Dienstag, 30. April 2024

Archiv

Stephan Bayer vs. Ralf Lankau
Geht Schule digital?

Regulären Unterricht in vollbesetzten Klassen wird es so bald nicht wieder geben. Digitale Unterrichtsangebote werden also wichtiger. Gut so, findet Stephan Bayer, Chef der Lernplattform "Sofatutor". Der Medienwissenschaftler Ralf Lankau hingegen fürchtet den Einfluss von Konzernen in der Schule.

Moderation: Monika Dittrich | 02.05.2020
Ein Junge sitzt zu Hause an seinem Schreibtisch vor dem Computer und lernt
Künftig könne mehr digital unterrichtet und gelernt werden (imago/Jochen Tack)
Schüler, Eltern und auch Lehrer leben in einer anstrengenden Zeit: Seit Wochen ist Fernunterricht angesagt – wegen Corona. Gelernt wird zu Hause, Mütter und Väter sollen neben Homeoffice oder systemrelevanter Arbeit noch kurz das Kommutativgesetz erklären oder Deklinationen abfragen. Lehrer lernen das Unterrichten per Videokonferenz und müssen Nerven bewahren, wenn Schulserver zusammenbrechen.
Und auch wenn die ersten Schüler in diesen Tagen und Wochen langsam und schrittweise in die Schulen zurückkehren – regulären Unterricht in vollbesetzten Klassen wird es so schnell nicht wieder geben. Deshalb ist diese Zeit der Pandemie auch ein Beschleunigungsfaktor für die Digitalisierung deutscher Schulen – und zugleich ein großes didaktisches Experiment. Geht Schule auch digital?
Pro: Stephan Bayer, Gründer und Chef von "Sofatutor", einer digitalen Lernplattform mit mehr als 10.000 Lernfilmen, interaktiven Übungen und Kursen
"Ja, Schule geht auch digital, weil Schülern so die Möglichkeit gegeben wird, auch in Ausnahmefällen weiter zu lernen. Die Coronakrise war in den letzten Wochen ein echter Treiber für die Digitalisierung und Schulen sehen jetzt die Möglichkeiten, die digitaler Unterricht bietet: nämlich individueller und differenzierter auf Schüler einzugehen. Schüler werden durch die digitalen Lerninhalte aber nicht nur selbstständiger, sondern sie werden auch auf ihre eigene berufliche Zukunft vorbereitet."
Contra: Ralf Lankau, Kunstpädagoge und Professor für Mediengestaltung und Medientheorie an der Hochschule Offenburg
"Nein, Schule geht natürlich nicht digital, weil Schule viel mehr ist als das Lesen von Büchern oder das Anschauen von Videos. Schule hat sehr viel mit Interaktion zwischen Menschen zu tun, hat sehr viel damit zu tun, dass man auf andere Menschen reagiert, einen gemeinsamen Raum belegt und dort miteinander arbeitet. Die Verkürzung von Lernen auf das mediale Annehmen von Texten oder Videos, das ist eine Verkürzung, die nichts mit Bildungsprozessen zu tun hat, sondern das verkürzt Lernen tatsächlich auf Prüfbares. Das ist zum Teil natürlich auch das Ziel der Education Technologies. Aber das ist nicht das, was wir als Lernen begreifen im Kontext von Schule und Unterricht."