liberalen Partei angehört, veranstaltet eine alternative Feier. Einen sogenannten "Marsch des Lebens", der die Versöhnung der Völker im Frieden in den Vordergrund stellt. Auch einige hundert Bundesbürger wollen sich beteiligen.
Dulkiewicz sagte: "Ich lade alle ein am 1. September, nicht nur die Danziger. An diesem Tag sollten wir uns auch Gedanken über die Zukunft machen, über die Zukunft Polens und Europas - und darüber, auf der Grundlage welcher Werte wir sie gestalten wollen."
PiS gefällt Danziger "Marsch des Lebens" nicht
Von der Regierungspartei PiS wird das scharf kritisiert. So ein "Marsch des Lebens" verwische die deutsche Kriegsschuld, heißt es dort. Der Danziger Bürgermeisterin wurde sogar ein "Tanz auf Gräbern" vorgeworfen.
So wird der innenpolitische Streit Polen auch an diesem Jahrestag begleiten.