
"Wir brauchen das Streikrecht. Und ich glaube auch, dass unsere Demokratie das Streikrecht für verbeamtete Kolleginnen und Kollegen an den Schulen und Hochschulen vertragen kann."
"Und von daher ist das eine alte Geschichte, eine alte Debatte, und bisher gab es keinen Mut, an der Stelle was zu verändern."
"Ich bin natürlich auch lange schon Gewerkschaftsmitglied der GEW, und ich wollte die Angestellten unterstützen. Ich wollte eine gleiche Bezahlung für alle und solidarisch eben auch einmal mitgehen zum Streik. Für mich ist es als Gewerkschaftsmitglied selbstverständlich, dass man auch streiken kann und dass auch alle Mitglieder streiken können und nicht nur die Angestellten."
"Wir hatten Anfang des Jahres 2009 die Tarif- und Besoldungsrunde für die Beschäftigten der Länder, und in den ersten zwei Verhandlungsrunden im Januar hatten die Arbeitgeber keinerlei Angebot vorgelegt."
"Die Gewerkschaften haben ihre Forderungen eingebracht. Es gab kein Angebot, und deswegen war für uns klar, dass wir den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen müssen, um überhaupt in den Verhandlungen weiterzukommen. Und deswegen haben wir dann zum Streik aufgerufen."
"Die schwarz-gelbe Landesregierung wollte hier wohl abschrecken und ein Exempel statuieren und zeigen: Beamte sollen bitteschön zu Hause bleiben oder eben beim Dienst. Außerdem habe ich tatsächlich auch keine Chancen mehr bei Beförderungen und bei Funktionsstellen bekommen. Ich hatte mich zum Auslandsschuldienst beworben, die Bewerbung um eine Schulleitungsstelle blieb auch ohne Erfolg. Ja, das waren also tatsächlich die Konsequenzen."
"Es war ja so, dass es mehrere Schritte gab in diesem Verfahren. In der ersten Verhandlung beim Verwaltungsgericht Düsseldorf war es sogar so, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf keine Strafe verhängt hat. Aber damit war das Land eben nicht einverstanden, hat Beschwerde eingelegt, und Anfang 2012 hat dann das Oberverwaltungsgericht in Münster eben ganz klassisch gesagt, es gibt eben ein Streikverbot für Beamtinnen und Beamte, und deswegen muss das jetzt auch geahndet werden."
Artikel 33 Absatz 4 und 5 Grundgesetz bilden die Grundlagen des Berufsbeamtentums. Artikel 11 in der Europäischen Menschenrechtskonvention regelt die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, also auch das Recht, Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten. Wie das Bundesverfassungsgericht in dieser Sache entscheiden wird, ist noch unklar. Gewiss sei aber, dass es nicht bei der bisherigen Auffassung, also einem generellen Streikverbot für Beamte, bleiben kann, meint Ulrich Battis.
"Bisher hat das Bundesverfassungsgericht ganz hart - wie alle deutschen Obergerichte - gesagt: Es ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass Beamte nicht streiken dürfen. Ende der Durchsage. Das wird korrigiert werden müssen."

"Wir finden, dass unsere Kolleginnen und Kollegen, die verbeamtet sind, sich an den Tarif- und Besoldungsrunden auch aktiv beteiligen dürften. Und wir finden auch ganz schlicht, dass hier demokratische Grundsätze für einen nicht unwichtigen Teil der Angehörigen des Öffentlichen Dienstes verweigert werden. Und diese Verweigerung, das Streikrecht zu geben, widerspricht natürlich auch den völkerrechtlichen Grundsätzen, es widerspricht dem internationalen Arbeitsrecht und bis jetzt konnte sich die Bundesrepublik immer herauslavieren. Aber da haben wir als GEW gesagt, so bitte nicht, wir probieren dagegen vorzugehen. Und wir haben auch gute Argumente auf unserer Seite."
"Die angestellten Lehrkräfte und die verbeamteten Lehrkräfte sind im selben Klassenzimmer, sind im selben Lehrerzimmer, dürfen sich aber nicht gleich an Tarifrunden beteiligen. Wir können bei den Tarifrunden unsere angestellten Kolleginnen und Kollegen zu Streiks auffordern. Aber wir können den großen Teil gerade in den Ländern, wo viele verbeamtete Kolleginnen und Kollegen da sind, nicht zum Streik aufrufen. Und da sage ich auch als Gewerkschafter ganz deutlich, das ist eine Spaltung, und diese Spaltung schwächt letzten Endes auch die Kampfkraft der Gewerkschaften."
"Die GEW hat in der Vergangenheit vom Instrument des Streiks mit Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein Gebrauch gemacht. Und an dieser Stelle wollen wir aber die gleichen Rechte für alle Angehörigen des Öffentlichen Dienstes, egal welchen Status sie haben."
"Aus unserer Sicht dürfen Beamtinnen und Beamte nicht streiken, weil in unserer Verfassung einem Teil des Öffentlichen Dienstes eine besondere Stabilitätsfunktion auferlegt ist, die es in sich nicht zulässt, diese Funktion in die Beliebigkeit des Einzelnen oder der politischen Opportunität zu stellen."
"Es ist für uns eine Statusfrage, dass Beamtinnen und Beamten eben hier einen besonderen Funktionsvorbehalt dann auch haben, der aus unserer Sicht auch staatstragend wichtig ist."
"Dann ist es uns wichtig, zwei Grundsätze zu erreichen. Einmal, wir haben eine Schulpflicht im Grundgesetz verankert. Das heißt, der Staat muss auch sicherstellen, dass Lehrerinnen und Lehrer da sind und den Unterricht anbieten. Sie kennen das aus einzelnen Ländern, wo wir Unterrichtsausfall ohne Ende zu verzeichnen haben. Deswegen ein Punkt, dass wir hier dringend eben auch das, was das Grundgesetz vorgibt, erfüllen müssen. Der zweite Punkt ist, dass wir eben auch eine Neutralität hier auch sehr stark im Fokus haben. Ich möchte nicht, dass mein schulpflichtiges Kind in zwei Jahren, dass das von einem Lehrkörper unterrichtet wird, der eben nicht auf die Verfassung und auf unsere deutschen Rechte hier eben auch vereidigt ist. Das ist für mich ein hohes Gut."
"Wir haben jetzt schon, gerade bei den Lehrern, eben einen großen Anteil an Lehrkräften, die nicht mehr verbeamtet werden. Das ist immer so eine zeitliche Schwankung. Mal sind, weil sie im laufenden Verhältnis günstiger sind, dann eher Lehrer im Beamtenverhältnis bevorzugt. Und wenn dann wieder die Versorgungsausgaben anstehen, dann hätte man lieber gerne die Tarifbeschäftigten, weil man da eben nicht mehr im Nachgang zahlen muss."
So werden zurzeit in Berlin Lehrerinnen und Lehrer nur als Tarifbeschäftigte eingestellt. In Sachsen schwenkt man gerade um und will das Lehrpersonal wieder zunehmend verbeamten. Die Lehrerinnen und Lehrer finden das meist attraktiv, denn nach wie vor bringt der Beamtenstatus einige Privilegien mit sich. Fachanwalt Pätzel:
"Es gibt schon im Beamtenstatus eine ganze Menge Fürsorgepflichten des Dienstherrn. Der Beamte ist auch im Fall, dass er gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist seinen Dienst auszuüben, deutlich besser geschützt als ein Tarifbeschäftigter, hat dort in dem Fall dann, wenn das Beamtenverhältnis ausreichend lang gedauert hat, die Möglichkeit, auch in den vorzeitigen Ruhestand versetzt zu werden, und erhält dort dann auch schon eine Rente, also Ruhestandsbezüge, und ist auf diesem Wege sozial deutlich besser abgesichert als ein Tarifbeschäftigter."

"Wir sehen in den gewerkschaftlichen Gremien, in denen ich mich umtue, ja die Fachlichkeit im Vordergrund. Wir versuchen, die Arbeitsbedingungen für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zu regeln. Die Bezahlung ist dann auch ein Thema. Wir versuchen den Öffentlichen Dienst an sich attraktiv zu gestalten für Nachwuchskräfte, die wir so dringend benötigen. Und von daher erlebe ich eher das gemeinsame Ziel an einer positiven Ausgestaltung des Öffentlichen Dienstes und seiner Dienstleistung in meinem Organisationsbereich als ein Gegeneinander."
"Ich kann den DGB-Beschlüssen aus den vergangenen 20 Jahren, die ich überblicken kann, und auch den Beschlüssen meiner eigenen Gewerkschaft Verdi nicht entnehmen, dass wir das Berufsbeamtentum abschaffen wollen. Wir wollen es modernisieren. Wir wollen es den heutigen Gegebenheiten anpassen. Wir wollen uns vor allen Dingen dagegen wehren, dass die Politik, die Dienststellenseite, das Beamtentum einseitig abschafft und regelt, die Rechte, die damit verbunden sind. Und wir sind für ein einheitliches Dienstrecht, sehen aber schon, dass es Bereiche gibt, wo auf jeden Fall gerade zu den Fragen innere Sicherheit und Ordnung und Eingriffsverwaltung es notwendig ist, ein klar geregeltes Berufsbild und einen klar geregelten Status zu haben."
"Von daher, denke ich mir, sollte man sich solche Auseinandersetzungen auf dem Rechtswege, die langwierig sind, sparen und lieber zu einer vernünftigen, ausgehandelten, auf Augenhöhe ausgehandelten Politik im Umgang mit den öffentlich Beschäftigten kommen."
"Für uns sind das zwei Seiten einer Medaille. Wir haben eine besondere Dienst- und Treuepflicht; auf der anderen Seite haben wir aber auch die Alimentationsverpflichtung des Dienstherren eben. Und diese beiden Punkte auseinanderzudividieren, passt hinten und vorne nicht zusammen. Und deswegen ist das eben mit uns auch nicht zu machen."

"Wahrscheinlich wird dabei herauskommen, dass das Bundesverfassungsgericht sagt, die Lehrer müssen nicht verbeamtet werden. Ob es dann einen Zwischenstatus geben wird, also, Beamte, die streiken dürfen? Das wird man sehen. Man sollte daran erinnern: Etwa in Frankreich, etwa in der EU gibt es überall Beamte, und die streiken ganz munter, obwohl sie in Brüssel eigentlich nicht dürfen, aber sie streiken. So. Und insofern, denke ich, wird da noch einiges an Luft rausgehen."
"Es kommen immer mehr Belastungen zu auf die Lehrkräfte. Und das Streikrecht ist ein Instrumentarium, um eben sich auch zur Wehr zu setzen und für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen. Heute suchen die Landesregierungen händeringend Lehrkräfte. Das kommt ja nicht von ungefähr. Bildung ist der Schlüssel hin zu einer humaneren Gesellschaft. Und Deutschland gibt viel zu wenig Geld für Bildung aus. Und wir Lehrkräfte wissen eigentlich ziemlich genau, wie Bildung geht und welche Arbeitsbedingungen nötig sind. Und zur Durchsetzung unserer Interessen ist das Streiken wichtig."